Bundestag-Anhörung zur EU-Kleinanleger-Strategie: Verbände lehnen Eingriffe in Vergütungsmodelle vehement ab

Bildquelle: Deutscher Bundestag/ Felix Zahn/ Photothek

Heute Nachmittag findet auf Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss eine öffentliche Anhörung zum Entwurf der EU-Kommission für eine Kleinanleger-Strategie statt. Im Vorfeld der Anhörung haben bereits Verbände der Versicherungswirtschaft, der Fondsindustrie, der Versicherungsvermittler und Finanzanlagenvermittler in ihren Stellungnahmen überdeutlich gemacht, dass sie Eingriffe auch über die Hintertür in die in der Praxis bewährten Vergütungsmodelle ablehnen. Im Raum steht immer noch ein drohendes Provisionsverbot.

In den sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Europäischem Parlament und den EU-Mitgliedsstaaten muss am Ende ein Kompromiss gefunden werden. In ihrem zwölf Punkte umfassenden Beschlussantrag (Bundestagsdrucksache 20/9496) stellen sich CDU und CSU hinter wesentliche Forderungen der Finanzdienstleistungsbranche.

GDV will Koexistenz der Vergütungssysteme erhalten wissen

Die Debatte um die Kleinanleger-Strategie wird nach Einschätzung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) von der Frage dominiert, ob Provisionen und andere Zuwendungen verboten werden oder nicht. Die EU-Kommission habe sich in ihrem nachgebesserten Vorschlag jetzt für einen schrittweisen Ansatz entschieden, schreibt der GDV in seiner ausführlichen Stellungnahme. Dabei werde zwar vorerst auf ein generelles Provisionsverbot verzichtet, allerdings würden partielle Verbote vorgeschlagen.

„Wir halten Provisionsverbote, auch partielle, für nicht zielführend, sondern für falsch und setzen auf die Koexistenz der Vergütungssysteme“, schreibt der GDV. Kritisch sieht nicht nur der GDV, sondern auch andere Verbände, dass die Kleinanleger-Strategie nicht auf der Trilog-Ebene (Level 1) abschließend ausgehandelt werden soll, sondern erst auf nachgelagerten Ebenen (Level 2 und Level 3) konkretisiert werden sollen.

Es wäre nicht auszuschließen, dass man auf diesen nachgelagerten Ebenen zu Ergebnissen kommen könnte, die wie ein Provisionsverbot wirken. „Wir appellieren deshalb an die Co-Gesetzgeber, wesentliche Entscheidungen abschließend auf Level 1 zu treffen und präzise zum Ausdruck zu bringen, was intendiert ist und was nicht.“

BVK: Europaweites Provisionsverbot hilft den Zielen der Kleinanleger-Strategie nicht

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), der auf Einladung der FDP, an der Anhörung teilnehmen wird, erklärte, nach monatelangen Diskussionen mit allen beteiligten Parteien sei klar geworden, dass „ein europaweites Provisionsverbot nicht der beste Weg ist und das Ziel der RIS nicht fördert“. Reale Markterfahrungen zeigten vielmehr, dass die Verbraucher eine transparente Wahl zwischen Provisionen und Honorar wünschten. Es gebe auch keine unabhängigen Studien, die einen „direkten kausalen Zusammenhang zwischen Provisionsverbot und Verbraucherschutz“ belegen würden.

Der Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa erwartet von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), dass dieser „den verfehlten Entwurf der EU-Kommission ablehnt.“ Die EU-Kommission sollte nach den EU-Wahlen im Juni 2024 aufgefordert werden, einen “gänzlich neuen Entwurf“ zu erarbeiten, schreibt Votum in einer Mitteilung. Es ist allerdings nicht zu erwarten, dass die Bundesregierung einen solch radikalen Schritt gehen wird.

Der Bundesverband Deutscher Vermögensberater (BDV), dessen nahezu alle knapp 40.000 Vermögensberater auf Provisionsbasis arbeiten, bemängelt, dass die Kleinanlegerstrategie „in weiten Teilen einer ‚Black Box‘wegen der vielen Level 2 und Level 3-Ermächtigungen gleichkomme. In dem Kommission-Entwurf gebe es über 20 solcher Ermächtigungsgrundlagen. Die EU-Behörde und die Aufsichtsbehörden dürften nicht zu (Ersatz-)Gesetzgebern werden. Schon gar nicht dürften Grundaussagen der Richtlinie durch Level 2 oder 3 Regelungen konterkariert werden, schreibt der BDV.

Autor: Manfred Brüss