Montagskolumne mit Frank Reichelt: Warum beim Klimawandel Taten auf Worte folgen müssen
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Frank Reichelt. Quelle: Swiss Re - von der Redaktion bearbeitet.

Trotz der globalen Pandemie und dem weltweiten Kampf gegen Covid-19 bleibt der Klimawandel die größte Herausforderung unserer Gesellschaft. Eine erst kürzlich von Swiss Re veröffentlichte Studie hat die Auswirkungen des Klimawandels auf die Weltwirtschaft untersucht. Die Montagskolumne von Frank Reichelt.

Dabei zeigen jüngste Schätzungen des Swiss Re-Institute, dass eine weitere ungebremste Erwärmung des Klimas die globale Wirtschaftsleistung bis 2050 um bis zu 23 Billionen US-Dollar verringern könnte. Wird der derzeitige Kurs beibehalten, droht in den nächsten 30 Jahren ein globaler Temperaturanstieg um mehr als drei Grad Celsius, welcher die Weltwirtschaft um 18 Prozent schrumpfen lassen würde.

Doch noch besteht die Chance, diese Folgen abzuwenden bzw. abzumildern, wie der neue Climate Economics Index der Swiss Re zeigt. Allerdings müssen entschlossen einschneidende Maßnahmen ergriffen werden, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Dazu wird es mehr brauchen als die bisher getroffenen Zusagen. Öffentlicher und privater Sektor werden bei der Beschleunigung des Übergangs zu Netto-Null-Emissionen eine entscheidende Rolle spielen.

Die Swiss Re-Studie rechnet vor, was Investitionen in eine Netto-Null-Ökonomie bewirken können. So würde eine Erhöhung von zehn Prozent der jährlichen globalen Infrastrukturinvestitionen in Höhe von 6,3 Billionen US-Dollar den durchschnittlichen Temperaturanstieg auf unter zwei Grad Celsius begrenzen. Dieser zusätzliche Aufwand stellt nur einen Bruchteil des globalen Verlustes an Bruttoinlandsprodukt (BIP) dar, der droht, wenn nicht entschieden gehandelt wird.

Ausstieg von und Verzicht auf CO2-Emissionen reichen nicht aus

Selbstverständlich kann die Versicherungswirtschaft beim Thema Klimawandel nicht an der Seitenlinie sitzen und zusehen, wie sich das politische Spiel entwickelt. Neben der Bereitstellung von Versicherungs- und Rückversicherungsschutz zum Schließen der weltweiten Deckungslücken für Naturgefahren und der ständigen Neubewertung der Risiken aufgrund eines sich verändernden Klimas, kann und muss sich die Assekuranz viel stärker engagieren, schließlich steht das Thema ‚Nachhaltigkeit‘ völlig zu Recht ganz oben auf der Tagesordnung wohl aller Unternehmen in diesem Sektor.

Meiner Überzeugung nach reicht das derzeitige Engagement bei der Reduzierung von CO2-Emissionen nicht aus. Es gilt, verstärkt Instrumente zu fördern, mit denen der Umwelt die bestehenden schädlichen Emissionen aktiv entzogen werden.

Aktuell liegt der Fokus in unserem Land jedoch vor allem auf der Reduzierung bzw. Vermeidung von Emissionen. Technische Lösungen zur Beseitigung vorhandener Emissionen stehen in Deutschland bislang eher nicht im Mittelpunkt.

Die Assekuranz könnte mit ihrem Know-how in der Einschätzung des CO2-Risikos, bei der Versicherung von neuen Techniken, aber auch als Kapitalgeber dafür sorgen, dass diese Strategie signifikant an Bedeutung gewinnt.

Wir müssen gemeinsam handeln

Viele Unternehmen verpflichten ihre Zulieferer bereits zur Einhaltung bestimmter Standards zur Nachhaltigkeit. So erwartet Swiss Re von Banken, die sich bei ihr um Finanzierungsgeschäfte bewerben, konkrete Pläne zur CO2-Minderung.

Generell rückt damit die Suche nach Lösungen zur Dekarbonisierung der jeweiligen Lieferketten ins Scheinwerferlicht. Das wird sicherlich für die einzelnen Unternehmen kein leichter Weg, die Perspektive liegt in Kooperationen entlang den Wertschöpfungsketten: Transparenz schaffen, Maßnahmen zur Emissionssenkung erarbeiten, gemeinsam Finanzierungskonzepte entwickeln.

Das gemeinsame Engagement für eine nachhaltige Zukunft und gegen den Klimawandel ist nur zusammen zu finanzieren und zu erreichen.

Öffentlicher und privater Sektor spielen eine entscheidende Rolle bei der Beschleunigung des Klimaschutzes

Der Klimawandel ist ein systemisches Risiko, das sich deshalb nur auf globaler Ebene bewältigen lässt. Kooperationen innerhalb der Privatwirtschaft sind daher unabdingbare Voraussetzung, aber nicht ausreichend. Erst durch das gemeinsame Bemühen von Staat und Wirtschaft, Netto-Null-Ziele zu erreichen, wird eine echte und nachhaltige Veränderung möglich. Noch gelingt dieses „an-einem-Strang-ziehen“ über Ländergrenzen nicht wirklich, zu viele nationale politische Interessen blockieren den notwendigen Umschwung zur kohlenstoffarmen Wirtschaft.

In unserer gesellschaftspolitischen Rolle müssen wir als Versicherungswirtschaft hier Verantwortung übernehmen: Lösungen entwickeln und bereitstellen, den Dialog innerhalb der Wirtschaft, aber auch mit der Politik suchen und einfordern. Den vielen Worten müssen Taten folgen …  

Zur Person: Frank Reichelt ist Managing Director beim Rückversicherer Swiss Re und unter anderem Hauptbevollmächtigter der Niederlassung in Deutschland.

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