Kritik am Gehaltssystem der Debeka: Wie fair ist die Außendienstvergütung in Coronazeiten?

Hauptsitz der Debeka in Koblenz. Quelle: Debeka

Nutzt die Koblenzer Debeka die Corona-Krise, um ihren Außendienst mittels Verrechnungsgarantie – eine Einkommenssicherheit auf Basis der Vorjahreseinkommen mittels eines zinslosen Darlehens – in ein „ungleiches Abhängigkeitsverhältnis“ zu zwingen? Das wird in einem anonymen, aber authentischen Schreiben behauptet, das VWheute vorliegt. Der führende Krankenversicherer bestreitet die Vorwürfe. Der Ankläger stelle „einen Ausnahmefall dar“, der das „tatsächliche Stimmungsbild“ in der Belegschaft „auch nicht ansatzweise realistisch widerspiegelt.“

Die Debeka setzt im Gegensatz zu vielen anderen Versicherern auf einen angestellten Außendienst. Der Mitarbeiter erhält ein festes Grundeinkommen, unter das er auch in schwierigen Zeit, wie aktuell Corona, nicht fallen kann. Dieser muss sein Gehalt, minus eines Grundbetrages, per Provisionen verdienen. Er kann bei entsprechendem Erfolg ein Vielfaches des Grundgehalts verdienen, aber auch in einen Minusbereich rutschen. Laut Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu liegt die Vergütung des Außendienstes bei der Debeka  alles in allem im Branchendurchschnitt von rund 52.000 Euro jährlich.

Virus trifft Außendienst

In der Coronakrise litten viele Vertreter aus der Branche wegen des Kontaktverbotes. Die Koblenzer offerieren ihrem Außendienst deshalb eine Verrechnungsgarantie – eine Art zinsloses Darlehen. „Mit der Verrechnungsgarantie bieten wir allen Außendienstmitarbeitern, die im vergangenen Jahr über dem gesetzlich geregelten Mindesteinkommen verdient haben, eine Einkommensgarantie auf Basis der Vorjahreseinkommen“, erklärt die Debeka.

Im kritischen Schreiben indes wird bemängelt, dass die gewährte Verrechnungsgarantie innerhalb von 24 Monaten zurückgezahlt werden muss. Im Gegensatz dazu würden die Innendienstmitarbeiter ihr Gehalt weiter fortbezahlt bekommen. Zudem wird moniert, dass freie Vermittler vom Bund Hilfe erhielten, der Debeka-Außendienst dagegen nur ein „Darlehen“ bekäme.

Eigenen Angaben zufolge fürchtet der Kritiker, dass viele Außendienstmitarbeiter die gewährte Verrechnungsgarantie aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation nicht zurückbezahlen könnten. Er glaubt, dass der Versicherer mit der Garantie ein „unverhältnismäßiges hohes Druckmittel“ erhalte, um den Mitarbeiter zu „halten und zu führen“.

Debeka hält an Urlaubszuwendungen fest

Die Koblenzer bewerten den Sachverhalt anders. „Unsere Außendienstmitarbeiter erhalten auch in schwierigen Zeiten ein Mindesteinkommen, das auch bei geringen Provisionserlösen gezahlt wird. Wir richten uns selbstverständlich nach dem Manteltarifvertrag. Er wird in Teilen von uns sogar übererfüllt.“

Das Angebot einer Verrechnungsgarantie sei ein „erster Schritt“, um dem Außendienst die Gewissheit zu geben, „dass er in Zeiten von Corona seinen Lebensunterhalt bestreiten kann“. Zusätzlich zu dem Garantieeinkommen erhalten die Außendienstmitarbeiter die vereinbarten Sonderzahlungen, wie beispielsweise Urlaubszuwendung, erklärt das Unternehmen. „Die Verrechnungsgarantie wird von unseren Vertriebsmitarbeitern sehr gut angenommen und wir erhalten viel positives Feedback.“

Die Debeka erzielt bei Bewertungsportalen von Arbeitgebern wie Kununu oder Glasdoor im Branchenvergleich solide Ergebnisse. Bei knapp 2.000 Bewertungen auf Kununu würden 67 Prozent die Debeka als Arbeitgeber weiterempfehlen.  

Quelle: Kununu

Der Koblenzer Versicherer sieht in seiner Lösung für den Außendienst – „auch im Vergleich zu Mitbewerbern“ – ein „deutlich positives Signal“. Die Basis für alle Handlungen im Unternehmen sei die „genossenschaftlich geprägte Philosophie“, die den Mitarbeitern „selbstverständlich auch in schwierigen Zeiten“ zugutekomme.

Letztlich müssten aber alle Handlungen des Unternehmens „im Sinne unserer Versicherten betriebswirtschaftlich Ziel führend sein“, erklärt man. Das schließe „unbegrenzte Zahlungen ohne Gegenleistung, die sich vielleicht einzelne wünschen, aus“.

Autor: Maximilian Volz