Assekurata: „2025 wird erneut ein Jahr mit eher schwächeren Gewinnen“

Ein Katastrophenschutzfahrzeug der Johanniter im Hochwasser-Einsatz. (Johanniter Unfall Hilfe e.V/ Johanniter Memmingen)
Der Druck auf die deutschen Schaden- und Unfallversicherer steigt. Hohe Inflation, zunehmende Schadenhäufigkeit und schwache wirtschaftliche Rahmenbedingungen lasten spürbar auf den Unternehmen, berichtet die Ratingagentur Assekurata in einer aktuellen Untersuchung. Mit einem versicherungstechnischen Ergebnis von rund 1,9 Milliarden Euro übertrafen die Versicherer zwar den Vorjahreswert von 1,5 Milliarden Euro. Der Zehnjahresschnitt von rund drei Milliarden Euro wird verfehlt. Im Fokus stehen die Entwicklungen in der Kraftfahrt- und der Wohngebäudeversicherung.
Insbesondere Naturgefahren belasten das Schadenbudget. 2024 mussten Elementarschäden in Höhe von 5,5 Milliarden Euro reguliert werden. Im Jahr zuvor lag der Wert bei 5,4 Milliarden Euro. Die aktuellen Zahlen entsprechen dem Durchschnittsniveau der vergangenen zehn Jahre von rund 5,6 Milliarden Euro.
Assekurata-Geschäftsführer Reiner Will mahnt: „Im Vergleich zum historischen Schadendurchschnitt, der seit Mitte der 1970er-Jahre bei rund 4,5 Milliarden Euro liegt, zeigen sich hier deutlich die Folgen des Klimawandels.“ Die Folge: Versicherer müssen sich „dauerhaft auf häufigere und kostspieligere Schäden durch extreme Wetterereignisse einstellen“.
Die Gesamtausgaben für Schadenleistungen erreichten mit 70,3 Milliarden Euro einen historischen Höchststand. Seit der Ahrtal-Katastrophe 2021 haben sich die Ausgaben für Schäden nicht mehr auf das frühere Niveau eingependelt, erklärt Dennis Wittkamp, Fachkoordinator Schaden-/Unfallversicherung bei Assekurata. Legt man den langfristigen Trend aus der Zeit vor 2021 zugrunde, hätte die Schadenlast 2024 eigentlich um rund 12,9 Milliarden Euro niedriger ausfallen müssen. Stattdessen zeigt sich eine Entwicklung der Schadenaufwendungen, die sich vom langjährigen Trend endgültig entkoppelt hat. „Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, könnten die Schadenaufwendungen bis Ende des Jahrzehnts auf über 85 Milliarden Euro steigen“, warnt Wittkamp. Inwieweit die Branche diese wachsende Belastung allein durch immer neue Beitragsanpassungen ausgleichen kann, bleibe abzuwarten.

Schwankungsrückstellungen fast erschöpft
Die Belastung trifft die Branche an empfindlicher Stelle: Die Rückstellungen zur Stabilisierung der Ergebnisse in belasteten Sparten wie Kraftfahrt und Wohngebäude sind teilweise aufgebraucht. „Bei einer positiven Geschäftsentwicklung würde der notwendige Wiederaufbau dieser Rückstellung die versicherungstechnischen Ergebnisse in den kommenden Jahren eher belasten und mit signifikanten Erfolgsbeiträgen dürfte zunächst nicht zu rechnen sein“, mahnt Wittkamp. „Andererseits würde eine Stärkung der Schwankungsrückstellung die Bonität der Branche insgesamt stärken. Denn der Mittelabfluss in den vergangenen Jahren hat diese spürbar geschwächt.“
Positiv: Auf der Einnahmenseite haben die Versicherer kräftig zugelegt. Die Beitragseinnahmen stiegen deutlich über dem Zehnjahresdurchschnitt von 4,0 Prozent um 7,8 Prozent. „Die Branche hat ihre Zurückhaltung abgelegt und die Prämien in dem erforderlichen Maß angehoben“, kommentiert Will. In Kraftfahrt stiegen die Prämien um 10,9 Prozent und in Wohngebäude um zwölf Prozent.
Dem starken Beitragswachstum steht ein nur schwaches Vertragswachstum gegenüber. „Die wirtschaftliche Unsicherheit wirkt sich weiterhin auf das Verhalten der Verbraucher aus“, erläutert Wittkamp. Insbesondere der Kfz-Markt stagniert: „Die Zahl der Kfz-Neuzulassungen und Besitzumschreibungen bleibt niedrig.“ Der Vertragsbestand legte nur um 0,5 Prozent zu – deutlich unter dem Langfristtrend von rund 2,0 Prozent. „Für das kommende Jahr und darüber hinaus sind abermals deutliche Beitragsanpassungen notwendig, um mit der anhaltend hohen Schadendynamik Schritt zu halten und nachhaltig profitabel zu bleiben“, prognostiziert der Fachmann. Im Fokus bleiben die Sparten Kraftfahrt und Wohngebäude.
„Viele Wohngebäudeversicherer haben ihre Beiträge zum Jahresbeginn 2025 über die üblichen Indexanpassungen hinaus erhöht – ein klares Zeichen für den wachsenden Ertragsdruck und den Willen, die Sparte dauerhaft profitabel aufzustellen“, sagt Wittkamp. Spannend werde die Entwicklung in der Kraftfahrtversicherung. Die deutlichen Prämienanpassungen im Jahr 2024 hätten sich bereits positiv ausgewirkt und einige Anbieter wieder in die Gewinnzone gebracht.
„In diesem Jahr wollen noch weitere Versicherer den Turnaround schaffen“, ordnet Will ein. „Zum Jahresende wird sich zeigen, inwieweit diese positive Entwicklung einigen Versicherern wieder größere Handlungsspielräume bei der Ergebnis- und Prämiengestaltung gibt, denn unverändert läuft der Wettbewerb und damit auch das Wechselgeschäft über die Höhe der Prämien.“
Pflichtversicherung gegen Elementarschäden rückt näher
Mit Spannung blickt die Branche auf die politischen Pläne zur Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. „Dass nun endlich Bewegung in dieses Thema kommt, ist grundsätzlich ein positives Signal“, glaubt Wittkamp. Bei der konkreten Ausgestaltung bestehen offene Punkte: „Herausfordernd bleibt die Frage, wie Versicherer dauerhaft bezahlbare und risikogerechte Prämien anbieten können. Eine Pflicht zur Versicherung für alle Gebäude könnte die Branche überfordern.“
Hohe Selbstbehalte entlasten kurzfristig, „ständen aber im Widerspruch zum Ziel, Hauseigentümer vor finanzieller Überforderung zu schützen“. Staatlich gestützte Rückversicherungslösungen könnten Abhilfe schaffen. „Staatliche Rückversicherungslösungen – etwa nach französischem Vorbild – bieten hier eine zweckmäßige Ergänzung, ebenso ein solidarisch finanzierter Beitragszuschlag für alle“, zeigt sich Wittkamp überzeugt.
Auch regulatorische Maßnahmen könnten zu mehr Resilienz beitragen. Assekurata-Geschäftsführer Will begrüßt etwa die geplanten Anpassungen im Baurecht: „Baustopps in Überschwemmungsgebieten sind ein wichtiger Schritt. Weitere Empfehlungen aus dem GDV-Leitfaden Build Back Better – wie der Einsatz wasserresistenter Baustoffe oder der Einbau von Rückstauklappen – sollten folgen.“
Keine Trendwende in Sicht
Assekurata sieht die Branche insgesamt vor anhaltenden strukturellen Herausforderungen. Die Schadeninflation dürfte das beherrschende Thema bleiben. „Aus heutiger Sicht wird 2025, abgesehen von möglichen Elementarereignissen, erneut ein Jahr mit eher schwächeren Gewinnen“, ist sich Wittkamp sicher. Der Kostendruck bleibt hoch. „Unabhängig davon, wie viele Schäden tatsächlich auftreten, treibt die Inflation die Kosten für Reparaturen, Ersatzteile und Dienstleistungen weiter nach oben – oder hält sie zumindest auf hohem Niveau.“ Auch auf der Nachfrageseite sei keine Belebung zu erwarten: „Bedingt durch die konjunkturelle Lage dürfte auch das Vertragswachstum in den nächsten Jahren eher unterdurchschnittlich ausfallen.“
Autor: VW-Redaktion