Atradius fürchtet deutlich gestiegenes Forderungsrisiko

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Thomas Cook, PIM Gold oder der Fitnessgeräte-Hersteller Kettler – die jüngsten Firmenpleiten in Deutschland haben für erhebliches Aufsehen gesorgt, auch in der Versicherungsbranche. Dabei könnten die genannten Fälle womöglich nur die Spitze des Eisberges sein. Laut aktuellem Zahlungsbarometer von Atradius ist das Forderungsrisiko in Westeuropa zuletzt deutlich gestiegen.

So nahm auch im regionalen Durchschnitt der Wert der Außenstände, die  Unternehmen als uneinbringlich abschreiben mussten, innerhalb von zwölf Monaten von 1,3 Prozent auf 2,2 Prozent zu. Allerdings haben sich die Unternehmen laut Kreditversicherer auch deutlich häufiger den Risiken eines Zahlungsausfalls ausgesetzt. So gewährten die von Atradius befragten deutschen Unternehmen in den vergangenen Monaten Zahlungsziele bei 59,3 Prozent ihrer Geschäfte.

Ein Jahr zuvor wurde nur bei 24,7 Prozent des Umsatzvolumens die Zahlungsmodalität „auf Rechnung“ vereinbart. Auch in anderen westeuropäischen Ländern ist die Bereitschaft für Lieferantenkredite stark gestiegen. Waren Zahlungsziele in der Region in der Vorjahresstudie nur bei insgesamt 41,4 Prozent des Umsatzes seitens der Lieferanten und Dienstleister akzeptiert worden, stieg der Wert jetzt auf 60,4 Prozent an.

Allerdings haben sich die durchschnittliche Länge der Zahlungsfristen gegenüber der Vorjahresstudie kaum geändert: Bei den befragten deutschen Unternehmen betrug sie zuletzt durchschnittlich 22 Tage (Vorjahresbefragung: 21 Tage), in Westeuropa durchschnittlich 34 Tage (32 Tage).

Auch ihre Abnehmer schauen sich deutsche Unternehmen nach Angaben des Kreditversicherers sehr genau an: 45 Prozent der Firmen hierzulande prüfen die Bonität ihrer Kunden – deutlich mehr als der westeuropäische Durchschnitt (36 Prozent). Gleichzeitig gewähren deutsche Befragungsteilnehmer (36 Prozent) eher Skonto für die vorzeitige Bezahlung von Rechnungen als andere Studienteilnehmer in Westeuropa (21 Prozent) und Osteuropa (18 Prozent).

Bei überfälligen Rechnungen betreiben weitaus mehr deutsche Befragungsteilnehmer (38 Prozent) Mahnaktivitäten (Erinnerungen an ausstehende Rechnungen) als die befragten Unternehmen in Westeuropa (28 Prozent) und Osteuropa (36 Prozent).

„Viele deutsche Unternehmen haben das Abkühlen der Weltwirtschaft in den vergangenen Monaten deutlich zu spüren bekommen und reagiert. Um Umsätze in Zeiten verhaltener Nachfrage zu sichern, gehen sie mehr Risiken ein und gewähren zunehmend Zahlungsziele im härter werdenden Wettbewerb um Aufträge und Kunden. Gleichzeitig geben die höheren Ausfälle aber einen klaren Hinweis darauf, dass die Liquidität ihrer Abnehmer zuletzt gesunken ist. Die Unsicherheiten dürften daher künftig auch weiter zunehmen“, konstatiert Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa von Atradius.

„Die Insolvenzen in Westeuropa steigen bis Ende des Jahres voraussichtlich auf 2,7 Prozent an. Damit ist der Ausblick für Westeuropa deutlich düsterer als zum Beispiel der für Osteuropa, für Nordamerika oder für die Asien-Pazifik-Region. Im kommenden Jahr dürften die westeuropäischen Firmenpleiten noch einmal um 0,7 Prozent steigen. Weiterhin belasten zahlreiche Unsicherheiten das Geschäft der hiesigen Unternehmen, etwa der Handelsstreit mit den USA, die anhaltende Brexit-Unsicherheit oder die Krise in der Automobilindustrie. Häufiger Zahlungsziele zu gewähren kann ein gutes Mittel sein, um in Zeiten sinkender Nachfrage das Geschäft zu sichern. Die Strategie geht jedoch nur auf, wenn die Forderungen richtig abgesichert sind“, ergänzt der Atradius-Manager.

Autor: VW-Redaktion