Versicherungs-Azubi: „Die Branche hat leider einen sehr eingestaubten Ruf“
Die Versicherer gehört derzeit nicht unbedingt zu den beliebtesten Ausbildungsbranchen. „Das Spartendenken erfüllt seinen Zweck, aber ist in meinen Augen nicht wirklich kundenorientiert und zeitgemäß, sondern eher allgemein, kompliziert und unflexibel“, sagt Patrick Unger, Auszubildender bei der Nürnberger. VWheute sprach mit ihm über Bildung und Beruf im Versicherungswesen.
VWheute: In welchem Ausbildungsjahr sind Sie und wo lernen Sie (Be- oder Vertrieb)?
Patrick Unger: Ich startete zum 1. September 2019 meine Ausbildung zum Kaufmann für Versicherungen und Finanzen an der Generaldirektion der Nürnberger Versicherung und habe somit zum 1. September 2020 frisch das zweite Ausbildungsjahr im Innendienst begonnen. In der Nürnberger wechseln die Azubis alle sechs Monaten ihren Fachbereich. Bis zum 31. August 2020 war ich im Bereich Antrag/Vertrag SHUKRS, wo ich mich mit den Sparten Hausratversicherung, Wohngebäudeversicherung, private Unfallversicherung, Kraftfahrzeugversicherung und Rechtschutzversicherung beschäftigt habe. Aktuell bin ich bei den Nürnberger Junioren eingesetzt. Das ist eine fiktive Firma der Nürnberger Versicherung, welche sich mit der selbstständigen Bearbeitung und Umsetzung von verschiedenen Aufträgen wie z.B. die Absolventenfeier, Gesundheitstage uvm. befasst.
VWheute: Warum haben Sie sich für den Beruf entschieden?
Patrick Unger: Nach meinem absolvierten Abitur stellte ich mir natürlich die Frage, in welche Richtung mein beruflicher Werdegang gehen soll. Welcher Beruf passt am besten zu meiner Persönlichkeit und meinen Interessen? Da es mir extrem viel Spaß macht mit Menschen im direkten Kontakt zu stehen und zu interagieren und meine Mutter im Jahr 1988 hier mit einer Ausbildung gestartet hat und seit mehr als 30 Jahren bei der Nürnberger Versicherung angestellt ist, fiel mir die Entscheidung sehr leicht.
Ich bin sehr stolz und froh, ein Teil dieser regionalen und familiären Versicherungsgesellschaft zu sein. Denn ich bin ein Nürnberger. Ich möchte meine Ausbildung gewissenhaft und souverän meistern und danach meine persönliche Stellung intern weiter ausbauen und mich weiterbilden. Mir ist es sehr wichtig, ein harmonisches und balanciertes Arbeitsleben zu führen, bei dem mir das Arbeiten Spaß macht und ich Freude bei meinen Tätigkeiten in meinem Beruf habe, denn nur so schafft man eine angenehme Work-Life-Balance und bleibt dauerhaft glücklich und motiviert in seinem Beruf.
VWheute: Im neuen Berufsbild soll u.a. Digitalisierung eine stärkere Rolle spielen: Wie finden Sie das?
Patrick Unger: Um eine zeitgemäße Ausbildung schaffen zu können, sollte man sich von den alten Konzepten der derzeitigen Vorgehensweise lösen und ein dynamischeres und vor allem flexibleres Konzept zur Übermittlung der verschiedenen Ausbildungsinhalte überlegen. Das Spartendenken erfüllt seinen Zweck, aber ist in meinen Augen nicht wirklich kundenorientiert und zeitgemäß, sondern eher allgemein, kompliziert und unflexibel. Man hat ein bestimmtes Schema, nach dem die Auszubildenden ausgebildet werden.
VWheute: Der neue Weg stimmt also …
Patrick Unger: Die Versicherungsbranche hat leider einen sehr eingestaubten Ruf und gilt teilweise als langweilig, dabei stimmt das nicht mal. Es müsste das Grundkonzept dieser Ausbildung generalüberholt und an die Zeit angepasst werden. Daher finde ich die Auflösung des Spartendenkens zugunsten von Kundenlösungen flexibler, zeitgemäß und auch vor allem praxisorientierter. Man löst sich von dem rein theoretischen und versucht mehr Theorie und Praxis, zum Vorteil der Kunden und der Auszubildenden, zu kombinieren.
Der verstärkte Ausbau des digitalen Arbeitens und dessen Anwendungen ist ebenfalls ein sehr wichtiger Schritt, diese Branche auf einen zeitgemäßen und flexiblen Standard zu leiten, sowohl für die Auszubildenden als auch für die Kunden, Vermittler und Angestellten eines Versicherungsunternehmens. Denn nur durch eine ausgebaute digitale Infrastruktur schafft man eine flexible Weiterentwicklung eines Unternehmens für die Zukunft. Die Durchführung dieser Digitalisierung sollte für den Nutzer leicht zu verstehen und unkompliziert gestaltet werden, damit keine Überforderung entsteht und der Verbraucher bequem, ohne viel Aufwand und mit Freude sein Anliegen lösen kann.
Die Fragen stellte VWheute-Korrespondentin Elke Pohl.
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