Buffett feiert einsam Jubiläum und will immer noch nicht zukaufen
Am Samstag war für Warren Buffett eigentlich eine große Party geplant. Sein Konglomerat Berkshire Hathaway liefert nicht nur Quartalszahlen, sondern feiert auch das 55. Dienstjubiläum des Star-Investors. Aufgrund der Pandamie findet das Aktionärstreffen dieses Jahr nur via Livestream statt. Alle sind gespannt, was Buffett sagen wird. Die Krise ist für ihn eigentlich der ideale Einstieg zum Investieren und doch hält sich der Value-Strategie überraschend zurück.
Im März waren zahlreiche Unternehmensaktien waren zudem so günstig zu haben wie schon lange nicht mehr. Eigentlich der perfekte Zeitpunkt für Warren Buffett und seine Investmentholding, das Portfolio aufzustocken und die Beteiligung an robusten und wettbewerbsfähigen Unternehmen aufzustocken oder neue Beteiligungen einzugehen. Doch Buffett hielt sich in der Coronakrise bislang zurück – ob mit Äußerungen oder Investmententscheidungen.
Die Cashreserven des Unternehmens betrugen Ende 2019 etwa 125 Mrd. Dollar. Gleichzeitig dürfte auch der Wert seines Portfolios kleiner geworden sein. Berkshires Eisenbahntochter BNSF leidet unter dem eingebrochenen Frachtverkehr. Die Industriesparte Precision Castparts, die unter anderem Komponenten für die Flugzeugbauer herstellt, hat ein Werk am Konzernsitz in Portland, Oregon vorübergehend stillgelegt, weil die Kunden ihre Aufträge reduziert haben.
In der Finanzkrise 2008 hat Buffett noch zugeschlagen – die Beteiligungen an General Electric, Goldman Sachs und der Bank of America waren äußerst lukrativ. Vielleicht glaubt er, dass die Tiefststände an den Märkten immer noch nicht erreicht sind. Immerhin hat sich Buffett von den angeschlagenen Airline-Aktien wie Delta und Southwest im März getrennt.
Buffetts simple Philosophie und sein erstes Geld mit sechs Jahren
Buffetts Credo in wenigen Sätzen: Beachte den Unterschied zwischen Spekulation und Investition, kaufe nur das, was du selber verstehst oder besser das, was du selber konsumierst, sei ängstlich, wenn andere gierig sind und sei gierig, wenn andere ängstlich sind. Dann habe Geduld mit deiner Anlage, kenne deine Stärken und arbeite ausdauernd. Zusammenfassen lässt sich Buffetts Investitionsstil als das Kaufen von Unternehmen mit nachvollziehbaren Geschäftsmodellen zu einem Preis, unter Berücksichtigung einer Sicherheitsmarge, um diese Papiere für immer zu halten.
Buffett würde wohl nie Aktien eines Unternehmens kaufen, wenn er grundsätzlich nicht auch bereit wäre die gesamte Firma zu kaufen oder um es in seinen eigenen Worten auszudrücken: „Ich kaufe unter der Annahme, dass man den Markt morgen schließen kann und ihn für fünf Jahre nicht wieder öffnet.“ Als „Buffettology“ bezeichnen Finanzexperten diesen Investitionsstil, der auf der Fundamentalanalyse seines Lehrmeisters an der New Yorker Columbia University, Benjamin Graham, fußt.
Warren Edward Buffett erblickte am 30. August im Jahre 1930 in Omaha, Nebraska, das Licht der Welt. Sein erstes Geld verdiente er im Alter von sechs Jahren, als er Coca-Cola-Sixpacks für 25 Cent kaufte und die Flaschen einzeln für fünf Cent weiterverkaufte. Damit machte er einen Gewinn von fünf Cent je Sixpack. Mehr Geld verdiente er später als Zeitungsjunge und noch mehr mit der Vermietung von durch ihn selbst restaurierte Flipper-Automaten.
Daneben verkaufte er bereits als Kind gebrauchte Golfbälle. Davon erwarb er, mittlerweile elf Jahre alt, seine ersten drei Aktien, die er für 38,25 US-Dollar erstand, um diese später wiederum für 40 US-Dollar zu verkaufen. Viel zu früh, wie Buffett Jahre später kritisch befand.
Mit 14 Jahren kaufte Buffett von seinem Ersparten für 1.200 US-Dollar eine 16 Hektar große Farm in Omaha, welche er flugs wieder vermietete. Und im Alter von 17 Jahren erwarb er, zusammen mit Freunden, für 350 US-Dollar einen schrottreifen Rolls-Royce, ließ ihn reparieren und vermietete die Luxuskarosse für 35 US-Dollar am Tag weiter. Bei diesen zahlreichen Ausflügen in die unterschiedlichsten Branchen hatte der Jungunternehmer seine ersten Erfahrungen als Investor gesammelt und sich gedacht, was im Kleinen funktioniert, klappt sicher auch im großen Stil.
Nach der High School studierte Warren Buffett von 1947 bis 1949 an der University of Pennsylvania (Wharton Business School). Doch er brach das Wirtschaftsstudium wieder ab, da es ihm seiner Meinung nach kaum etwas brachte. Er war unterfordert und der Meinung, dass er mehr wüsste als die Dozenten, die außerdem ihre jeweiligen Theorien mit zu geringem Tiefgang erklären würden, und nicht ersichtlich wurde, wie er damit Profit machen könnte. Stattdessen setzte er sein Studium an der University Nebraska Ökonomie fort und schloss dieses im Jahr 1950 mit dem Bachelorgrad ab.
Zu dieser Zeit war Buffett 19 Jahre alt. Danach lehrte er an der renommierten New Yorker Columbia University, wo er 1951 den Master in Wirtschaftswissenschaft erwarb. Von 1954 bis 1956 war er an der Wall Street für die Investfirma von Investmentguru Benjamin Grahams tätig. Dort übernahm Buffett die Funktion eines Wertpapieranalysten. Seit 1956 konnte er stets überdurchschnittlich hohe Renditen erwirtschaften und übertraf die führenden Aktienmärkte bei
Weitem. Doch er blieb auch der Firma seines Vaters treu. 1956 gründete er sein eigenes Unternehmen Buffett Partnership Ltd. Freunde und Verwandte hatten dazu 105.000 US-Dollar beigesteuert, während Buffett selbst symbolisch 100Dollar eingezahlt hatte. Da war er gerade einmal 25 Jahre alt.
Berkshire aus einer Textilfabrik in ein Megakonzern umgebaut
Der Investmentpool wuchs im Laufe der kommenden Jahre auf sieben Partnerschaften. Von 1956 bis 1969 hat er dabei ein jährliches Anlageergebnis von durchschnittlich 29,5 Prozent erzielt. Sein Fokus lag auf noch unterbewerteten Aktien. Er hielt sie so lange, bis sich der eigentliche innere Wert in Kurssteigerungen bemerkbar machte. Die Anteile seiner Investmentfirma streute Buffett auf sehr vielfältige Weise, wie beispielsweise seine Engagements bei Gillette, der Washington Post, American Express, Walt Disney und McDonalds zeigten. Von der einstigen Textilfabrik „Berkshire Hathaway“ kaufte Buffett 1962 Aktien für rund 14,86 Dollar pro Stück. Mit der Zeit merkte er allerdings, dass sich der Boom in der Textilwirtschaft abkühlte und die finanzielle Situation der Firma sich nicht spürbar verbesserte.
1964 sicherte ihm deren Geschäftsführer Seabury Stanton mündlich zu, dass die Anteile von Buffett zurückgekauft werden. Einige Wochen später kam das schriftliche Angebot, jedoch für einen viel geringeren Wert als vereinbart. Statt seine Aktien zu verkaufen, übernahm Buffett Berkshire Hathaway vollständig und feuerte Stanton in der Folge. Die Übernahme erwies sich aufgrund der schlechten Lage jedoch als Fehler, den Buffett mit einer Neuausrichtung des Unternehmens korrigierte.
Sukzessive baute der Manager Berkshire Hathaway zur eigenen Investmentholding um, mit Schwerpunkt auf das Versicherungsgeschäft, mit heute rund 80 eigenen Unternehmen sowie vielen weiteren Beteiligungen. Das Unternehmen fuhr dank Buffetts unglaublichem Finanzgeschick jährlich überdurchschnittlich hohe Gewinne ein. Es explodierte förmlich.
2004 belegte Buffett mit 42,9 Milliarden US-Dollar Privatvermögen im Ranking der weltweit reichsten Menschen den zweiten Platz. 2008 wurde diese Liste erneuert und er rangierte mit seinem Vermögen von rund 62 Mrd. US-Dollar auf dem ersten Platz.
Autor: Alexander Kaspar
Ein ausführliches Portrait von Warren Buffett erschien in der Januar-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.