Euler Hermes erwartet Trendwende bei weltweiten Insolvenzen

Das Altersvorsorge-Fintech Vantik ist insolvent. Quelle: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Die Zahl der Unternehmenspleiten ist derzeit trotz Pandemie weiter rückläufig. Allerdings könnte sich dies bald ändern, glaubt man einer aktuellen Analyse von Euler Hermes. So rechnet der Kreditversicherer f´ür 2022 mit einer Trendwende bei den Insolvenzen.

Lag der Rückgang der weltweiten Pleiten 2020 noch bei zwölf Prozent, zeichnet sich im laufenden Jahr ein weiterer Rückgang um rund sechs Prozent ab. Allerdings definieren die Analysten wieder einige Hotspots, bei denen die Insolvenzzahlen bereits in diesem Jahr deutlich steigen werden. So steigt die Zahl der Firmenpleiten in Westeuropa 2021 voraussichtlich in Italien (plus 47 Prozent), Spanien (plus 30 Prozent), Großbritannien (plus zehn Prozent), Luxemburg und der Schweiz (jeweils plus vier Prozent) sowie in Belgien (plus drei Prozent). In Osteuropa verzeichnen insbesondere Polen (plus 62 Prozent), Ungarn (plus 20 Prozent), Rumänien (plus acht Prozent) und Bulgarien (plus fünf Prozent) steigende Fallzahlen ebenso wie in Asien Hongkong (plus 24 Prozent), Indien (plus 13 Prozent) und Taiwan (plus zehn Prozent). In Afrika dürfte Marokko (plus 48 Prozent) einen starken Anstieg sehen, und in Südamerika sind Kolumbien (plus zwölf Prozent) und Brasilien (plus sechs Prozent) besonders betroffen.

Deutschland scheint dabei im weltweiten Vergleich noch relativ glimpflich davonzukommen: 2021 kündigt sich zunächst ein weiterer Rückgang von fünf Prozent bei den Insolvenzen auf rund 15.000 Fälle an: Ähnliche Fallzahlen gab es zuletzt in den Jahren 1992 (10.920) und 1993 (15.582). Vor der Pandemie waren es 2019 noch 18.749 Fälle; 2020 sind diese dann im Zuge der staatlichen Hilfsprogramme um 16 Prozent auf 15.840 Fälle gesunken. Im ersten Halbjahr 2020 lagen die erwarteten Schäden pro Insolvenz durchschnittlich noch bei 1,8 Mio. Euro. Im gleichen Zeitraum im laufenden Jahr, lagen diese bei 4,3 Mio. Euro damit mehr als doppelt so hoch.

„Die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen haben ihr Ziel erreicht, möglichst viele Insolvenzen zu verhindern. In Westeuropa haben die Maßnahmen jede zweite Pleite verhindert, in den USA jede Dritte. Für 2021 zeichnet sich keine Trendwende ab: Die Verlängerung zahlreicher Programme wird die Insolvenzen im Jahr 2021 auf einem weiterhin niedrigen Niveau halten. Wie es weitergeht, hängt maßgeblich davon ab, wie die Regierungen in den kommenden Monaten handeln. Erst ab 2022 dürfte sich das weltweite Insolvenzgeschehen wieder sukzessive normalisieren.“

Maxime Lemerle, Leiter der Branchen- und Insolvenzanalyse bei der Euler Hermes-Gruppe

Für 2022 rechnet Euler Hermes allerdings mit einer Trendwende: 2022 dürften die weltweiten Insolvenzen langsam wieder ansteigen – allerdings aufgrund der umfangreichen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen weiterhin von sehr niedrigem Niveau kommend. Trotz eines erwarteten Anstiegs von rund 15 Prozent dürften die globalen Fallzahlen 2022 im Durchschnitt voraussichtlich weiterhin vier Prozent niedriger liegen als 2019. Dennoch kehren insbesondere Exportrisiken stärker zurück als bisher, heißt es weiter.

„2022 dürften zudem auch in Deutschland die Pleiten wieder um rund neun Prozent auf etwa 16.300 Fälle zunehmen. Diese Entwicklung dürfte sich vor allem im zweiten Halbjahr zeigen. Es ist weiterhin ein sehr niedriges Niveau der Fallzahlen und entspricht in etwa dem Stand im Jahr 1993. Die relativ gute Ausgangslage, eines der größten staatlichen Unterstützungsprogramme und die wieder anziehende Weltwirtschaft haben deutschen Unternehmen eine gute Startposition verschafft, um sich auf die neue Normalität einzustellen. Dennoch sollten sie Risiken im In- und Ausland nicht unterschätzen“, konstatiert Maxime Lemerle, Leiter der Branchen- und Insolvenzanalyse bei der Euler Hermes-Gruppe.

Autor: VW-Redaktion

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