Kritischem „Spiegel“-Bericht folgt „Frontal“-Angriff auf PKV und Huk-Coburg

Bildquelle: ZDF/feedmee

Wenn Patienten mit ihren privaten Krankenversicherern (PKV) um die Erstattung medizinischer Leistungen streiten, bewegt das viele Menschen und somit auch die Presse. Nachdem Der Spiegel dazu ausführlich berichtete, lässt das ZDF-Politmagazin Frontal nun die Macht der Bilder sprechen: Es kommen Betroffene zu Wort, die sich von ihren Versicherern hintergangen fühlen. Der PKV-Verband spricht gegenüber dieser Redaktion von „Einzelfällen“. Ein PKV-Experte hat sich den Frontal-Bericht für VWheute angeschaut – und beurteilt die Chancen der Huk-Coburg, von Martina Kräcker die ausgezahlten 21.200 Euro rechtmäßig von ihr zurückzufordern.   

Man habe mit Betroffenen und Anwälten gesprochen, berichten Spiegel und Frontal über ihre jüngsten Recherchen zur Verfasstheit der privaten Krankenversicherung (PKV) in Deutschland. Es sei ein Einblick „in ein System, das mitunter zynisch wirkt“, schreibt der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe (13/2025) und verweist auf Anwälte von PKV-Patienten, die „aufreibende juristische Auseinandersetzungen mit den Konzernen“ zu schildern wussten.  

Nachfolgend beleuchtet VWheute auch den am Dienstagabend ausgestrahlten Frontal-Bericht, der auch in der Mediathek des ZDF abrufbar ist (ab Minute 12:50). In dem gut zehnminütigen Beitrag wird der Fall von Martina Kräcker thematisiert. Auch der Spiegel berichtet ausführlich über ihren Fall. Nach einer schweren Erkrankung und mehreren Operationen gerät sie laut Frontal unerwartet in einen finanziellen Konflikt mit ihrer privaten Krankenversicherung, der Huk-Coburg.

Aber der Reihe nach: Martina Kräcker, eine 60-jährige Dozentin für alternative Tiermedizin, leidet seit Ende 2018 an einer schweren Form der Schuppenflechte, die sich zur sogenannten Psoriasis-Arthropathie entwickelte. Innerhalb weniger Jahre zerstörte die Erkrankung zahlreiche Gelenke und Knochen, sodass sie sich sechs Operationen unterziehen musste.

Infolge der Eingriffe kam es zu der gefürchteten Erkrankung, die als Morbus Sudeck geläufig ist, offiziell aber CRPS heißt. Dabei handelt es sich um eine sensomotorische Krankheit, die nach Operationen auftreten kann. Weder Arzneimittel noch eine stationäre Schmerztherapie brachten Linderung.

In einer Hamburger Praxis für Sport-Orthopädie konnte ihr ein Spezialist schließlich unerwartet helfen, sodass sie heute ihre Hand fast wieder normal bewegen kann. Die Behandlung begann im Juni 2023: „Kältetherapie bei minus 110 Grad, Stoßwellentherapie, Magnetfeldtherapie, Laserakupunktur“, zählt der Spiegel auf. Offenbar mit Erfolg: Nach acht Wochen habe sie keine Schmerzmittel mehr benötigt.

Im Laufe der Monate habe Kräcker 23 Rechnungen eingereicht, die von der Huk-Coburg anstandslos übernommen worden seien. Doch im Dezember 2023 erhielt Kräcker ein Schreiben aus Coburg, in dem erklärt wurde, dass künftige Leistungen daraufhin geprüft werden sollten, „ob und ggf. in welchem Umfang“ der Versicherer künftig zahlen werde, wie der Spiegel schreibt.

Kräcker habe daraufhin Stellungnahmen mehrerer Spezialisten vorgelegt. Wie verlangt, habe sie sich auch bei einem ärztlichen Gutachter vorgestellt. Am Ende habe ein Mediziner, der sie gar nicht zu Gesicht bekommen haben soll, erklärt, dass es keinen Nachweis gebe, „dass die hier jeweils gewählten und oft wechselnden Kombinationen besser wirken als eine der Therapien einzeln“.

Die Huk-Coburg sei daraufhin zu dem Schluss gekommen, dass die Behandlungen medizinisch nicht notwendig seien. Im April vergangenen Jahres schrieb ihr das Unternehmen laut Spiegel, dass sie 21.198,93 Euro zurücküberweisen müsse. Die Zahlungen seien „ohne Rechtsgrundlage“ erfolgt, zitiert das Magazin aus dem Schreiben.

Warum die Versicherung allerdings über Monate hinweg gezahlt habe, will die Huk-Coburg nach Angaben von Spiegel und Frontal nicht beantworten. So habe der Versicherer lediglich erklärt, dass man den gesetzlichen Sorgfaltspflichten nachkomme und medizinisch notwendige Behandlungen erstatte. Zudem hatte ihr der Versicherer angeboten, direkt mit ihrem behandelnden Arzt zu verhandeln. Dafür hätte Kräcker eine Abtretungserklärung unterzeichnen müssen. Doch das wollte sie nicht, auch aus Sorge, dass der Arzt die rund 21.200 Euro von ihr zurückfordern könnte.

„Ich glaube nicht, dass die Huk mit der Rückforderung durchkommt – zumindest nicht in der Größenordnung“

Ein PKV-Experte, der sich den Beitrag auf Anfrage von VWheute angeschaut hatte, kann das Verhalten der Patientin nicht nachvollziehen: „Wenn ich als Versicherter mit dem Rücken zur Wand stehe, weil ein Versicherer 20.000 Euro von mir fordert und der Behandler dazwischen steht – und der wiederum aus Sicht des Versicherers etwas Falsches gemacht hat: Dann gebe ich doch das Ansinnen des Versicherers frei – im Zweifel mit einer limitierten Schweigepflichtentbindung – und sage: Wenn du als Versicherer der Meinung bist, dass etwas nicht korrekt verlaufen sei, dann kläre das bitte mit dem Behandler.“

Nach Ansicht des PKV-Experten kommt es häufig vor, dass Patienten sich nicht trauten, Leistungsabrechnungen ihres Arztes zu hinterfragen. Dabei sei das gerade in der PKV angezeigt – anders als in der GKV, wo der Arzt „automatisch auf dem Bremspedal“ stehe, um von der Kasse nicht in Regress genommen zu werden.

Doch auch der Huk-Coburg macht der PKV-Experte Vorwürfe: „Ich glaube nicht, dass die Huk mit der Rückforderung durchkommt – zumindest nicht in der Größenordnung.“ Zwar fehlten ihm viele Informationen, um sich ein vollständiges Bild über den Fall machen zu können, wie der Experte einräumt, grundsätzlich dürfte ein Versicherer aber nur dann etwas zurückfordern, wenn dieser unter Vorbehalt bezahlt hätte. „Ich habe ja als Versicherer die Möglichkeit, alle Leistungsfragen zu prüfen. Und wenn der Versicherer zahlt, dann darf ich als Kunde nach Treu und Glauben davon ausgehen, dass sich der Versicherer das vorher angeguckt hat“, führt der Fachmann aus.

PKV-Verband moniert, dass zur Verfügung gestellte Informationen in den Medienberichten „unter den Tisch“ gefallen seien

Auch beim PKV-Verband hat man die Berichterstattung von Spiegel und Frontal verfolgt. Gegenüber VWheute verwies ein Sprecher auf eine Stellungnahme des Verbandes, wonach von „Einzelfällen“ die Rede sei, in denen Privatversicherte mit ihren PKV-Unternehmen über die Erstattung medizinischer Leistungen stritten. Einen „Trend zur Kürzung“, den die Magazine daraus herleiten wollten, gebe es nicht.

Schon der Anstieg der PKV-Leistungsausgaben habe in den letzten Jahren belegt, dass die Leistungen an die Versicherten keineswegs gekürzt würden, sondern im Gegenteil stetig zugenommen hätten – allein in den letzten drei Jahren um fast 20 Prozent. Weiter heißt es, dass die Erstattung von Arztrechnungen in aller Regel reibungslos erfolgte, nur in wenigen Einzelfällen komme es zu Beschwerden. Laut Verband werden jedes Jahr mehr als 70 Millionen Rechnungen zur Erstattung eingereicht, 2024 gab es dabei nur in 0,0017 Prozent der Fälle Eingaben beim PKV-Ombudsmann.

Auch die jüngste repräsentative Umfrage des Allensbach-Instituts bei Privatversicherten von Dezember 2024 habe „eine sehr hohe Zufriedenheit mit der eigenen Versicherung in Höhe von 94,6 Prozent“ ergeben. Diese Informationen habe der PKV-Verband den Magazinen auf Anfrage auch übermittelt – im Bericht seien diese aber „unter den Tisch“ gefallen.

Zugleich erklärte der Verband, dass die Prüfung von Arzt- und Krankenhausrechnungen auf die korrekte Anwendung der Gebührenordnungen sowie die medizinische Notwendigkeit eine Kernaufgabe der privaten Versicherungsunternehmen sei. Diese Leistungsprüfung erfolgt im Interesse des Kollektivs aller Versicherten eines Tarifs. „Denn jede unnötige oder unangemessen teure Leistung ginge letztlich zu deren Lasten, weil sie es mit entsprechend höheren Beiträgen bezahlen müssten“, so die Begründung.

Dass Privatversicherte um ihre Erstattungen kämpfen müssen, ist laut Klaus-Dieter Gorr jedoch kein Einzelfall. Der Chef des Dienstleiters und Beraters Premium Circle hat eine Software zur Analyse von Versicherungsleistungen entwickelt. Auf dieser Basis erstellte Gorr eine Studie, die er Spiegel und Frontal vorab zur Verfügung stellte. Daraus geht hervor, dass selbst die leistungsstärksten Tarife der privaten Versicherer Lücken aufweisen, insbesondere bei Reha-Maßnahmen und psychotherapeutischen Behandlungen.

„Trotz der zahlreichen Mehrleistungen in einzelnen Bereichen – keiner der Tarife bietet als Grundlage alle Leistungen an, die in der GKV selbstverständlich sind“, lautete Gorrs Fazit im Spiegel. Auch im Frontal-Bericht kommt Gorr ausführlich zu Wort, so auch Finanztip-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen. Er rät Privatversicherten zum Abschluss einer Rechtsschutzversicherung. Zudem ist Tenhagen der Ansicht, dass das duale Krankenversicherungssystem in Deutschland grundsätzlich reformbedürftig sei.

Dabei geht die Kritik von Klaus-Dieter Gorr über die aktuelle Studie hinaus, sie ist „grundsätzlicher Natur“, wie das Magazin schreibt. „Das System lädt die privaten Versicherungen zu Willkür ein, wenn sie darüber entscheiden, welche Therapien medizinisch notwendig sind“, wird der Branchenkritiker im Spiegel zitiert. Gorr selbst streitet mit seiner eigenen privaten Versicherung um 45.000 Euro. Es gehe um die Abrechnung zahlreicher Behandlungen nach zwei Operationen, wie es in dem Bericht heißt.

Gorr schlägt einen gesetzlichen Katalog vor, der vorschreibt, welche Leistungen die PKV übernehmen muss, um in allen Punkten mit der GKV zumindest gleichauf zu sein – analog zum sogenannten Basistarif der PKV. „Dort fehlen zwar Annehmlichkeiten wie die schnelle Terminvergabe, aber er umfasst medizinisch notwendige Leistungen“, schreibt der Spiegel.

Zurück zu Martina Kräcker: Eine Sprecherin der Huk-Coburg erklärte am Mittwoch gegenüber VWheute, dass der Versicherer dem „aktuellen Stand“ des Falls nachgeht. Am Donnerstagvormittag hieß es dann aus Coburg, dass sich das Unternehmen nicht weiter zu dem Fall äußern werde.

Autor: Lorenz Klein

3 Kommentare

  • Bezüglich der Kostenübernahmen/ Erstattungen von Leistungen kann ich nicht meckern. Allerdings ist die Beitragsentwicklung für einen Rentner wie mich schlichtweg katastrophal. Nur durch permanente Reduzierungen von Leistungen ist es mir gelungen den Beitrag einigermaßen bezahlbar zu halten. Auch durch die Erhöhung des Selbstbehalts, was selbstredend einer Beitragserhöhung gleichkommt bleibt der monatliche Beitrag gerade noch bezahlbar. Wenn es allerdings zu Beitragserhöhungen kommt wird immer auf einen unabhängigen Gutachter verwiesen. Wer das ist, welche Legitimation dieser hat, bleibt das Geheimnis der PKV.
    Absoluter Hohn war die Beitragserhöhung im Jahr 2025, dieser folgte 2 Tage später ein Schreiben, dass sich mein Selbstbehalt um 50€ erhöhe, damit der monatliche Beitrag stabil gehalten werden kann.
    Es ist unerträglich, dass die Verantwortlichen in Berlin der Willkür der PKV nicht Einhalt gebietet. Auch die PKV’s tragen nicht unerheblich zur Altersarmut bei.

  • Die HUK Coburg fällt immer wieder durch willkürliche Leistungsverweigerungen auf. Bei mir wurden Leistungen der Physiotherapie willkürlich auf einenvon der HUK festgelegten Datz reduziert. In meinem Tarif ist weder eine Selbstbeteiligung, noch eine Leistunhsgrenze festgesetzt.
    Die HUK setzt als Höxhstgrenze einen „ortsüblichen Wert“ an, den sie aber selbst bei Vorstandsbeschwerde nicht erklären kann.

    Nach Reklamation wurde der Satz -ebenso ohne Begründung- für einzelne Therapien erhlht, für andere weiter niedrig gehalten. Ein widersprüchlichrs Vorgehen.

    Die HUK verweigert grundsätzlich bei KG, KG am Gerät, Wärme, manuelle Therapie und Massage eine vertragsgerechte Leistung. Auf der Strecke bleibt der Patient.

    Im Grunde ein chronischer Vorgang für das Bundesaufsichtsamt. Die HUK ist kein zuverlässiger, vertragsgerechter Leistungserbringer und beugt das Recht.

  • Ich habe das gleiche Problem mit der Generali. Krebsoperation und jetzt 2 Jahre danach werden Untersuchungen zu Krebs Marker etc. Abgelehnt mit der pauschale Begründung sind nicht notwendig. Krankenkassen Wechsel ist mit vorerkrankungen nicht möglich und man Ist den Versicherer ausgeliefert. Dazu die satten Beitragserhöhungen. Das System krankt total. Aber wenn die Politiker dann zu den Krankenkasse wechseln darf man sich auch nicht wundern.

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