Methoden der DVAG erneut am Pranger

DVAG-Zentrale in Frankfurt (Bildquelle: DVAG)

Lisa Engel wollte sparen, vorsorgen, sich absichern. Stattdessen verlor die 22-jährige zahnmedizinische Fachangestellte ihr gesamtes Erspartes – und büßte zudem ihre finanzielle Unabhängigkeit ein. Einem Zeit-Bericht zufolge kam es zu dem Desaster, weil Engel einem Vermögensberater der DVAG vertraute, dem es vor allem um den eigenen Vorteil gegangen sein soll. Dieses Vorgehen hat aus Sicht der Wochenzeitung System – Engel sei zur „Beute eines Geschäftsmodells“ geworden, das sich „auf Gier und Anmaßung“ gründe.

Der Mann, dem Lisa Engel laut Zeit vertraute, heißt Benjamin O. Den Vermögensberater der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) lernte sie im September 2023 über eine Bekannte kennen, die ein Praktikum bei O. machte. Sie bat Engel darum, ihr dabei zu helfen, Kundengespräche zu führen. Doch als sie sich an einem Abend im Elternhaus von Engel trafen, soll unerwartet auch Benjamin O. vor Ort gewesen sein. Er sprach über Engels Zukunft, über ihre Wünsche, ihre finanzielle Absicherung. Dem Bericht zufolge wusste O. genau, wie er Vertrauen zu der 22-Jährigen aufbauen konnte.

Es blieb offenbar nicht bei diesem einen Gespräch – der DVAG-Berater soll auf einen Folgetermin gedrängt haben und erstellte schließlich auf Basis ihrer Unterlagen einen persönlichen „Finanzplan“. Engel sah keinen Grund, O. zu misstrauen. Er sei ein einnehmender Typ, wird Engels Vater in dem Bericht zitiert.

Der Zeit-Journalist geht davon aus, dass das persönliche Beratungsgespräch für Lisa Engel Teil einer kalkulierten Strategie von Deutschlands größtem Finanzvertrieb ist. Mit prominenten Gesichtern wie Jürgen Klopp buhlt der Konzern um immer neue Kunden – bei einem Jahresumsatz von 2,3 Mrd. Euro kann die Unternehmerfamilie Pohl, die den Frankfurter Konzern führt, aus dem Vollen schöpfen. Auch um politische Einflussnahme ist die DVAG bemüht – so verweist die Zeit darauf, dass das Firmengeflecht nach Berechnungen von LobbyControl seit dem Jahr 2000 mehr als acht Mio. Euro vor allem an die Union und die FDP spendete, kleinere Summen gingen demnach auch an SPD und Grüne.

Weiter schreibt die Zeit, dass interne Unterlagen der DVAG belegten, dass neue Kunden gezielt aus dem persönlichen Umfeld gewonnen werden sollen. Die Erkenntnis ist nicht neu, dass angehende Vermögensberater in Schulungen lernen, mit welchen Fragen sie Vertrauen schaffen und wie sie „potenzielle Marktpotenziale“ in ihrem Umfeld identifizieren.

Mit geschickten Gesprächen und stetigem Kontakt habe O. Engel schließlich dazu gebracht, zahlreiche Finanzprodukte abzuschließen: vier fondsgebundene Rentenversicherungen, fünf Fondssparpläne, eine Risiko-Lebensversicherung, einen Bausparvertrag sowie mehrere weitere Sach-Versicherungen. Insgesamt beliefen sich die monatlichen Kosten auf über 1.400 Euro – bei einem Nettogehalt von knapp 2.000 Euro. O. überwies ihr demnach monatlich 400 Euro als „Konsumgeld“ zurück. Sie habe auf die Zusage von O. vertraut, im Notfall immer auf ihr Geld zugreifen zu können, schreibt die Zeit.

„Eine flexible Verfügung ist nicht möglich beziehungsweise mit Verlusten verbunden“

Doch als Engel schließlich Geld für ein neues Auto benötigte, merkte sie, dass ihr Erspartes in Finanzprodukte gebunden war. Die Auszahlung verzögerte sich, O. wich Fragen aus. Das sei kein Wunder, mutmaßt die Zeitung. Denn aufgrund der gesetzlichen Stornohaftung müssen Vermittler einen erheblichen Teil der Provision zurückzahlen, wenn ihre Kunden Versicherungen vor Ablauf einer mehrjährigen Frist wieder kündigen. Erst als Engel den Kontakt zu O. abbrach und sich an die Verbraucherzentrale wandte, sei ihr offenbar das ganze Ausmaß klar geworden – dass sie die Kontrolle über ihre eigenen Finanzen verloren hatte.

Die Verbraucherzentrale kam zu einem eindeutigen Urteil: Die von O. verkauften Finanzprodukte waren nicht auf Engels Bedürfnisse zugeschnitten. „Eine flexible Verfügung ist nicht möglich beziehungsweise mit Verlusten verbunden“, hieß es in einer Einschätzung. Engel sei kein Einzelfall, betont die Zeit unter Berufung auf „Unterlagen weiterer Kunden“. In einem Fall habe eine Kundin über 20 Jahre rund 40.500 Euro in eine fondsgebundene Rentenversicherung eingezahlt, habe am Ende aber lediglich 41.600 Euro ausgezahlt bekommen. „Hätte sie in einen Aktien-ETF investiert, hätte sie 17.000 Euro mehr erreichen können“, heißt es.

Bei der DVAG fließen die Provisionen für die vermittelten Verträge bekanntermaßen in ein hierarchisches System, in dem insbesondere die oberen Ebenen von den Abschlüssen der unteren profitieren. Wer viel verkauft, wird belohnt – mit Reisen, Boni und Ehrungen. Ein Instagram-Post von O., auf den die Zeit verweist, soll ihn auf einer Bühne „vor 500 Menschen“ zeigen: „Begleitet von Applaus, was ein Gefühl! Es macht mich stolz, Teil davon zu sein.“

Lisa Engel soll inzwischen all ihre Verträge gekündigt und den Onlinebanking-Zugang für O. gesperrt haben. Doch ob sie ihr Geld zurückbekommt, bleibt ungewiss. Der Versicherer Generali, mit der die DVAG exklusiv kooperiert, sieht offenbar keinen Grund zur Rückzahlung. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir Ihre Verträge nicht aufheben und Ihnen die eingezahlten Beiträge nicht zurückerstatten können“, soll sie Engel mitgeteilt haben. Der Versicherer begründete dies laut Zeit mit Äußerungen von Benjamin O., wonach dieser Engel „ausführlich und korrekt“ beraten haben soll. Man wolle das nicht bewerten, da man bei den Vertragsverhandlungen nicht anwesend gewesen sei, heißt es in dem Schreiben.

„Man kann Engel für gutgläubig halten oder für naiv. Sie selbst fragt sich ja auch, warum sie Benjamin O. blind vertraut hat. Doch ohne Vertrauen funktioniert die Versicherungsbranche nicht“, schreibt die Zeit. „Er hat sich immer sehr freundschaftlich gegeben. Ich hätte nie gedacht, dass er mir so was antut“, schilderte Engel dem Reporter. Benjamin O. habe sich trotz zweimaliger Anfrage nicht zu dem Sachverhalt äußern wollen, hieß es. 

Autor: VW-Redaktion

4 Kommentare

  • Harald L. KONRAD

    Großes Kopfschütteln und Wut im Bauch:
    1. diesem „Kollegen“ Vermittler gehört die Berufserlaubnis entzogen! EIne Schande für die Branche! So berät man nicht – egal, unter welcher Flagge bzw. wie man sich nennt! Das ist nicht kundenorientiert!
    2. der Kundin gehört genauso eine Schelte – wie kann man bei dem Nettoeinkommen v 2.000€ über 1.400€ eine solche Vielzahl an Verträgen abschließen und dann noch einen Kontozugang für den Vermittler einrichten???- Der gesunde Menschenverstand schien hier noch nicht ausgeprägt zu sein..
    3. Das Hauptproblem aber liegt aus meiner Sicht an der immer noch mangelhaften „finanziellen Bildung“ unseres deutschen Schulsystems!!!

  • Ich frage mich bis heute, warum sich Strukkis der DVAG immer noch hochtrabend „Vermögensberater“ nennen dürfen. Fakt ist, dass das Versicherungsvertreter sind, die im Vermittlerregister auch als solche geführt werden. Der Begriff ist für Kunden irreführend, denn mit „Vermögensberatung“ hat das Ganze wenig zu tun.

  • Ich war selbst ein Jahr in der DVAG als Vermögensberater tätig und könnte hier eine Story erzählen die es in sich hat. Diese Firma hat mich komplett in den Ruin getrieben und ich bin in der Grundsicherung gelandet.
    Passt auf wem ihr vertraut, grad in der Versicherungs und Finanzbranche.

  • Hallo , oh ja das ist Absicht! Unser Sohn war 2023 10jahre . Man wollte sparen . Vermittelt wurde: viel aber nicht für unseren sohn – aus vereinbarten 150/ monat wurde dynamik injeziert ! Jetzt müsste bereits mit 40 Jahren mtl 1609,03€ zahlen!mit 60 Jahren! 7693,82 € und !!! Mtl! Rentenbeginn früheste Auszahlung 2080!

    Es interessiert niemanden bei der DVAG Berater bedienen sich der Namen der Kunden indem Sie mit hilfe der deutschen Nank anlagekonten nutzen um eigenständig Finanazgeschäfte und Transaktionen vornimmt. KOpierte Unterschriften!!

    Die deutsche bank versucht dies zu decken!! Nehmen Sie Kontakt mit uns auf wir verkaufen Ihnen diese story – die haut sie um!! Garantiert !

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