Signal Iduna schätzt Betriebsschließungspolicen auf Schaden-Faktor 100

Ulrich Leitermann, Vorstandsvorsitzender der Signal Iduna, setzt auch auf Samstagsarbeit. Quelle: Signal Iduna

Als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und Zielgruppenversicherer für Handel, Handwerk fühlt sich die Signal Iduna-Gruppe bei der Regulierung der Schäden aus der Betriebsschließungsversicherung (BSV) nach den Worten ihres Konzernchef Ulrich Leitermann „besonders in die Pflicht genommen“. In der Bilanzkonferenz sagte er: „Wir setzen uns mit jedem Kunden auseinander. Es ist nicht unser Ziel, mit unseren Kunden in Rechtsstreit zu treten“. Oft sei den Kunden aber nicht klar, ob sie eine BSV oder eine Betriebsunterbrechungsversicherung geschlossen hätten.

„Wir erwarten einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag bei den Schäden der Betriebsschließungsversicherung“, sagte Komposit-Vorstand Stefan Kutz. 65 Prozent der Schäden seien im Einvernehmen mit den Kunden bereits erledigt. In dieser Nischensparte bucht die Signal Iduna eigenen Angaben zufolge rund eine halbe Million Euro Prämie. Zur Größe des Marktes gibt es keine Zahlen. Kutz schätzt, dass der Schadenfaktor marktweit 100 Mal so hoch ist wie die Prämie. Nach Einschätzung von Leitermann sind die Entschädigungsfragen in § 56 des Infektionsschutzgesetz nicht abschließend geregelt. Schließlich habe man nicht mit dem Pandemiefall gerechnet. Das müsse nun Konsequenzen für die Zukunft haben.

Nachdem die Gruppe 2019 „große Fortschritte“ bei der Transformation und der Digitalisierung erzielt und beim Umsatz mit einem Plus von 3,1 Prozent auf 5,91 Mrd. Euro „beschleunigt“ gewachsen sei, würgte die Covid-19 Pandemie das Wachstum ab. Laut Leitermann war 2019 eines der erfolgreichsten Vertriebsjahre seit 1999 mit einem „organischen Absatzrekord“ von 398 Mio. Euro Jahresbeitrag (plus 12,6 Prozent). Das Neugeschäft der ersten fünf Monate 2020 liege um elf Prozent unter dem Vorjahreswert, so Leitermann. Ob und wie man die aufholen werde, sei schwer zu prognostizieren. Bis Ende März hatte die Gruppe noch ein Plus von fünf Prozent erzielt. Das Aprilgeschäft brach um ein Viertel ein.

Vision 2023 zahlt sich aus

Vertriebschef Torsten Uhlig berichtete, dass vor allem die Vollversicherung „spürbar“ eingebrochen sei. Dabei hatte die Gruppe 2019 wider dem Branchentrend in der Krankheitskostenvollversicherung 2019 zum vierten Mal in Folge die Zahl der Vollversicherten um 1.574 auf rund 623.000 Personen gesteigert. Jeder zehnte Neukunde versicherte sich 2019 bei den Dortmundern. In der Lebensversicherung profitiere man aktuell von den 2019 neu eingeführten Produkten im Bereich der Berufsunfähigkeit und dies vor allem bei den freien Vertrieben, so Uhlig. Insgesamt verkaufe der Vertrieb vor allem Kompositlösungen. „Es wird mehr im Bestand gearbeitet, also Cross- und Up-Selling.“

Die Transformations- und Digitalisierungsstrategie mit dem Programm VISION2023 zahlt sich nach den Worten von Leitermann bereits aus. Im Vorjahr seien beispielsweise der Außendienst mit gemanagten Geräten versorgt und unternehmensweit das papierlose Arbeiten forciert worden, sodass man beim Lockdown nun binnen einer Woche 80 Prozent der Mitarbeiter „arbeitsfähig und produktiv ins Home-Office“ habe schicken können.

„Der Produktivitätsrückgang ist bisher vergleichsweise gering“, so Leitermann. Für die wirtschaftlich von der Corona-Pandemie betroffenen Kunden legte die Gruppe ein Bündel von Maßnahmen zur Zahlungserleichterung heraus. Mit etwa 25.000 bis 26.000 Kunden sei man über diese Maßnahmen im Gespräch. Der Vorstandschef der Signal Iduna kündigte an, dass die Transformation und Digitalisierung 2020 mit einem zweistelligen Millionenbetrag fortgeführt wird. Unter anderem geht es auch darum agile Arbeitsmethoden unternehmensweit einzuführen.

Im Geschäftsjahres 2019 wuchsen die Komposit-Sparte um 6,1 Prozent auf knapp 1,6 Mrd. Euro, die Krankenversicherung um 2,4 Prozent auf 2,9 Mrd. Euro und die Lebensversicherung trotz hoher planmäßiger Abläufe um 1,1 Prozent auf 1,39 Mrd. Euro. In der Lebensversicherung habe man zudem bewusst auf die Ausweitung des Einmalbeitragsgeschäftes verzichtet. Das Gesamtergebnis verminderte sich um rund sechs Prozent auf 675,2 Mio. Euro. Begründet wird dies im Wesentlichem mit dem planmäßigen Rückgang von außerordentlichen Erträgen in der Lebensversicherung.

Autorin: Monika Lier

2 Kommentare

  • Ridschie Blanko

    Der Versicherungskunde weiß nicht ob er eine BSV oder eine Betriebsunterbrechungsversicherung hat? Das gibt man spätestens jetzt zu? Das ist doch traurig. Weiß der Versicherungskunde von heute überhaupt, ob er einen Betrieb unterhält? Oder stimmt gar die Anmeldung der gewerblichen Tätigkeit mit dem versicherten Risiko überein. Wann hat sich jemand das letzte mal gefragt woher diese Unsicherheiten, offenen Fragen etc. herkommen? Ich bin jetzt erst 30 Jahre in der Branche aktiv unterwegs. Immer beim Kunden. Die Kluft zwischen Anbieter von Versicherungen und Verbrauchern war nie größer als zu dieser Zeit. Und da kommt ein Versicherer um die Ecke und möchte aufklären. Manch ein Versicherer sollte womöglich mit sich selbst klären, ob dieser ein Versicherer oder ein Schaustellergewerbe unterhält. Oder leider das eine oder andere unter erheblichen Realitätsverlust? Gott sei Dank haben wir alle eine Kampfparole: wir schaffen das. Und ich suche jetzt jemanden dem ich den Unterschied zwischen Bausparen und Rechtsschutz erklären darf. Da weiß der Verbraucher oft nicht worin der Unterschied liegt. Guten Abend.

  • Alles eine Frage der Beratungsqualität…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

fünfzehn + eins =