Allianz greift bei Friday zu
Die Onlinetochter Allianz Direct übernimmt das Versicherungsportfolio des Berliner Insurtechs in Deutschland und Frankreich. Friday wurde 2017 von einem Team um Christoph Samwer und mit Unterstützung der Schweizer Bâloise-Gruppe gegründet. Zuletzt scheiterte eine Übernahme von Friday durch Getsafe, nachdem sich die Verhandler nicht auf eine Bewertung einigen konnten. Mit der Übernahme gewinnt Allianz auf einen Schlag rund 250.000 Kunden.
Friday trat vor gut sieben Jahren mit dem Ansatz an, Kfz-Versicherungen pro gefahrenem Kilometer abzurechnen. Richtig Fahrt konnte der Berliner Anbieter jedoch nicht aufnehmen. Das Minus betrug im letzten Geschäftsjahr rund 30 Mio. Euro. Seit dem Start sollen sich die Verluste auf rund 180 Mio. Euro angehäuft haben. Allerdings gab Friday auch an, insbesondere im Bereich der Haftpflicht- und Sachversicherungen gut zugelegt zu haben, der Anteil der Produkte am Gesamtbestand sei auf mittlerweile über 60 Prozent gestiegen. Das Frankreich-Geschäft trug einen wichtigen Teil dazu bei. Das Prämienvolumen von Friday beläuft sich auf gut 50 Millionen Euro.
Vor dem nun erfolgten Deal mit der Allianz bahnte sich eine Übernahme durch das Heidelberger Start-up Getsafe an. Die Verhandlungen scheiterten jedoch aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen über die Bewertungen des Berliner Start-ups.
Friday arbeitete seit 2018 unabhängig von der Muttergesellschaft Baloise, das Insurtech wurde allerdings mehrheitlich von den Schweizern gehalten. Die Friday Insurance S.A. tritt als Risikoträger auf und unterliegt der Aufsicht des Commissariat aux Assurances in Luxemburg unter begrenzter Aufsicht der deutschen Bafin.
Die Baloise ihrerseits verordnet sich nach einem durchwachsenen Geschäftsjahr 2023 einen Strategieschwenk: Die mit hohen Erwartungen verknüpften Investitionen in die Ökosysteme rund um die Themen „Heim“ und „Mobilität“ werden nicht länger fortgesetzt. Künftig wolle sich der Versicherer wieder „stärker auf versicherungsnahe Aktivitäten“ konzentrieren, kündigte Baloise-CEO Michael Müller im Rahmen der letzten Bilanz-Präsentation an.
Im Zuge dessen wurde eine Refokussierungsstrategie und ein Aktienrückkaufprogramm lanciert, die Ausschüttungsquote angehoben. Zwischen 2024 und 2027 ist geplant, Barmittel von mehr als zwei Milliarden Franken zu generieren und die Barmittel-Ausschüttungsquote auf 80 Prozent oder mehr anzuheben, teilte der Konzern auf seiner Investorenveranstaltung mit. Die Eigenkapitalrendite soll von zwölf bis 15 Prozent steigen.
Es ist davon auszugehen, dass Allianz Direct Friday bei den finanziellen Forderungen mehr entgegengekommen ist als Getsafe. Konkrete Summen sind nicht bekannt. Die Schweizer Mutter nimmt einen Verlust von rund 75 Millionen Franken in Kauf.
Als Hauptargument für den Zukauf nennt die Allianz-Tochter die Stärkung ihrer Marktposition im deutschen Direktversicherungsmarkt für Sach- und Unfallversicherungen sowie der Präsenz des Unternehmens auf dem französischen Markt für Hausratversicherungen. Anfang des Jahres hat Allianz Direct das französische Hausratversicherungsgeschäft von Luko sowie den operativen Betrieb, einschließlich der Marke, übernommen.
Mit der Übernahme von Friday und dem Zugang zu rund 250.000 neuen Kunden steigt die Allianz-Tochter gemessen am Prämienvolumen, zur Nummer drei auf dem deutschen Markt für Kfz-Direktversicherungen auf. Der Versicherer wird im Rahmen der Transaktion das gesamte Portfolio, alle Vertriebsvereinbarungen und die Marke Friday übernehmen. Das Geschäft der Berliner wird schrittweise auf die Plattform des Allianz-Direktversicherers übertragen. Alle bestehenden Verträge und Services von Friday sollen unverändert weitergeführt werden. Die Transaktion soll Mitte 2025 abgeschlossen sein.
Autor: Michael Stanczyk