Versicherer setzen sich durch: EU verzichtet auf Provisionsverbot
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Bildquelle: NoName_13 auf Pixabay.

Die Versicherer – und allen voran die Vermittlerverbände – können erleichtert durchatmen: Die EU-Kommision lässt den umstrittenen Plan für ein Provisionsverbot für Finanzberater fallen. Finanzkommissarin Mairead McGuinness betonte, dass eine solche Regelung – zumindest vorerst – nicht kommen werde.

„Wir haben denen zugehört, die uns sagen, dass ein vollständiges Provisionsverbot zu diesem Zeitpunkt zu disruptiv sein könnte“, betonte die EU-Kommissarin am späten Donnerstagnachmittag auf einer Finanzkonferenz in Stockholm. Allerdings erwäge man nun andere Maßnahmen, darunter unter anderem auch Verpflichtungen zu mehr Transparenz, berichtet das Handelsblatt.

Damit dürfte sich die irische EU-Politikerin dem massiven Druck aus der Finanz- und Versicherungsbranche gebeugt haben. Erst jüngst rief der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) zu einem Stopp des Provisionsverbots auf.

In dieser Woche hatten sich die Rechts- und Finanzexperten Hans-Peter Schwintowski und Hans-Wilhelm Zeidler ebenfalls in einem offenen Brief mit ähnlichen Argumenten gegen das drohende Provisionsverbot positioniert. Diesem Vorstoß war eine Studie des Ulmer Instituts für Aktuar- und Finanzwissenschaften vorausgegangen, die vom Bundesverband Deutscher Vermögensberater e.V. in Auftrag gegeben worden ist. Deren Vorstand Helge Lach ist gleichzeitig der Vorstand der DVAG, die im letzten Jahr zwei Mrd. Euro Provisionserlöse erzielte. Die Untersuchung kam zu dem Schluss, dass ein Nebeneinander von Provisions- und Honorarberatung die beste Lösung sei.

Während die Vermittler und Versicherer wohl erst einmal durchatmen können, dürfte die Enttäuschung bei den Verbraucherschützern wohl groß sein. Ganz geschlagen geben will sich McGuinness aber wohl dennoch nicht: „Auch wenn wir jetzt kein Provisionsverbot vorschlagen, bedeutet das keinen Freifahrtschein für den Finanzsektor“, betonte sie weiter. So müssten manche Akteure in der Branche ihr Geschäftsmodell überdenken, damit Verbraucher einen „faireren Deal“ bekämen.

So will die EU-Kommissarin die Vorschriften rund um die Provisionen zumindest verschärfen: „Es sollte eine bessere Auflistung der Kosten geben, damit Verbraucher leichter verschiedene Optionen vergleichen können“. Zudem hält sie an einem Provisionsverbot bei „Execution only“-Geschäften fest: „Es sollte verschärfte Bestimmungen geben, wann Provisionen gezahlt werden – und wann nicht.“ Die Details dazu will sie in ihrer Kleinanlegerstrategie – voraussichtlich am 24. Mai – vorstellen.

Der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW e. V. begrüßt – erwartungsgemäß – die Aussagen von EU-Kommissarin McGuinness zu einem möglichen Verzicht auf ein europaweites Provisionsverbot. Es wäre die richtige Entscheidung, von vielen guten Argumenten unterstützt, die durch den AfW, seinen europäischen Dachverband und viele gute Partner auf deutscher und europäischer Ebene vorgebracht wurden, heißt es in einer Stellungnahme. Zudem sei von ihr ein Runder Tisch angekündigt worden, unter anderem mit Vertretern der Branche und des Verbraucherschutzes.

„Die EU-Kommission ist als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet. Schon vor der Vorstellung ihrer Pläne knickt sie vor der Finanzlobby ein.“

Britta Langenberg, Verbraucherschutzexpertin der Bürgerbewegung Finanzwende

Vermittler reagieren erleichtert – Finanzwende übt harsche Kritik

„Vieles davon könnten wir für die von uns vertretenen unabhängigen Finanzberaterinnen und -berater und ihren Kunden mittragen. Letztlich kommt es immer auf die Umsetzung an. Die Verbraucher hätten jedenfalls verdient, dass sie weiterhin unabhängige, qualifizierte Beratung als Grundlage für Finanz- und Versicherungsprodukte erhalten, die ihren Wünschen und Bedürfnissen entsprechen. Mehr Bürokratie und Verbote sind dabei sicherlich nicht hilfreich“, kommentiert Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW.

„Wir begrüßen diesen richtigen Schritt und werden den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens eng begleiten. Im Moment überwiegt jedoch zunächst die Erleichterung, dass sich unsere intensiven Bemühungen in Zusammenarbeit mit unserem europäischen Dachverband der Vermittler BIPAR (European Federation of Insurance Intermediaries) in den letzten Wochen gelohnt haben und unsere Argumente gehört wurden“, ergänzt BVK-Präsident Michael H. Heinz.

„Die Forderung nach weiteren Offenlegungspflichten sehen wir als Chance für die Branche. Hier gilt es, noch im weiteren Dialog eine ausgewogene Lösung im Sinne eines sinnvollen Verbraucherschutzes zu erzielen.“

Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungs­kaufleute e.V. (BVK)

So hätte ein EU-weites Provisionsverbot nach Ansicht des BVK das Aus für rund 190.000 Versicherungsvermittler in Deutschland bedeuten können. Zudem sei das Aus auch eine gute Nachricht für die Verbraucher, die nun keine Beratungslücke befürchten müssen. Ihnen stehe zudem weiterhin die freie Wahl eines Vergütungssystems offen, so der Verband.

Kritik kommt hingegen – ebenso erwartungsgemäß – von der Bürgerbewegung Finanzwende: „Die EU-Kommission ist als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet. Schon vor der Vorstellung ihrer Pläne knickt sie vor der Finanzlobby ein. Für Kunden im Finanzbereich bedeutet das: Es wird vor allem verkauft und nicht beraten“, kommentiert Verbraucherschutzexpertin Britta Langenberg.

„Provisionen und Interessenkonflikte bleiben Alltag. Das ist für Verbraucher eine bittere Botschaft. Ihnen werden weiter zu viele teure und ineffiziente Produkte verkauft, die ihre Altersvorsorge schmälern. Es wäre an der Zeit gewesen, den Übergang zur Beratung gegen Honorar anzustoßen. Die Kundschaft zahlt sowieso – bei einem Honorar ist aber eher gewährleistet, dass ihr Interesse auch wirklich im Vordergrund steht“, ergänzt die Verbraucherschützerin.

Autor: VW-Redaktion

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