Assekurata ist kritisch für die Lebensversicherer gestimmt

Bildquelle: Geralt /Pixabay

Das Solvency-II-Review und insbesondere die Änderung der Extrapolation der Zinsstrukturkurve dürfte nach Einschätzung der Ratingagentur Assekurata die SCR-Quote beim „ein oder anderen Lebensversicherer um bis zu 100 Prozentpunkte“ drücken. „Die Transformation des Geschäftsmodells ist nötiger denn je“, sagte Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata, bei der Vorstellung des Marktausblicks Lebensversicherung 2021/2022. Er rät den Versicherern, die unternehmensindividuellen Auswirkungen frühzeitig zu analysieren – auch wenn die Trilog-Verhandlungen auf EU-Ebene zur Überarbeitung des Eigenkapitalregimes noch nicht abgeschlossen sind.

Die Analyse der Zielke Research Consult GmbH für den Bund der Versicherten e.V. (BdV) gemachten Studie zu den Solvenzquoten kann Heermann so nicht teilen. In der vor einigen Tagen veröffentlichten Untersuchung hieß es, dass ein Viertel der Gesellschaften „angezählt“ sei und „einige Versicherer die nächsten Jahre nicht überleben“ würden. „Kurzfristig erwarten wir keine Insolvenzen, weil die Unternehmen ihre Zinszusatzreserve nicht stellen oder ihre Solvenzquote nicht erfüllen können. Die Herausforderungen sind eher längerfristig“, so Heermann.

Der Insolvenztatbestand sei nicht an die Solvenzquoten geknüpft. Vielmehr handele es sich bei den SCRs um ein aufsichtsrechtliches Instrument, und es gebe für die Unternehmen „eine breite Klaviatur an Maßnahmen“, um die Geschäftsmodelle anzupassen und die Solvenzsituation zu verbessern. Aktuell geht er wegen der leicht gestiegenen Zinsen sogar von einer Verbesserung der SCR-Quoten aus. Sollten die Zinsen aber weiter sinken, werde sich die Konsolidierung im Markt fortsetzen.

Quelle: Assekurata

Im Hinblick auf das immer noch sehr niedrige Zinsniveau, die Belastung der Anforderungen der Zinszusatzreserve (ZZR) auf die Rohüberschüsse, die Auswirkungen der Absenkung des Höchstrechnungszinses auf Teile der geförderten Altersvorsorge und die Unsicherheit durch anstehende Bundestagswahl schätzt die Kölner Ratingagentur den Ausblick für die Branche „kritisch“ ein. Nach Analyse von Assekurata haben sich die Lebensversicherer aber bisher in der Corona-Krise als robust erwiesen. „Massive Branchen-Verwerfungen sind im Jahr 2020 ausgeblieben“, so Geschäftsführer Reiner Will. Nach einem Rückgang um 0,1 Prozent 2020 erwartet er für 2021 ein Beitragsplus von 0,5 Prozent auf 99,9 Milliarden Euro.

Die Branche werde von der gestiegenen Sparquote und der allgemeinen konjunkturellen Erholung profitieren. Einige Gesellschaften hätten zwar im Hinblick auf die Absenkung des Höchstrechnungszinses auf 0,25 Prozent 2022 „Produkte mit vollständiger Beitragsgarantie aus dem Regal genommen“, aber es sei dennoch mit Schlussverkaufseffekten – „allerdings nicht so wie früher“ – zu rechnen. Die laufenden Beiträge hätten sich in den ersten Monaten 2021 positiv entwickelt.

Für Fondspolicen mit und ohne Garantien sowie Biometrieprodukte äußerten die Unternehmen gegenüber Assekurata positive bzw. sogar sehr positive Geschäftserwartungen. Will betont, dass die Kunden laut einer eigenen Befragung zunehmend darauf achteten, dass ihre Beiträge auch nachhaltig angelegt würden. Mehr als jedem Zweiten seien Nachhaltigkeitsaspekte beim Abschluss wichtig oder sehr wichtig. Ähnlich hoch sei die Wechselbereitschaft zu einem nachhaltigen Versicherer. Geht es allerdings um einen höheren Preis oder eine niedrigere Rendite sinkt die Zustimmung auf ein Viertel.

In ihrem umfangreichen Bericht, der gegen eine Gebühr von netto 750 Euro verkauft wird, berichtet Assekurata über die Entwicklungen in der Kapitalanlage, die Ergebnisse einer Umfrage unter den Assetmanagern, ihren Hochrechnungen zum Geschäftsjahr 2020, die Entwicklung der Zinszusatzreserve und ihrer Belastung auf die Ertragslage.

Autorin: Monika Lier

Ein Kommentar

  • Dr. Andreas Billmeyer

    Es gibt aber natürlich auch Häuser, für die der Solvency II Review sogar einen neutralen bis marginal positiven Einfluss (über die leichte Senkung der Risikomarge) hat. Trotzdem gehen die Vorschläge der EIOPA vollkommen in die falsche Richtung – langfristige höhere Rendite-Erwartung mit Immobilien/Beteiligungen/Aktien wird nach wie vor nicht honoriert!

    Nachhaltigkeit kostet per se eigentlich meist keine Rendite, das ist richtig – aber man kann schon am Markt etwas die Tendenz beobachten, dass es eher die in anderen Kennzahlen schwächeren Häuser sind, die das Thema Nachhaltigkeit besonders in den Vordergrund setzen, auch darauf sollten Kunden achten…

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