bAV-Experte Ralf Linden: „Niedrigzins macht den Einsatz konventioneller Rückdeckungsprodukte immer unattraktiver“

Steuerberater Ralf Linden, Bereichsleiter Produktsteuern und Recht Alte Leipziger.

Unsicherheiten in der bAV. Bisher waren die Zuwendungen zu einer Fondspolice nur dann steuerlich abzugsfähig, wenn die Finanzierung der Zusagen an starre Garantien gebunden ist. Den Ausschluss von Fondspolicen fanden viele Marktteilnehmer nicht mehr zeitgemäß.  Nun konnte zwischen den Spezialisten der Alte Leipziger und der Finanzverwaltung eine Wende eingeläutet werden. Wie, erklärt Steuerberater Ralf Linden, Bereichsleiter Produktsteuern und Recht Alte Leipziger.

Seit kurzem gibt es grünes Licht für die fondsgebundene Rückdeckung der Leistungen aus Unterstützungskassen-Kassen im Wege der beitragsorientierten Leistungszusage. Die Unsicherheiten konnten geklärt werden. Die Alte Leipziger gehört zu den Pionieren bei U-Kassen. Sie hatte bereits Mitte der 80er-Jahre kleinen und mittleren Unternehmen solche Versorgungen angeboten. Seit vielen Jahren hat man dort verbindliche Anfragen an die Finanzverwaltung gestellt und die Diskussion um den steuerlich rechtssicheren Einsatz von fondsgebundenen Rückdeckungsversicherungen geführt. Steuerberater Ralf Linden, Bereichsleiter Produktsteuern und Recht Alte Leipziger, hat dazu im Kompass 2/2021 die Unsicherheiten zusammengefasst. Worauf es in Zukunft ankommt, erklärt er im Gespräch mit Frau Henriette Meissner, Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH und Mit-Herausgeberin des (bAV) „Kompass für die Beratungspraxis“ im Verlag Versicherungswirtschaft.

Henriette Meissner: Sie haben im Kompass für die Beratungspraxis 2/2021 geschrieben, dass es noch einige Unsicherheiten gibt, ob und in welcher Form fondsgebundene Rückdeckungsversicherungen bei rückgedeckten Unterstützungskassen eingesetzt werden können. Um was ging es da?

Ralf Linden: In der Praxis von rückgedeckten Unterstützungskassen spielen bisher überwiegend nur konventionelle Lebensversicherungsverträge eine Rolle. Fondsgebundene Produkte werden in aller Regel nur als Hybridprodukte mit Höchststandsgarantie oder Index-Produkte eingesetzt. Da in beiden Fällen zum jährlichen Bilanzstichtag die garantierte Leistung auf das aktuelle Niveau der gesamten Versicherungsleistung erhöht wird, generieren diese Produkte jedoch nur in geringem Maße höhere Renditeerwartungen.

Diese Verfahrensweise hat steuerliche Gründe und beruht auf der restriktiven Vorgabe verschiedener Bundesfinanzministeriums-(BMF)-Schreiben gegen Ende der 1990er, vor allem aus dem Jahr 1998. In diesen BMF-Schreiben wird die für die steuerliche Abzugsfähigkeit der Zuwendungen des Trägerunternehmens an eine rückgedeckte Unterstützungskasse wesentliche Ermittlung der Rückdeckungsquote für fondsgebundene Rückdeckungsversicherungen vorgegeben. Denn die Zuwendungen sind grundsätzlich nur insoweit betriebsausgabenabzugsfähig, soweit sich die Unterstützungskasse die Mittel für ihre Versorgungsleistungen durch Abschluss einer Versicherung verschafft. Und gemäß dieser BMF-Schreiben bestimmt sich die Rückdeckungsquote als Verhältnis nur der garantierten Versicherungsleistung zu den in Aussicht gestellten Versorgungsleistungen. Typische fondsgebundene Versicherungsprodukte generieren jedoch neben dem erforderlichen Kapital für die garantierte Mindestleistung ein „freies“ Fondsvermögen, das erst zum Rentenbeginn die garantierte Leistung erhöht.

Nach der restriktiven Auffassung des BMF ist der Beitragsanteil, der auf dieses „freie“ Fondsvermögen entfällt, steuerlich nur in Höhe der geringen Pauschaldotierung abzugsfähig. Zudem stellt danach das „freie“ Fondsvermögen kein zulässiges Kassenvermögen dar, was schließlich zur vollständigen Versagung des Betriebsausgabenabzuges der Zuwendungen führt. Hierbei muss erwähnt werden, dass im Betriebsrentengesetz 1998 die heute gängige Beitragsorientierte Leistungszusage noch nicht aufgenommen war. Und in Bezug auf die reine Leistungszusage war die auf die garantierte Leistung gerichtete Ermittlung der Rückdeckungsquote vollkommen gerechtfertigt. Denn eine fest vorgegebene Versorgungsleistung mithilfe der zumindest teilweise unbestimmten Leistung einer fondsgebundenen Lebensversicherung kongruent rückzudecken (Rückdeckungsquote beträgt 100 Prozent), kann nicht funktionieren. Auf die Beitragsorientierte Leistungszusage trifft die Argumentation dieser BMF-Schreiben jedoch nicht zu, da hier die Kongruenz zwischen Versorgungszusage und Versicherungsleistung immer gegeben ist.

Dummerweise differenzieren die o. g. BMF-Schreiben nicht nach der Zusageart und das BMF hat es in den vergangenen mehr als 20 Jahren versäumt, den Anwendungsbereich dieser Schreiben klarzustellen. Folglich verhindert die Vorgabe der Bestimmung der Rückdeckungsquote allein anhand der Garantiewerte den Einsatz echter fondsgebundener Rückdeckungsversicherungen für die rückgedeckte Unterstützungskasse.

Henriette Meissner: Die Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. hat den Versuch gestartet, für Ihre Kunden diese steuerliche Unsicherheit zu beseitigen. Wie ist sie vorgegangen?

Ralf Linden: Die mittlerweile langanhaltende und perspektivisch auch fortdauernde Niedrigzinsphase macht den Einsatz konventioneller Rückdeckungsprodukte immer unattraktiver. In der privaten aber auch in der betrieblichen Altersversorgung hat daher der Einzug fondsbasierter Produkte bereits stattgefunden. Bis auf die rückgedeckte Unterstützungskasse!

Dies hat uns dazu bewogen, die steuerliche Klärung des Einsatzes fondsgebundener Versicherungsprodukte auch für die rückgedeckte Unterstützungskasse für die Zusageart der Beitragsorientierten Leistungszusage voranzutreiben. Hierzu haben wir zum einen mehrere Trägerunternehmen in verschiedenen Bundesländern fachlich bei der Anfrage auf verbindliche Auskunft bei deren Betriebsstättenfinanzamt unterstützt. Parallel hat die Alte Leipziger Unterstützungskasse e.V. bei ihrem Betriebsstättenfinanzamt eine entsprechende Anfrage gestartet.

Henriette Meissner: Können Sie kurz skizzieren, was die Antwort der Finanzverwaltung ist und damit der „Stand der Dinge“?

Ralf Linden: Gerne. Letztlich waren alle Anfragen der Trägerunternehmen erfolgreich, die verbindlichen Auskünfte also positiv. Dabei wurden zum Teil auch die Oberfinanzdirektionen der betroffenen Bundesländer eingeschaltet. Die Anfrage auf verbindliche Auskunft der Alte Leipziger Unterstützungskasse e.V. ging dagegen einen längeren Weg. Die Anfrage durchlief über knapp eineinhalb Jahre alle gegebenen Stufen. So wurden der Reihe nach das Betriebsstättenfinanzamt, die Oberfinanzdirektion, das Finanzministerium des Bundeslandes und schließlich das Bundesministerium der Finanzen einbezogen. Dieses hat sich dann auch noch mit den Bundesländern abgestimmt. Als Ergebnis hat die Alte Leipziger Unterstützungskasse e.V. eine positive verbindliche Auskunft erhalten.

Henriette Meissner: Wie schätzen Sie die Bedeutung dieser neuen Sachlage ein?

Ralf Linden: Für die Alte Leipziger Unterstützungskasse e.V. und auch für den Gesamtmarkt der rückgedeckten Unterstützungskassen ist diese Entwicklung außerordentlich positiv. Gerade in Hinblick auf die zum 1. Januar 2022 anstehende abermalige Senkung des Höchstrechnungszinses auf 0,25 Prozent ist die Möglichkeit des Einsatzes fondsgebundener Rückdeckungsversicherungen von existenzieller Bedeutung.

Henriette Meissner: Ganz herzlichen Dank für das Interview und vor allem Ihren – wie wir gerade gelernt haben – jahrelangen Einsatz zu Klärung der strittigen Sachverhalte.

Das Interview führte Henriette Meissner.