Mylife-Chef Jens Arndt im Interview: „Der Bedarf an einer qualitativ guten Beratung wird eher noch zunehmen“

Jens Arndt. Quelle: myLife

Wie steht es um die Zukunft der Lebensversicherung und wie wirkt sich Corona auf die Lebensversicherer aus? Im Exklusiv-Interview mit VWheute spricht Jens Arndt, Vorstandsvorsitzender der Mylife Lebensversicherung AG, über das Geschäftsjahr 2019 und die aktuelle Geschäftsentwicklung, die Auswirkungen der Corona-Krise auf Produkte und den Vertrieb sowie seine persönlichen Ziele, die er mit seiner Aufgabe verbindet.

VWheute: Herr Arndt, die myLife Lebensversicherung hat jüngst die Zahlen für das vergangene Jahr veröffentlicht. Was nehmen Sie mit aus dem Jahr 2019?

Jens Arndt: 2019 war für Wirtschaft und auch die Börse ein gutes Jahr. Auch wir sind ausgesprochen zufrieden. Der Trend zu fondsgebundenen Versicherungsprodukten ist weiter ungebrochen. Die wiederholt verstärkte Nachfrage kommt uns als Spezialist für solche Produkte zugute. Zudem konnten wir die Vorteile unseres speziellen Geschäftsmodells mit provisionsfreien und kostengünstigen Lebensversicherungen mit hoher Transparenz und Flexibilität voll ausspielen.

Wir können als Nettoversicherer Produkte und Services anbieten, die in dieser Form einzigartig sind. Unsere Kunden schätzen die Transparenz und unsere sehr gut aufgestellte Technik. Ein gutes Beispiel ist die digitale und einfache Verfügbarkeit von Informationen zum tagesaktuellen Rückkaufswert der Policen und zur Entwicklung der darin enthaltenden Fonds.

Positiv stimmt uns auch der Geschäftsverlauf in den ersten Monaten des laufenden Jahres, und dies trotz der wirtschaftlichen Krise durch das Corona-Virus. Wir beobachten, dass unsere Kunden eher nachinvestieren und die Flexibilität unserer Produkte nutzen. Ebenso hilft in dieser Phase einmal mehr die vertrauensvolle Begleitung durch die Honorarberater.

Nach den bereits letzten erfolgreichen Geschäftsjahren konnten wir somit im ersten Halbjahr zum Vorjahresvergleich nochmals um 30 Prozent beim Neugeschäft zulegen.

VWheute: Im Zuge der Corona-Krise wird häufig das Thema Stornohaftung benannt, wenn Kunden aus wirtschaftlichen Gründen ihre Beiträge nicht mehr zahlen können. Wie beurteilen Sie dieses Risiko?

Jens Arndt: Die Stornohaftung betrifft allein den provisionsbasierten Vertrieb. Wenn dort ein Vertrag in den ersten fünf Jahren gekündigt oder beitragsfrei gestellt wird, verliert der Berater einen Teil seiner Provision. Bei Netto-Produkten, die über die Honorarberatung vertrieben werden und dadurch ein ganz anderes Vergütungsmodell haben, ist dies anders geregelt. Der Kunde kann jederzeit flexibel auf wirtschaftliche Rahmenbedingungen reagieren und seinen Vertrag bei uns ohne Stornoverluste für seine Beiträge anpassen.

Eine solche Konstruktion zahlt sich für Kunden und Berater gleichermaßen aus. In der Praxis können der Berater oder der Kunde selbst zudem alles vollständig digital erledigen. Das ist für den Kunden transparent, da er sofort sieht, welche Auswirkungen der reduzierte Beitrag auf seinen Versicherungsvertrag hat. Wir denken, dass in dieser Flexibilität und Transparenz ein wichtiger Grund für die verstärke Nachfrage nach Produkten liegt, bei denen der Kunde selbstbestimmt mit dem Makler seine Anlageform bestimmt.

VWheute: Die Pandemie verändert auch die Kommunikation der Menschen untereinander. War der Versicherungsvertrieb auf das Social Distancing vorbereitet?

Jens Arndt: Mit Blick auf die myLife kann ich ganz klar sagen, ja. Wir wickeln unsere Antragsstrecke und auch die Vertragsverwaltung seit langem mit digitaler Unterstützung ab. Mittlerweile beobachten wir auch bei Maklern und Vermittlern einen großen Umbruch, was die Nutzung digitaler Services angeht. Die Corona-Krise hat hier doch einiges beschleunigt.

Was sich jetzt in der Beratung und im Vertrieb aus der Not heraus entwickelt hat, wird in bestimmtem Umfang auch über die Krise hinaus bleiben. Sicherlich werden Makler und Vermittler wieder persönliche Kundentermine für die Beratung nutzen. Dieser direkte Kontakt zum Kunden ist auch eminent wichtig für die Kundenbindung. Sie werden aber auch merken, dass sie einige Beratungs- und Vertriebsaufgaben schneller und effizienter per Videokonferenz und auf anderen digitalen Kommunikationskanälen erledigen können und dadurch mehr Zeit für die Kundenberatung insgesamt gewinnen.

VWheute: Welche weiteren Entwicklungen erwarten Sie insbesondere durch die zunehmende Digitalisierung für den Versicherungsvertrieb?

Jens Arndt: Die Entwicklung hängt sehr stark von der Art der Versicherung und dem Grad der Komplexität ab. Bei Sachversicherungen sehen wir schon jetzt einen hohen Anteil von digitalisiertem Direktvertrieb. Das sind zumeist standardisierte Produkte, bei denen der Kunde einen Vergleichsrechner bedient und nach der für ihn günstigsten Versicherungsoption sucht. Diese Entwicklung wird sich sicherlich fortsetzen.

Bei Lebensversicherungen verhält es sich etwas anders. Zwar wird dort, wo man ausschließlich mit standardisierten Produkten arbeitet auch hier der Direktvertrieb zunehmen. Doch gerade bei der gegebenen Komplexität innerhalb der drei Schichten der Altersvorsorge, gepaart mit anlagetechnischen, steuerlichen und auch vererbungstechnischen Themen, ist meines Erachtens ein kompetenter und vertrauensvoller Berater nicht wegzudenken.

Hier kann der Berater punkten, denn der überwiegende Teil der Kunden kann und möchte sich auch gar nicht in so komplexe Themenfelder einarbeiten. Es ist wie mit der jährlichen Steuererklärung: Ich mache es selbst oder ich beauftrage einen Experten, der mir die Sicherheit und die Informationen hinsichtlich der ansetzbaren Aufwände gibt, damit ich am Ende mehr Geld zurückerstattet bekomme.

Die Zukunft der Finanzberatung wird ja nicht nur im Zusammenhang mit digitalen Vertriebswegen in der öffentlichen Diskussion schon seit einigen Jahren eher düster gezeichnet. Bei Robo-Beratern für Versicherungslösungen haben wir allerdings bisher nur einige Versuche gesehen, die mehr oder weniger gut funktioniert haben. Ich bin überzeugt, dass der Bedarf an einer qualitativ guten Beratung beim Kunden mehr denn je gegeben ist, und er wird eher noch zunehmen.

VWheute: Herr Arndt, welche ganz persönlichen Ziele haben Sie sich mit der myLife gesetzt?

Jens Arndt: Wir haben derzeit mehr Neugeschäft als noch vor der Krise. Unser Ziel ist es, diesen Vorsprung zu halten, auszubauen und dabei für die myLife auch neue Vertriebswege zu erschließen. Diese Aufgabe gehen wir von Göttingen aus mit einem bestens aufgestellten und motivierten Team an. Ich bin also positiv gestimmt und sehe positiv der Zukunft entgegen.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Tobias Daniel.

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