Montagskolumne mit DFV-Chef Knoll: „Ich bin zunehmend erstaunt, wie schwer es in unserer Branche ist, eine wirkliche Erneuerung zu platzieren“
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Stefan Knoll, CEO der Deutschen Familienversicherung. Quelle: DFV - von der Redaktion bearbeitet

„Unternehmer sein ist meine eigentliche Inspiration und ein Grad der Freiheit, um die man mich nur beneiden kann“, schreibt DFV-Chef Stefan Knoll in seiner heutigen Kolumne. Diese Rolle sei aber auch eine Achillesferse. Denn wer mit eigenem Geld an einem Unternehmen substanziell beteiligt sei, reagiere bei einem Angriff auf dasselbe anders als ein angestellter Manager.  

Ich bin in erster Linie Unternehmer, wenn es um die Versicherungswirtschaft geht und erst in zweiter Linie Fachmann. Mich treiben Ideen um und deren Realisierung. Deshalb bin ich mit immer mehr Erfahrung ebenso zunehmend erstaunt, wie schwer es in unserer Branche ist, eine wirkliche Erneuerung zu platzieren. Oder anders ausgedrückt, wer glaubt, dass sich von Deutschland aus oder in Deutschland etwas entwickeln könnte, das als Disruption bezeichnet werden könnte, kennt unsere Branche nicht. 

Dennoch äußere ich mich als Unternehmer, der ich seit fast 30 Jahren bin, auch wenn ich in den von mir gegründeten Unternehmen nicht immer die Mehrheit hatte, jedenfalls nicht über die gesamte Laufzeit meines Wirkens dort. Unternehmer sein ist meine eigentliche Inspiration und ein Grad der Freiheit, um die man mich nur beneiden kann. Dabei ist diese Rolle auch meine Achillesferse, denn wer mit eigenem Geld an einem Unternehmen substanziell beteiligt ist, reagiert bei einem Angriff auf dasselbe anders als ein angestellter Manager. Und doch ist es die Freiheit, die alles immer wieder ausgleicht. 

Deshalb kann ich mich zu allgemein- und gesellschaftspolitischen Fragen äußern. Dabei fußen meine Ansichten auf zwei Grundprinzipien: Einmal der Tatsache, dass sich eine freie Gesellschaft eines Staates bedient, der als Dienstleister das erledigt, was die Bürger nicht selbst erledigen können oder wollen und zum anderen auf der Gewaltenteilung, wie sie einst Montesquieu entwickelt hat.

Aus dem Ersteren ergibt sich eine gewisse Subsidiarität, wonach der Staat nur eben dafür zuständig sein soll, was wir Bürger nicht in eigener Verantwortung erledigen wollen oder können, und das zweite zeigt dem Staat die Grenzen auf, die er innerhalb dieser Subsidiarität einzuhalten hat. Danach ist er nämlich nur Exekutive und diese Grenze ist unantastbar, auch wenn Beamte gerne eine Ausweitung ihrer Möglichkeiten suchen. Eine Ausweitung ihrer Kompetenz ist ihnen aber nur gestattet, wenn es die Legislative vorher erlaubt hat. Jedes Zündeln an dieser Gewaltenteilung als dem überragenden Prinzip freiheitlich organisierter Länder muss unmittelbar und mit aller Entschiedenheit Einhalt geboten werden. 

Nun neigen wir Deutsche dazu, den Staat im Zweifel zu bitten, alles Mögliche für uns zu regeln. Im Zweifel auch solches, was wir durchaus in eigener Regie erledigen könnten. Eine Ursache, warum das so ist, liegt sehr lange zurück und kann im Augsburger Religionsfrieden von 1555 und nochmals im Dreißigjährigen Krieg verortet werden. Dieser bis heute schrecklichste  Krieg auf deutschem Boden wurde bekanntlich durch den Westfälischen Frieden 1648 beendet, der das im Augsburger Religionsfrieden festgelegte Prinzip „cuius regio, eius religio“ aufgriff.

Danach hatten die Bewohner einer Region das zu glauben, was der jeweilige für diese Region verantwortliche Landesfürst vorgab. Neben diesem Element des kollektiven Gedächtnisses ist eine weitere Ursache für unsere Staatshörigkeit die strukturell linke Mehrheitsmeinung in unserem Land. Verteilpolitiker haben es immer besonders leicht, Mehrheiten zu gewinnen, wenn sie staatliche Vorteile versprechen. Wer die Erwartung, dass der Staat alle wesentlichen Probleme lösen kann, erst begründet und dann als Kontinuum befeuert, versündigt sich an den Menschen, die könnten aber nicht wollen, weil die Aussicht auf Bequemlichkeit sie nachvollziehbarerweise von der Eigeninitiative abhält.

Deshalb ist jedes staatliche Alimentieren Gift für die Freiheit und reduziert in dem hier gewählten Zusammenhang die Bereitschaft, ein Relativieren der Gewaltenteilung zu hinterfragen. 

Die Gewaltenteilung als gefährdet zu thematisieren, mache ich als Unternehmer, sich gegen ein zunehmendes Verschwimmen der Grenzen der Gewaltenteilung zu verwahren, ist mein Anspruch an meine Vorstandskollegen. Dann hätte wenigstens diese Kolumne einen Sinn gemacht.

Zum Autor: Stefan M. Knoll ist Gründer und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Familienversicherung. Er ist u.a. für den Digitalisierungsprozess des Unternehmens verantwortlich und hat das Unternehmen an die Börse geführt. Er blickt auf eine jahrzehntelange Karriere als Unternehmer zurück.


2 Kommentare

  • So ist es im Leben. Eigenes Empfinden, fremdes Empfinden. Selbstbild, Fremdbild. Wirkliche Erneuerung. Nicht wirkliche Erneuerung oder unbrauchbare Erneuerung. Ich kann nur sagen. Noch nie habe ich in den zurückliegenden 30 Jahren einen verwirrteren Kunden in Belangen seiner Absicherung gesehen wie in dieser modernen Zeit mit all seinen wirklichen Erneuerungen. Aber was soll’s. Wir machen unbelehrbar und unbeirrt weiter. Dem Motto getreu: der Sog der Masse ist die Richtung und das Ziel.

  • Leider wird nicht ganz klar, was die Zielrichtung dieses Kommentars sein soll? Sind es überbordende Regulierungen der EIOPA und EU-Kommission? Zum Thema Solvency II oder Nachhaltigkeit könnte man das durchaus unterschreiben…
    Oder ist es falsch verstandener Verbraucherschutz und Datenschutz, die die Digitalisierung unnötig hemmen?

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