Nach Fundamental-Kritik an Signal Iduna: Exklusivvertrieb um Deeskalation bemüht

Ein Konzern, zwei Firmensitze: Die Hamburger Hauptverwaltung der Signal Iduna residiert in direkter Nähe zur Alster, eine weitere Hauptverwaltung ist in Dortmund beheimatet. Quelle: Signal Iduna

In einem Brandbrief hat der Exklusivvertrieb der Signal Iduna dem Versicherer massive Defizite bei Bearbeitungszeiten, Prozessen, Personal und Produkten vorgeworfen. Absender des offenen Briefs, der an den achtköpfigen Konzernvorstand gerichtet ist, ist der Verband Selbstständiger Versicherungskaufleute der Signal Iduna-Gruppe (VSV). Der VSV-Vorstand versucht nun, die hochgeschlagenen Wogen wieder zu glätten.  

Es ist eine lange Mängelliste, die die VSV-Organisationssprecher in ihrem Brief den Konzernverantwortlichen vorhalten. Man könnte auch sagen: Die selbstständigen Versicherungskaufleute haben die Schnauze voll. Schon die Betreffzeile des Alarm-Schreibens hat es in sich: „Gemeinsamer Appell für dringende Maßnahmen zur Bewältigung von Arbeitsrückständen und zur Sicherung unserer Reputation.“

Zuerst hatte das Versicherungsjournal über die brisante Post aus Köln, dem Sitz des Verbands, berichtet. Der offene Brief trudelte am Mittwoch in der Dortmunder Konzernzentrale ein, wie ein Sprecher gegenüber VWheute bestätigte.

Das Credo „Kommunikation statt Konfrontation“, das sich der VSV im Umgang mit der Signal Iduna laut eigener Website auf die Fahne schreibt, scheint dabei aber zumindest in diesem Fall außer Kraft gesetzt worden sein. Das legen jedenfalls Reaktionen aus dem Umfeld des Versicherers nahe. Natürlich sei das Thema Service ein Dauerthema in der Versicherungswirtschaft, so auch bei der Signal Iduna – trotzdem sei man vom VSV-Brief „inhaltlich doch ein bisschen überrascht“, wie eine Quelle gegenüber VWheute erklärte. So habe erst kürzlich eine VSV-Tagung stattgefunden und dort sei es keinesfalls so brisant zugegangen wie in dem nun vorliegenden Brief. In dem Schreiben klagen die Verfasser unter anderem: „Ihr Exklusivvertrieb ist seit Jahren bemüht, mit höchstem Einsatz, Vertriebserfolge zu erzielen und gleichzeitig die Probleme aus der Hauptverwaltung zu kompensieren. Wir wissen nicht mehr, wie wir das überhaupt leisten sollen oder bewältigen können.“

Als Beispiele werden Rückstände in der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) aufgeführt sowie nicht bearbeitete Krankenversicherungs-Rechnungen und unnötig in die Länge gezogene Schäden. Zudem mahnten die selbstständigen Versicherungskaufleute neue marktfähigere Produkte an wie in der Kranken-Vollversicherung, Unfall- und Cyberversicherung oder der Kfz-Sparte. So schildert es jedenfalls das Versicherungsjournal auf Basis des Schreibens. Eine Anfrage von VWheute, den vermeintlich offenen Brief ebenfalls zu erhalten, lehnte der VSV am Donnerstagabend „nach Rücksprache mit den zuständigen Vorständen unseres Verbandes“ ab. Begründung: „Dieser Brief, verfasst von unseren Organisationssprechern, richtet sich speziell an den Vorstand der Signal Iduna-Gruppe und ist ausschließlich für die interne Öffentlichkeit innerhalb der Signal Iduna-Gruppe sowie unsere Mitglieder bestimmt.“

Von seiner grundsätzlichen Kritik an der knirschenden Zusammenarbeit mit der Hauptverwaltung will der Exklusivvertrieb zwar nicht abrücken, doch die Tonlage ist nun eine ganz andere. Von Dramatik keine Spur mehr. So erklärt der erste Vorsitzende des Verbandes, Thomas Ewering, in einem Statement gegenüber VWheute: „Seit Beginn des Jahres beobachten wir einen signifikanten Anstieg der Schadensmeldungen, ein Trend, der – wie mir Kollegen aus anderen Versicherungsunternehmen berichten – branchenweit zu verzeichnen ist und sich aktuell noch weiter verschärft. Für uns im Exklusivvertrieb stellt dies eine bedeutende Herausforderung dar. Deshalb haben wir auf die Notwendigkeit entlastender Maßnahmen hingewiesen – und begrüßen ausdrücklich die Entscheidung, die Arbeitskapazitäten zu erhöhen sowie die Maßnahmen zur Verbesserung unserer digitalen Dienstleistungen. Wie in der Vergangenheit bewährt, werden wir auch zukünftig in engem Austausch und in operativen Formaten mit den Verantwortlichen des Konzerns zusammenarbeiten, um die bestmöglichen Lösungen zu erarbeiten – zum Wohl unserer Kunden, unseres Exklusivvertriebs und der Signal Iduna-Gruppe!“

Auch der Adressat des Brandbriefes war in seiner Replik sichtlich um Schadensbegrenzung bemüht. In einem Statement an das Versicherungsjournal, das auch VWheute vorliegt, versicherte der Konzern, „den Ärger unserer Vertriebspartner“ zu verstehen, „die ebenfalls einen erheblichen Service-Beitrag zum Beispiel mit Schadenregulierungen vor Ort leisten“. Für die Signal Iduna habe der Kunden- und Vermittlerservice eine „sehr hohe Priorität“. Etwa 75 Prozent der gut 2.900 Außendienstpartner sind im VSV organisiert, wie der Versicherer auf Nachfrage erklärte. Deshalb gebe es seit Anfang des Jahres einen konkreten Aktionsplan zur Verbesserung des Service.

Der Konzern will ab 2024 vier Millionen Euro pro Jahr zusätzlich in die Bearbeitungskapazitäten stecken

Nach der Corona-Pandemie seien die Schadeneingänge deutlich gestiegen, schildert die Pressestelle rückblickend. Als dann deutlich geworden sei, dass es sich nicht um kurzfristige Effekte handele, habe der Vorstand „bereits im Mai 2023 beschlossen, in den Bearbeitungsbereichen 50 neue Stellen zu schaffen und die Unterstützung durch externe Dienstleister zu erhöhen“. Seit einigen Monaten habe sich die Lage allerdings noch einmal erheblich verschärft, weil in der größten Sparte, der privaten Krankenversicherung, eine weitere Steigerung der Rechnungseingänge von über zehn Prozent zu verzeichnen sei. Hinzu kämen, „wie auch in anderen Unternehmen, erhebliche krankheitsbedingte Ausfälle von Mitarbeitenden – die Arbeitsunfähigkeitsquote liegt unternehmensweit doppelt so hoch wie im Vorjahr“. Dabei habe man in den letzten drei Jahren die Dunkelverarbeitungsquote bereits von 25 Prozent auf 50 Prozent gesteigert und so Entlastung für die Mitarbeitenden in der Krankenversicherung geschaffen. Das reiche aber noch nicht aus, um die Arbeitsrückstände nachhaltig abzubauen, wie der Konzern einräumt. Der Vorstand habe darum Anfang dieser Woche beschlossen, „die Bearbeitungskapazitäten noch einmal zu erhöhen“.

Konkret stellt der Versicherer ab 2024 vier Millionen Euro pro Jahr für zusätzliche Bearbeitungskapazitäten bereit, wie die Signal Iduna auf Nachfrage konkretisierte. Zudem habe man mit dem kürzlich erfolgten Relaunch der Kunden-App die digitalen Services noch einmal verbessert. „Alle diese Maßnahmen brauchen aber Zeit, um Wirkung zu entfalten“, räumt der Versicherer ein. Fraglich bleibt, wie viel Zeit dem vorläufigen Burgfrieden zwischen dem Konzern und seinem Exklusivvertrieb beschieden ist. Kurzum: Den Worten müssen zeitnah Taten folgen.

Autor: Lorenz Klein

6 Kommentare

  • Dr. Manfred Hilla

    In der KV dauern Abrechnungen 6 – 7 Wochen, selbst bei leichten Fällen mit 4 Belegen von
    bereits vom Versicherten bezahlten Rechnungen. Eine 25 %ige Beitragserhöhung zum 1.1.24
    erfolgte prompt. Missmanagement und leichtfertige Vergabe von Darlehen führten zur
    Schieflage. Keine Angst, die Bonuszahlungen für erfolgreiches Arbeiten werden gewiss folgen.

  • Ich kann dem Kommentar des Herrn Dr. Manfred Hilla nur beipflichten. Gleiche erfahrene Selbstbeobachtung über die Begleichung von mir bezahlten Rechnungen.
    Dazu dann eine saftige Beitragserhöhung zum 1.1.2024. Habe daraufhin meine KV – Versicherungskonditionen ändern müssen.

    Es bleibt der schale Geschmack von der bewussten Verschleppung von Zahlungen, um die doch erheblichen, versenkten Millionen in der SIGNA Gruppe etwas auszugleichen.

    27.02.2024 Gerd Kühne

  • Henning Göller

    Ich bin in der PKV vollversichert und mit den Leistungen eigentlich zufrieden.
    Aber die Bearbeitungszeit von Rechnungen, ist trotz ständiger Zusagen, dies zu verbessern, eine Katastrophe. Man liegt dort mittlerweile bei 6-7 Wochen.
    Das ist weit über der Zeit, die der Gesetzgeber vorgibt. Wo bitte bleibt hier die BAFIN und tritt denen auf die Füße. Der Zustand ist unhaltbar. Finger weg von dieser Versicherung, solange sich diesbezüglich nichts ändert. Es sei denn, man ist bereit, ständig in Vorleistung zu gehen.

  • Die jüngste Kritik des Exklusivvertriebs an der Signal Iduna verdeutlicht die Spannungen zwischen Vertriebspartnern und Unternehmensführung. Trotz der harten Worte im offenen Brief, in dem Missstände wie Bearbeitungsrückstände und fehlende marktfähige Produkte angeprangert wurden, bemühen sich beide Seiten nun um Deeskalation. Die Signal Iduna reagiert mit konkreten Maßnahmen, darunter die Schaffung neuer Stellen und zusätzliche Investitionen in die Bearbeitungskapazitäten. Doch klar ist: Die angekündigten Verbesserungen müssen schnell greifen, um den Frieden zu wahren.

  • Ich ärgere mich auch schon lange als VN, seit Ewigkeiten dauern „aktuell“ Bearbeitungen von KV-Einreichungen über 4 Wochen, in der letztten Zeit sogar über 6 Wochen. Das letzte Ärgernis: Einem Antrag auf eine A-Contozahlung auf meine eingereichte Zahnersatzrechnung von über 5.000 € wurde nicht beantwortet, die Mahnkosten kann ich nun selbst bezahlen. Telefonische Anfragen landen in verschiedenen Warteschleifen.
    In der Werbung sieht das alles anders aus, wenn ich gefragt würde, könnte ich derzeit meinen Kindern und Freunden nicht zu einem Versicherungsantrag bei Signl-Iduna raten.

  • Finger weg, von Signal IDUNA!
    Ich bin seit fast 27 Jahren versichert und habe die Nase voll! Dringend Maßnahmen ergreifen, bei Überschreitung der Fristen.
    Verzugszinsen z. B. sowie Entschädigung.
    Vorher war das kein Problem, seit fast 3 Jahren ein Fiasko, Beitragserstattungen wurden auch schon verschlafen, ich musste darauf hinweisen. Für mich dubios mittlerweile. Leider!

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