Nur noch zwölf Anbieter verkaufen die klassische private Rentenversicherung

Anzahl der Anbieter von klassischen privaten Rentenversicherungen (Quelle: Assekurata-Markttstudie zu Überschussbeteiligungen und Garantien)

Mit der Absenkung des Höchstrechnungszinses zum 1. Januar dieses Jahres auf nunmehr 0,25 Prozent scheint die Zeit der klassischen Lebensversicherung endgültig abgelaufen. Angesichts einer Inflation von fünf Prozent ist sie aus Kundensicht nicht mehr attraktiv. Und die Anbieterseite? Die meisten schreiben kein Neugeschäft mehr, dabei haben die Versicherer aber weiterhin große klassische Bestände in ihren Büchern. Eine Analyse von Stefanie Gerards, Senior-Analystin bei Assekurata.

Während sich mit einer Garantie in Höhe des Höchstrechnungszinses in früheren Zeiten eine durchaus attraktive Verzinsung bot, ist mit einer Garantie von maximal 0,25 Prozent vielfach nicht mal mehr ein vollständiger Beitragserhalt möglich. Durch die jüngste Absenkung des Höchstrechnungszinses verliert die Altersvorsorge klassischer Prägung weiter an Attraktivität. Dies zeigt sich auch an der seit Jahren rückläufigen Anzahl der Anbieter: So geben laut einer Assekurata-Studie zu Überschussbeteiligungen und Garantien mittlerweile nur noch 21 der teilnehmenden Unternehmen an, überhaupt klassische Tarife im Portfolio zu haben. Das ehemals bedeutendste Produkt im Neugeschäft, die klassische private Rentenversicherung, bieten dabei nur noch zwölf Gesellschaften an.

Im Vergleich hierzu hatten zum Zeitpunkt der letzten Höchstrechnungszinsabsenkung (auf 0,90 Prozent) zum 1. Januar 2017 noch 34 Unternehmen die private Rente im Neugeschäft angeboten. Die Abbildung im Titelbild verdeutlicht den Rückgang der Anbieteranzahl in diesem Produktsegment seit 2009. Dabei fällt auf, dass insbesondere die Absenkung des Höchstrechnungszinses im Geschäftsjahr 2017 auf 0,90 Prozent wie ein Katalysator wirkte und die Anzahl der Klassik-Anbieter seinerzeit spürbar zurückging. Da nicht alle Lebensversicherer an der Assekurata-Studie teilnehmen, lässt sich hieraus zwar keine vollständige Aussage für den Gesamtmarkt treffen, allerdings dürfte sich diese in der Tendenz sicherlich auf die allgemeine Marktentwicklung übertragen lassen.

Auf die Beitragsrendite kommt es an

Das stark geschrumpfte Angebot zeigt, dass klassische Produkte aus Anbieterperspektive kaum noch von Relevanz sind. Gleichzeitig halten die Versicherer aber weiterhin große klassische Bestände in ihren Büchern, mehr als 40 Millionen Verträge, was rechnerisch einem Vertrag für jeden zweiten Bundesbürger gleichkommt. Somit verfügen die Lebensversicherer über einen erheblichen Kundenstamm, für den klassische Garantien und Überschussbeteiligungen nach wie vor von Bedeutung ist.

Dabei ist aus Kundenperspektive insbesondere von Interesse, wie hoch Lebensversicherungsverträge unter dem Strich rentieren. In Zeiten niedriger Zinsen ist die Verzinsung hier seit Jahren konsequenterweise rückläufig. Als eine Art unverbindliche Effektivverzinsung auf die Kundenbeiträge kann die illustrierte Beitragsrendite interpretiert werden. Im Rahmen unserer Studie rechnen wir hierzu die aktuellen Überschusskomponenten auf einen Mustervertrag mit 25 Jahren Aufschubzeit hoch. Für die letzte bedeutende Höchstrechnungszins­generation der privaten Rentenversicherung von 1,25 % liegt die illustrierte Beitragsrendite aktuell bei durchschnittlich 1,79 %. Während in Zeiten niedriger Inflation zumindest in den vergangenen Jahren oft noch ein realer Werterhalt erreicht werden konnte, hat sich die Situation mit der massiv angestiegenen Verteuerung geändert. Gemessen an der Inflation des Jahres 2021 in Höhe von 3,10 % geht mit einer klassischen privaten Rentenversicherung derzeit ein deutlicher Wertverlust einher, was die Attraktivität weiter schmälert.

Dass klassische Produkte im Neugeschäft nur noch eine geringe Relevanz haben, zeigen auch die Prognosen der Branche. Hierzu haben wir die Studienteilnehmer nach ihren Einschätzungen zur aktuellen Geschäftslage sowie zur erwarteten Geschäftsentwicklung im anstehenden Geschäftsjahr 2022 gefragt. Die Antworten wurden auf einer Skala von sehr negativ (–2), negativ (–1), neutral (0), positiv (+1) und sehr positiv (+2) abgegeben. Sie sind als durchschnittliche Indexpunkte in folgender Tabelle zusammengefasst. Wie schon im Vorjahr schätzen die Teilnehmer die Lage der Klassik äußerst negativ ein. Nicht zuletzt durch die erneute Rechnungszinssenkung tendiert sie weit in den negativen Bereich. Demgegenüber sehen die Lebensversicherer als wesentliche Wachstumstreiber unter anderem Fondspolicen – besonders solche ohne Garantie – an.

Autorin: Stefanie Gerards, Senior-Analystin Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH

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