“Mergermania” im Maklergeschäft: Howden steigt auf

Der Aufstieg von Howden geht auf das Jahr 1994 zurück und beweist derzeit, dass der Marktzutritt auch noch neuen Wettbewerbern offensteht. Quelle: mohamed Hassan auf Pixabay

Die weltweite Maklerlandschaft befindet sich in einem ständigen Umbruch. Dies betrifft nicht nur die Versuche der an erster Stelle der Rangliste stehenden Oligopolisten, sondern auch das allmähliche Heranwachsen neuer, den bisherigen Platzhirschen allmählich Paroli bietender Player. Seit 1994 etwa schiebt sich die Howden Group Holdings, bis vor kurzem noch Hyperion Insurance Group, allmählich ins Rampenlicht. Mittlerweile dürfte Position zehn der weltweiten Maklerliste erklommen sein. Geht es nun weiter in Richtung Top Five?

Der Aufstieg von Howden geht auf das Jahr 1994 zurück und beweist derzeit, dass der Marktzutritt auch noch neuen Wettbewerbern offensteht. Er führt über zwei Jahrzehnte der beharrlichen und erfolgreich konsolidierten Akquisitionen. Mittlerweile beschäftigt die Gruppe 8.500 Mitarbeiter, verzeichnet einen Umsatz von einer Mrd. Pfund und verwaltet ein Prämienvolumen von zehn Mrd. Pfund.

Neben den unter der Marke Howden laufenden Makleraktivitäten betreibt die Gruppe auch noch unter der „Dual Brand“ Zeichnungsagenturen, insbesondere für D&O-Deckungen. Immer noch liegen 35 Prozent des Kapitals bei den Mitarbeitern, eine weitere Beteiligung bei der von diesen beherrschten Howden Group Foundation, welche drei Mio. Pfund jährlich für wohltätige Aktivitäten ausgibt.

Schlechter gerankt als Aon und Marsh

Wesentlich finanziert wurde die Expansion der letzten Jahre durch drei institutionelle Investoren: General Atlantic, CDPQ und Hg Capital. Es stehen aber auch noch 1,265 Mrd. Euro an Bonds aus, die 2025 fällig werden und für die LIBOR plus 325 Basispunkte an Zins zu zahlen sind. Das Gruppenrating von Moody’s liegt bei nicht allzu beeindruckenden B2, was einem S&P B entspräche und wohl bedeutet, dass die Howden Group etwas hart am Wind segeln dürfte. Zum Vergleich: Aon und Marsh bringen es auf ein S&P A-.

Chief Executive ist nach wie vor der Mit-Begründer der Gruppe David Howden, der einer britischen Versicherungsdynastie entstammt. Aon hatte 1990 den Makler Alexander Howden und 1997 den Brand im Zuge einer Verschmelzung vom Markt verschwinden lassen. Das Wiederaufleben der beerdigten Marke dürfte Aon nicht mit Freude erfüllen.

Aus der Akquisition von allerlei Kleinvieh lässt sich ein beachtlicher Rennstall konstruieren. Allein 2021 erwarb Howden:

  • Aneco, Oslo, Norwegen, Kaufpreis 35 Mio. Dollar
  • Sarton & Associés,
  • BrokerCenterZürichsee AG,
  • CHB Insurance Brokers, Finland

Mitte Oktober 2021 gesellte sich auch noch der für eine Mrd. Pfund erworbene britische Makler Aston Lark zur Jagdstrecke des Jahres. Veräußerer waren ein von Goldman Sachs verwalteter Investmentfonds sowie die britische Private-Equity-Firma Bowmaker Capital. Allmählich dürfte sich die Frage stellen, wann die Howden Group an die Börsen gehen mag. Die externen Kapitalgeber dürften eine derartige lukrative Exit-Chance erwarten. Ideales Timing wäre wohl nach den anstehenden vielleicht drei Jahren mehr als adäquater Marktprämien und den daraus resultierenden außergewöhnlichen Gewinnen.

Internationaler Maklermarkt in Bewegung

Bekenntnis zum deutschen Markt

Indes hat Howden für die kommenden fünf Jahre in Deutschland eine ambitionierte Wachstumsstrategie verabschiedet. Im Einklang mit seiner übergreifenden europäischen Wachstumsstrategie strebt Howden an, den Umsatz in Deutschland bis 2026 auf mindestens 150 bis 200 Millionen Euro zu verdoppeln. Deutschland ist einer der Kernmärkte von Howden. Die Gruppe ist dort bereits über mehrere Spezialanbieter tätig, die in ihren Bereichen führend sind. Hierzu zählen unter anderem die Makler Hendricks, Euroassekuranz und Howden-Caninenberg. Gemeinsam bilden sie hierzulande den sechstgrößten Versicherungsmakler. „Durch strategische Akquisitionen werden wir unseren Kunden Angebote aus einer Hand bieten und unsere Präsenz vor Ort stärken. Schon heute profitieren unsere Kunden von der Stärke unseres Netzwerks Howden One mit weltweit 20.000 Spezialisten in 90 Ländern”, sagt Holger Schäfer, CEO von Howden Deutschland. Die Wachstumsambitionen von Howden in Deutschland sind Teil der übergreifenden Zielsetzung, Kunden in ganz Europa eine höhere Vielfalt zu bieten. Allein in den vergangenen zwei Monaten hat Howden Übernahmen in der Schweiz (BrokerCenterZürichsee AG), in Belgien (Sarton & Associés), in Estland (CHB Insurance Brokers), in Norwegen (Aneco) und Großbritannien (Aston Lark) bekannt gegeben. Infolgedessen hält der Versicherungsmakler im britischen Heimatmarkt eine führende Position.

Neben Deutschlandchef Holger Schäfer wurden in den vergangenen zwölf Monaten CEOs für die Schweiz und die Niederlande ernannt. Darüber hinaus haben Luigi Sturani und Enrico Nanni ihre Aufgaben als CEO beziehungsweise CCO von Howden Europe angetreten.

Hochpreisphase und Maklergewinne

Da die Maklercourtage meist noch eine prozentuale Funktion der verwalteten Prämien ist, bedeutete eine Periode hoher Marktraten wie die gegenwärtige um vielleicht um 20 Prozent erhöhte Umsätze, denen kaum erhöhte Kosten gegenüberstehen. Damit wird das Geschäft zyklusbedingt besonders profitabel und werden Akquisitionen attraktiv, jedenfalls wenn die Preise dafür nicht ebenfalls davon galoppieren.

Getrieben sind die sich als Kollektiv immer mehr zum Oligopol entwickelnden weltweit größten Makler vom jeweiligen Ziel sich von einer beliebigen, Commodity-Haftung Dienstleistung in Richtung auf eine dauerhafte synergetische Beziehung zu den jeweiligen Zedenten bzw. gewerblichen Kunden zu entwickeln. Hierzu gehören insbesondere die Kunden langfristig einbindende, besser fesselnde Zusatzdienste wie

  • Risikomodellierung
  • Verwaltung von Pensionskassen
  • Verwaltung von Captive-Rückversicherern bzw. cell captives oder captive accounts

Im Vergleich zu Rückversicherern genießen Makler den entscheidenden Vorteil, nicht selber Risikokapital bereithalten und Solvabilitäts-Standards genügen zu müssen. Ihre Ruinwahrscheinlichkeit tendiert daher gegen null. Hiergegen lässt sich argumentieren, dass auch große Erst- und Rückversicherer zunehmend professionell statt eigenes lieber fremdes Risikokapital einsetzen, etwa in Form von Side Cars, nachrangigen Anleihen oder der Begabe von Cat Bonds. Auch wenn sie noch selber als Risikoträger gelten und reguliert werden, nähert sich ihr Geschäftsmodell zunehmend dem von Maklern an. Sie okkupieren überlappende Abschnitte der Assekuranz-Wertschöpfungskette.

Für Makler und Coverholder ist es verlockend, sich in Zeiten mehr als auskömmlicher Prämienraten selber am vermittelten Geschäft zu beteiligen. Howden Group stellt seit diesem Jahr der Rückversicherungs-Tochtergesellschaft Tamesis DUAL Ltd. 84 Mio. Pfund an Risikokapital zur Verfügung, damit diese Anteile am vermittelten Geschäft übernehmen kann.

Zum Wachstum verdammt

Eine ganze Reihe von Gründen spricht für die Bildung immer mächtigerer Maklergruppen, es geht insbesondere um die Erzielung von Skaleneffekten:

  • Weltweites Auftreten unter einem mächtigen Brand statt unter diffusen, z.T. noch mittelständisch geprägten nationalen Brands
  • Fähigkeit ein eigenes Credit-Rating zu erhalten
  • Einkaufsmacht gegenüber der Assekuranz
  • Fähigkeit in leistungsfähige Verwaltungssysteme zu investieren und darüber hinaus auch noch in Risikosimulationssoftwares, die den eigenen Kunden angeboten werden können

Fallstricke bei Akquisitionen

Wachstum geschieht typischerweise nicht nur organisch, sondern auch durch Zukauf bzw. Fusion. Die Frage stellt sich, ob die Integration der dazu erworbenen Einheiten routiniert und reibungslos bewältigt werden wird. Es geht jeweils um die Aspekte IT, Corporate Governance, Corporate Identity im Markt. Entscheidend ist auch, dass die Zukäufe nicht zu unverhältnismäßig hohen Preisen folgen, insbesondere was den Aufpreis auf den Net Asset Value, den Acquisition Goodwill angeht. Allzu viel Goodwill in der Bilanz der Obergesellschaft schwächt deren Kreditwürdigkeit und muss abgeschrieben werden, wenn die Zukäufe nicht die geplanten Ergebnisse bringen und so den Goodwill rechtfertigen.

Der Fall Aon-Willis hat illustriert, dass jedenfalls den größten der Branche, die mittlerweile kritischer gewordenen und vermutlich auch durch Assekuranzkunden in Stellung gebrachten Kartellbehörden der USA und Europas derartiges anorganisches Wachstum nicht mehr zulassen.

Wie teuer es sein kann sich, als bereits etablierter Oligopolist zusätzlich auf Akquisitionspirsch zu begeben, illustriert der Fall Aon-Willis: Nach behördlicherseits erzwungener Absage des Ehebundes musste Aon an Willis eine Mrd. US-Dollar an vertraglich vereinbarter Break-up-Fee bezahlen. Hinzu kamen wohl noch Millionen, die Aon den eigenen Investment-Bankern und Rechtsberatern zahlen musste.  Howden Group hingegen dürften die Kartellbehörden wohl noch einige Jahre lang weitere Akquisitionen durchgehen lassen, durchaus mit dem Zweck für die beiden Platzhirsche ein Gegengewicht im Markt zu schaffen.

Autor: Philipp Thomas/ VW-Redaktion

Ein Kommentar

  • Ob Hg Capital auf diesem Wege in D zweigleisig fährt um kartellrechtliche Vorgaben zu umgehen? Wer weiss..

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