Das nächste große Ding: Wie Innovation Labs zum Wachstumsmotor der Versicherer werden

Innovationen sind mit Risiken verbunden und gerade Versicherer sind eigentlich risioavers. (Quelle: Axa Deutschland)

Neue Ideen sind der Treibstoff, mit dem sich Unternehmen Marktvorteile verschaffen. Auch in der Versicherungsbranche haben die Anbieter die Nase vorn, die es verstehen, Impulse zu setzen und Neues zur Marktreife zu bringen. Um nicht den Anschluss zu verlieren, haben große Player bereits sogenannte Innovation Labs etabliert. Ein Marktüberblick von Stefan Jäger, Managing Consultant bei PPI AG.

Zunächst einmal bedeutet innovationsfähig zu sein auch, sich von bisherigen Herangehensweisen und Ansätzen zu lösen. Dies betrifft etablierte Prozesse ebenso wie den Einsatz von Ressourcen. Das Suchen nach Lösungen muss neu gelernt werden. Ein gängiger Ansatz aus jüngerer Zeit sind Innovation Labs. Zu finden sind sie in nahezu allen Branchen und Sektoren. Die Zielsetzung ist immer die gleiche: Es geht um Wachstum und Potenzial, Geschwindigkeit und kommerziellen Erfolg.

Die Ausprägung der tatsächlichen Arbeit kann unterschiedlich ausfallen. Beim Open-Innovation-Ansatz wird verstärkt mit externen Impulsgebern zusammengearbeitet – also Universitäten, Start-ups oder Innovations-Clustern. Der Closed-Innovation-Ansatz dagegen setzt auf Denkanstöße aus dem Inneren des Unternehmens. Ein Innovation Lab ist in diesem Fall meist als Stabsstelle oder eigenständige Konzerneinheit in die Organisationsstruktur eingebunden. Daneben sind auch hybride Modelle denkbar, die Merkmale beider Ansätze beinhalten.

Um innovationsfähig zu bleiben, haben viele Versicherer Innovation Labs ins Leben gerufen, aber es gibt auch andere Methoden, neue Ideen und Produkte in den Markt zu bringen. Im Folgenden findet sich ein Überblick über 21 Versicherer aus dem deutschsprachigen Raum, der anhand öffentlich zugänglicher Quellen zusammengestellt wurde.

Axa

Im Jahr 2014 entschied sich das Branchenschwergewicht aktiv gegen einen eigenen Inkubator und rief mit dem Global Innovation Campus, einem Netzwerk von Gründern, Managern und Investoren, den Axa Innovation Campus ins Leben. In der Regel wird über Kooperationen mit Start-ups beziehungsweise Gründern gearbeitet, die abseits der Konzernstrukturen die nötigen Freiräume für optimales Arbeiten vorfinden. 2017 wurde nach Paris und Singapur in Köln das bereits dritte Data Innovation Lab der Axa-Gruppe gegründet. Gearbeitet wird in interdisziplinären, inhomogenen Teams aus Data Scientists, Data Engineers, Entwicklern sowie Mitarbeitern aus Konzernentwicklung, Produktmanagement, IT und den Aktuariaten. 

Im Rahmen der „Axa Start-up Night Claims“ präsentierten sechs handverlesene Start-ups der Jury Ansätze, die das Potenzial haben, das Schadenmanagement der Versicherung nachhaltig zu verbessern.

DEVK

Das 2017 gegründete interne Innovation Lab der DEVK nennt sich Zukunftswerkstatt. Hier werden die von der Belegschaft eingereichten kundenzentrierten Ideen weiterbearbeitet. Im ersten Durchlauf wurden über 100 Ideen eingereicht und von über 3.000 Mitarbeitern bewertet. Dieses System wird auch in den folgenden Iterationen beibehalten, bei denen so die jeweils besten drei Ideen durch ein zugehöriges Ad-hoc-Team in einem meist fünftägigen Design-Sprint weiterentwickelt werden. Am Ende steht der Pitch-Day mit der Vorstellung des aktuellen Sachstandes. Das Team führt Feldstudien durch und arbeitet daran, die Idee zum Produkt weiterzutreiben. Besteht Marktpotenzial, erfolgt der Roll-out.

HDI

Das interne Innovation-Management wird seit 2013 durch das hauseigene Best Practice Lab unterstützt. Dieses dient dem Austausch zwischen Organisationseinheiten sowie von Wissen und Innovation. Seit 2017 arbeitet HDI gemeinsam mit wefox in Österreich im Innovation Lab InsurTech wefox zusammen, um unter anderem neue Zielgruppen für sich zu erschließen. Darüber hinaus erfolgten auch Kooperationen als Teil des insurHUB im wavespace Berlin gemeinsam mit ECCLESIA Group, Provinzial NordWest, Die Stuttgarter und Barmenia.

Allianz

Aktivitäten rund um das Thema Innovation können bei der Allianz verschiedene Formen haben, sei es mittels Beteiligungen an Start-ups wie durch die Venture-Capital-Gesellschaft Allianz X oder durch die Ausgründung von spezialisierten Innovation-Centern. So beschäftigt sich das Automotive Innovation-Center seit seiner Gründung 2014 unter anderem mit Connected Cars, E-Mobility, autonomem Fahren und Shared Mobility. Sichtbare Ergebnisse sind Unternehmen wie car2go und EasyMile.

Das Assistance & Open Innovation-Center bearbeitet Themen wie das Internet of Things (IoT) und digitale Risiken, ergänzt durch Forschung zu Künstlicher Intelligenz (KI), Chat- und Voice-Bots sowie Blockchain. Unter dem Namen Allianz Prime wurde hier das Vorreiterprojekt des mobilen Bezahlens im Versicherungswesen entwickelt. Das Travel Innovation-Center beschäftigt sich mit Konzepten für die Digitalisierung des Reiseversicherungsgeschäfts. Erste realisierte Projekte umfassen zum Beispiel eine proaktive Reiseversicherung, die im Fall einer Verspätung bei Reiseantritt automatisch eine Entschädigung an den Kunden auszahlt. Digitale Serviceangebote für Gesundheit und Leben entwickelt das Health Innovation-Center. Ein erster verwirklichter Service ist der Symptomchecker. Der digitale Dienst kann die Gesundheit des Nutzers beurteilen und so potenzielle Krankheiten frühzeitig erkennen. Der Allianz Global Innovation Hub als Teil des risklab unterstützt derartige Vorhaben, beispielsweise durch Recherchen und Analysen.

R+V Versicherung

Das Unternehmen konzentriert sich seit einigen Jahren auf das Thema Kfz-Versicherung beziehungsweise Mobilität. Das 2016 als internes Start-up gegründete Innovation Lab MO14 ging diesen Bereich daher zuerst an. Ein Ergebnis ist das KravagTruck Parking, eine hier entstandene und umgesetzte Produktidee der Kravag Versicherung, die ein Teil der Unternehmensgruppe R+V ist. Das Lab ist in separaten Räumlichkeiten untergebracht, fern des normalen Konzernalltags. Interessant ist die Teamzusammensetzung: jeweils fünf Mitarbeiter aus den Bereichen Versicherungswesen, Marketing, Prozessmodellierung, Banken/Kredit, Kfz-Grundsatzfragen und IT.

Ergo Group

Wie viele andere Start-ups hat sich das Ergo Innovation Lab in den Räumlichkeiten der Factory Berlin niedergelassen. Fünf festangestellte Projektleiter arbeiten gemeinsam mit einer variierenden Zahl von Freelancern oder Agenturpartnern an verschiedenen technologischen Fronten. Es wurde 2013 gegründet und ist seit 2016 Teil von Ergo Digital Ventures, der Digitaleinheit des Versicherungskonzerns. Ideen können alle Mitarbeiter einbringen, sie entstehen aber auch direkt im Lab – ob zu neuen digitalen Produkten (Software Development) oder digitalen Services (Chatbots, Voice-Anwendungen), aber auch bereits existierende Software und Hardware werden für den Einsatz bei Ergo getestet und evaluiert. Beispiele aus den vergangenen Jahren sind: Internet of Things, Smart Home, Smart Wearables, Sturzerkennungsgeräte, Geotracking (Fahrrad-Tracker), Low Power Wide Area Network (LPWAN), mobile Alarmsysteme, Virtual Reality, Open Banking, PSD2, Chatbots, Conversational Systems, Voice Systems, NLP; spezielle Anwendungen für Digitale Nomaden.

Bei der Ergo werden erfolgreiche Projekte direkt an die Fachabteilung übergeben (Beispiel Chatbots) oder es wird als Spin-In eine eigene Einheit gegründet (Team Conversations/Voice).

Lesen Sie den vollständigen Beitrag mit vielen weiteren Innovation Labs in der aktuellen November-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

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