GDV: „Die europäische Versicherungsaufsicht Solvency II muss weiter entschlackt werden“

Wolfgang Weiler und Jörg Asmussen. Quelle: GDV - von der Redaktion bearbeitet

Versicherer sind mittendrin und mit dabei: Nachhaltigkeit, Klimawandel, Digitalisierung, demografischer Wandel, Niedrigzins, Pandemien, Cyberattacken, Künstliche Intelligenz, die Verkehrswende. Die Branche, ihr Umfeld und ihre Jobs verändern sich – schneller als jemals zuvor. Ein Gastbeitrag von Wolfgang Weiler und Jörg Asmussen.

Aktuell und langfristig prägen vor allem die Mega-Trends Nachhaltigkeit und Digitalisierung das Versicherungsgeschäft. Der Klimawandel verschwindet während einer Pandemie nicht. Die durch Corona ausgelöste Rezession bietet eine Riesenchance für die grüne Transformation der Wirtschaft. Als einer der größten institutionellen Kapitalanleger sind wir prädestinierte Partner für die Energiewende und Investitionen in nachhaltige Infrastruktur und werden die Debatte um nachhaltige Kapitalanlagen prägen und fördern. Schon deshalb, damit die Folgen des Klimawandels versicherbar und Schäden beherrschbar bleiben.

Bleiben wir bei der Regulierung: Die europäische Versicherungsaufsicht Solvency II muss weiter entschlackt werden. Einfachere Regeln verringern die Komplexität und die Kosten. Versicherer und Aufsicht können sich auf wirklich relevante Risiken konzentrieren, langfristige Investitionen werden erleichtert. Kleine Unternehmen können bereits heute weniger aufwendige Methoden zur Risikoberechnung nutzen als große. Diese Proportionalität ist in Solvency II fest verankert – doch in der Umsetzung gibt es Defizite.

Der digitale Fortschritt wird sich beschleunigen und seine Wirkung auf nahezu alle Lebensbereiche verstärken – damit alle profitieren, brauchen wir passende Rechte für die digitale Welt. Mit neuen Vorschlägen will Brüssel etwa für den Einsatz Künstlicher Intelligenz zusätzliche Anforderungen schaffen: Auch Anwendungen im Versicherungsbereich könnten unter diese Regelungen fallen. Bevor allerdings über neue Vorschriften nachgedacht wird, sollten die bestehenden Vorgaben berücksichtigt werden.

Dies gilt insbesondere für die Versicherungsbranche: Der Rechtsrahmen im Versicherungsbereich bietet bereits ausreichenden Schutz, denn er ist technologieneutral. Big Data, Künstliche Intelligenz, Algorithmen – die Anwendung dieser neuen Technologien ist heute bereits Realität, der rechtliche Rahmen allerdings eine digitalpolitische Baustelle. Damit das gesamte Potenzial ausgeschöpft werden kann, muss aber nicht nur in den Unternehmen technisch aufgerüstet werden. Vielmehr braucht es für das digitale Ganze einen Ordnungsrahmen, der über die Handlungsfelder der Unternehmen und Sektoren hinausgreift.

Last but not least: der demografische Wandel. Die Reform der privaten Altersvorsorge ist auch angesichts chronisch niedriger Zinsen ohne Alternative: Nur ein Drei-Säulen-System aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge ist in der Lage, die Lasten des demografischen Wandels zu tragen und Altersarmut zu vermeiden. Ziel ist ein digital vermarktbares Standardprodukt mit abgesenkten Garantien, besseren Ertragschancen und weniger Kosten. Denn jeder dritte Deutsche würde gerne mehr für das Alter vorsorgen, kann es sich aber nicht leisten und hat selten den vollen Durchblick. Deshalb: Packen wir endlich die geförderte Altersvorsorge an – und schaffen eine digitale Renteninformation über alle drei Säulen.

Autoren: GDV-Präsident Wolfgang Weiler und GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen Juni-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

Ein Kommentar

  • Dr. Andreas Billmeyer

    Sehr treffend dargestellt, es fehlt höchstens noch der Verweis, dass schon jetzt absehbar ist, dass die EU-Regulierungen zum Thema Nachhaltigkeit ebenfalls massiv über das Ziel hinaus schießen und kostenträchtige Bürokratie schaffen!
    Das steht in keiner Relation zum damit zu bezweckenden Effekt…

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