MLP-Vorstand Oliver Liebermann im Interview: „Es geht darum, MLP beim Ergebnis auf eine neue Ebene zu bringen“

Oliver Liebermann, Vertriebsvorstand von MLP. Quelle: MLP SE

Nicht alle Aktionäre waren glücklich mit der Geschäftsverbreiterung der Finanzberatung MLP. Doch am Ende sprechen Zahlen lauter als Meinungen und die 2020er-Ergebnisse geben dem Management der Wieslocher recht. Im Interview erklärt Oliver Liebermann, Vorstandsmitglied der MLP Finanzberatung SE, die nächsten Schritte, denn Stillstand ist Rückschritt.

VWheute: Herr Liebermann, für ein schwieriges Jahr 2020 haben Sie beeindruckende Zahlen geliefert. Steht für ihr verbreitertes und junges Geschäftsmodell erst einmal die Konsolidierung an oder wird weiter expandiert; Stichwort RVM.

Oliver Liebermann: Wir haben im abgelaufenen Geschäftsjahr 2020 in der Tat einen unfreiwilligen „Stresstest“ erlebt und diesen mit Bravour bestanden. Dabei haben unsere Beraterinnen und Berater Herausragendes geleistet, als sie für ihre Kundinnen und Kunden in diesen schwierigen Monaten sehr präsent waren. Wichtig war dabei natürlich, dass wir bei MLP u.a. mit unserem Angebot einer umfassenden Videoberatung bereits vor Corona-Beginn „homeoffice-fit“ waren. Und die von Ihnen bereits angesprochene Breite in unserem Geschäftsmodell hat sich in puncto Stabilität erneut bewährt. Gleichzeitig waren und sind wir auch weiterhin in der Lage, solche Unternehmen zu akquirieren, die unser Leistungsspektrum erweitern und dabei auch kulturell zu uns passen. Diesen Weg setzen wir entschlossen fort.

VWheute: Ist Ihr 2020-Erfolg vor allem der Tatsache geschuldet, dass Ihre eher vermögende Kundschaft finanziell gut durch die Krise kam?

Oliver Liebermann: Wie schon gesagt, der Erfolg rührt im Privatkundengeschäft vor allem daher, dass wir unsere Kunden sehr eng begleitet haben. Dazu gehört auch ein etabliertes Vermögensmanagement, mit dem wir gerade in unserer Kundengruppe mehr denn je einen großen Beratungsbedarf abdecken. Im vergangenen Jahr hatten wir rund 1,15 Mrd. Euro Bruttomittelzuflüsse im MLP-Privatkundengeschäft – auch das war natürlich ein guter Stabilisator im Corona-Jahr. Genauso gab es aber auch Kunden, die von der Krise stark betroffen waren. Auch denen haben unsere Beraterinnen und Berater natürlich umfassend zur Seite gestanden.

VWheute: Auf der Jahrespressekonferenz war von MLP zu hören, dass die Riester-Rente reformiert werden muss. Das verwundert. Sind ihre Kunden große Riesterer?

Oliver Liebermann: Die Forderung nach einer dringend benötigten Riester-Reform ist ja nicht neu – auch nicht aus unserem Munde. Wir unterstützen sie, denn es gibt aufgrund der Auswirkungen der Niedrigzinsphase hier signifikanten Handlungsbedarf des Gesetzgebers. Stichwort: Garantiekosten. Leider hat sich hier in Berlin trotz der selbst gesteckten Ziele noch immer nichts bewegt, obwohl praktikable Verbesserungsvorschläge für die Riester-Rente schon einige Zeit auf dem Tisch liegen. Unsere Kunden können bei Riester häufig von der steuerlichen Absetzbarkeit profitieren, also alternativ zu den Zulagen, mit der vor allem Geringverdiener angesprochen werden. Unverantwortlich sind in dem Kontext übrigens immer wieder Behauptungen zur Kostenbelastung von Riester, bei denen Äpfel mit Birnen verglichen werden – und eben nicht die Effektivkostenquote herangezogen wird.

VWheute: Ihr Vorstandsvorsitzender sprach von „großen Herausforderungen“ für Ihr Geschäft, ohne diese zu benennen. Ich bitte um Ausführung, gerne mit Lösungsideen.

Oliver Liebermann: Uwe Schroeder-Wildberg hat deutlich gemacht, wie wir unsere Planung für das Jahr 2022 im Konzern, ein EBIT von 75 bis 85 Mio. Euro, realisieren wollen und welche Wachstumshebel dafür bereits angelegt sind. Aber natürlich bestehen auf dem Weg dahin auch Herausforderungen. Die größte für unser Geschäft stellt natürlich weiterhin die Corona-Pandemie dar. Selbst wenn wir in den vergangenen Wochen und Monaten eindrucksvoll bewiesen haben, wie wir auch mit solchen Sondersituationen umgehen können, gab es natürlich auch Bereiche, in denen wir Einbußen zu verzeichnen hatten. Über die Situation in der Altersvorsorge, allen voran in der betrieblichen Vorsorge, hatten wir berichtet. Derzeit sehen wir aber Anzeichen für eine Entspannung der Lage.  

VWheute: Woran machen Sie eine „bAV-Belebung“ fest, wie wichtig ist die bAV für MLP und wie wollen Sie Ihr Geschäft künftig gestalten?

Oliver Liebermann: Wir spüren den Aufwind in der bAV zunächst einmal an den Beratungsgesprächen, die wir wieder vermehrt mit Unternehmen führen. Nachdem dort im vergangenen Jahr vor allem die unmittelbare Krisenbekämpfung absoluten Vorrang hatte, wenden sich Geschäftsführer und Personalverantwortliche nun wieder der bAV als wichtigem Instrument der Arbeitgeberattraktivität zu. MLP ist hier als inzwischen größter Makler in Deutschland ein gefragter Gesprächspartner – entsprechend hat sich die bAV zu einem wichtigen Umsatzbringer im Beratungsfeld Altersvorsorge bei uns entwickelt. Auch politisch genießt die bAV – anders als der vorhin angesprochene Riester – weiter Rückenwind. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz war ein wichtiger und richtiger Schritt des Regulierers.

VWheute: In der Pressekonferenz wurde angedeutet, dass Sie im Jahr 2022 die Früchte der Arbeit ernten wollen. Können Sie für die Leser noch einmal die Gründe erläutern.

Oliver Liebermann: Gern. Wir haben im vergangenen Jahr bereits unsere Planung für das Jahr 2022 genannt und diese jetzt nochmals bestätigt. Zusammengefasst geht es darum, MLP auch beim Ergebnis auf eine neue Ebene zu bringen. Dafür haben wir Wachstumshebel erfolgreich etabliert, die uns – neben dem Umsatzanstieg über verschiedene Beratungsfelder – dort hinbringen sollen. Ich spreche vom EBIT-Beitrag aus unserem jungen Segment, das wir 2017 neu aufgestellt haben. Außerdem haben wir das Immobiliengeschäft substanziell ausgebaut.

VWheute: Sie erklärten, dass MLP im vergangenen Jahr Berater hinzugewonnen hat, auch von Mitbewerbern. Können Sie das bitte ausführen und haben Sie eine Zielgröße?

Oliver Liebermann: Die Beraterzahl bei MLP ist 2020 um netto mehr als 100 auf 2.086 gestiegen. Zum Jahreswechsel hatten wir rund 440 Berater im jungen Bereich und gehen davon aus, dass diese Zahl bis Ende 2022 auf bis zu 600 steigt. Der größte Teil davon sind Nachwuchsberaterinnen und -berater, die ihre Karriere bei uns beginnen. Wir halten aber insbesondere für Branchenkenner auch ein attraktives Gesamtpaket bereit, das finanzielle Sicherheit für den Übergang zu MLP schafft. Ein Hinweis ist mir an dieser Stelle noch wichtig: Unser Beraterwachstum geht nicht zulasten der Qualität. Vielmehr profitieren wir gerade in diesen Zeiten davon, dass wir von jungen Bewerbern wie von Branchenteilnehmern als stabiles und zukunftsorientiertes Unternehmen wahrgenommen werden.

VWheute: Was wünschen Sie sich für 2021, was fürchten Sie, konzerngebunden und gesamtmarkt- und/oder gesamtwirtschaftlich?

Oliver Liebermann: Zunächst einmal das, was sich jeder wünscht: dass die Corona-Pandemie im Zuge der angelaufenen Impfkampagne stark zurückgedrängt wird und wieder mehr Normalität in unseren Alltag Einzug hält. Meine Sorge gilt Rückschlägen auf dem Weg dorthin – aktuell wird ja bereits viel über eine dritte Welle gesprochen. Für MLP wünsche ich mir, dass wir den eingeschlagenen Weg erfolgreich fortsetzen – und ich bin angesichts der bereits von mir ausgeführten Entwicklungen im vergangenen Jahr auch sehr optimistisch, dass uns das gelingt. Dabei setzen wir in unserer Beratung mehr denn je auf Qualität und Kundenorientierung.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Maximilian Volz.

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