Branche nimmt Verschiebung von IFRS 17 locker

Q1-Zahlen der Maklerriesen. Andreas Hermsdorf / www.pixelio.de / PIXELIO

Unternehmen hätten auch den bisherigen Termin zur Einführung von IFRS 17 im Jahr 2021 eingehalten, bewerten die Verschiebung um ein Jahr aber als sinnvoll. Im Falle weiterer Verzögerung werden allerdings erhebliche Risiken gesehen. Das zeigt eine Blitzumfrage von Bearing Point. Eine Sorge teilen die Befragten allerdings.

Das International Accounting Standards Board (IASB) hat am 14. November 2018 den Vorschlag für eine Verschiebung des Einführungstermins von IFRS 17 von 2021 auf 2022 angekündigt. Damit einhergehend soll sich auch die Übergangsbestimmung zur erstmaligen Anwendung von IFRS 9 bei Versicherungen um ein Jahr verlängern. Betroffene Versicherungsunternehmen begrüßen die Verschiebung um ein Jahr, wenn auch die Verantwortlichen überwiegend betonen, dass man den bisherigen Einführungstermin gehalten hätte. Die Projekte sollen mit „unverändertem Nachdruck weiterverfolgt“ werden und die zusätzliche Zeit insbesondere „die Qualität der Umstellung steigern“.

Das zeigt eine aktuelle Umfrage, welche die Management- und Technologieberatung Bearing Point in der Woche nach der Bekanntgabe der Verschiebung unter Vertretern der deutschsprachigen Versicherungswirtschaft durchgeführt hat. BearingPoint hat Verantwortliche sowie unmittelbar Beteiligte von IFRS 17-Umsetzungsprojekten bei Erst- und Rückversicherungsunternehmen im Rahmen von Telefoninterviews befragt.

Laut Umfrage sehen die Unternehmen in der Verschiebung überwiegend eine große Chance, zu einer besseren Anwendung von IFRS 17 zu gelangen und offene Fragen bzw. Regelungslücken im Standard zu schließen.

Rolf Meyer, verantwortlicher BearingPoint Partner für Finance & Regulatory im Segment Versicherungen, hebt eine wichtige Erkenntnis aus den Interviews hervor: „Die Versicherer haben aus der Verschiebung von Solvency II gelernt und bekräftigen, dass man die IFRS 17 Umsetzung nicht verzögern oder gar unterbrechen werde. Die betroffenen Unternehmen haben in den vergangenen beiden Jahren die Umsetzung mit höchster Priorität verfolgt. Doch auch wenn sich die Versicherer auf einem guten Weg sehen, räumen manche Befragte ein, dass die eigene Umsetzung nun geordneter erfolgen könne. Einige Unternehmen hadern mit einzelnen Regelungen des Standards und dem Abdeckungsgrad im Markt verfügbarer IT-Lösungen zu dessen Umsetzung.“

Die Verschiebung um ein Jahr begrüßen alle Befragten, IFRS generell und IFRS 17 im Besonderen halten die Befragten weiterhin für den grundsätzlich richtigen Weg. Einige Befragte wiesen auf den zweifelhaften Nutzen und hohe Kosten hin.

Risiken einer weiteren Verschiebung

Sollte es zu einer Verzögerung über das angekündigte Jahr hinauskommen, droht dies sowohl Auswirkungen auf die Projekte der Unternehmen zu haben als auch der gesamten Initiative zu schaden, gaben fast alle Befragten an.

Manche Befragten sehen es noch schwärzer: Wackelt der Umsetzungstermin über das Jahr hinaus, werde das ganze IASB Projekt „Accounting for Insurance Contracts“ wackeln. So könnten dann z.B. US-Vorgaben das Rennen gegenüber Europäischen Regelungen machen.

„Wird mit einer weiteren Verzögerung der Zeitpunkt des Inkrafttretens unsicher, werden Verantwortliche unweigerlich ihr Commitment gegenüber IFRS 17 Projekten verringern,“ formuliert Markus Enk, Senior Manager im Segment Versicherungen bei Bearing Point, seinen Eindruck aus den Gesprächen. „Dies würde umso mehr geschehen, da IFRS 17 Projekte aktuell ganz wesentlich Budget und Kapazitäten binden – nicht selten zu Lasten von Maßnahmen zur Digitalisierung im CFO Bereich.“

Projektbudgets steigen

Im Hinblick auf die Projektbudgets machen alle Befragten die Gleichung auf, dass ein Jahr längere Laufzeit auch unweigerlich Mehrkosten bedeuten wird. Zur Höhe der Kosten gibt es allerding zwei grundsätzlich unterschiedliche Sichtweisen. Die einen gehen von einem Abschluss der Implementierung auf Basis der bisherigen Planung aus (bis 2020) und sehen Mehraufwand hauptsächlich in den Fachbereichen (bspw. besseres Verstehen, Steuerung, Parallelbetrieb, etc.). Das verbinden sie mit eher geringeren Zusatzkosten. Die anderen erwarten letztlich einen unveränderten Projektbetrieb auch im Jahr 2021 und damit entsprechend hohe Kostensteigerungen. Nach Einschätzung von BearingPoint ist auf Basis des aktuellen Fertigstellungsgrades mit zusätzlichem Aufwand zu rechnen – sowohl in der IT als auch in den Fachbereichen.

Über die Umfrage

Befragt wurden Verantwortliche in Finanz- und IT Bereichen, Projektleiter und unmittelbar Projektbeteiligte insbesondere deutscher Versicherungsgruppen, aber auch ausgewählter Unternehmen in Österreich und der Schweiz. In Summe wurden neun verschieden Gruppen befragt. Die Interviews wurden in der Woche nach der Bekanntgabe des Vorschlags zur Verschiebung telefonisch geführt und hierbei fünf Fragen zur Bewertung der Verschiebung und möglichen Konsequenzen gestellt.

Über BearingPoint

BearingPoint ist eine unabhängige Management- und Technologieberatung mit europäischen Wurzeln und globaler Reichweite.

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