Zurich-Vorständin Petra Riga im Interview: „Wir wollen unsere Kunden gezielter unterstützen“

Petra Riga. Quelle: Zurich Deutschland
Der Industrieversicherungsmarkt hat in den vergangenen Monaten trotz deutlichen Preisanstiegen spürbar gelitten. Im Exklusiv-Interview mit der Versicherungswirtschaft spricht Petra Riga, Vorständin Commercial Insurance der Zurich Gruppe Deutschland, über neue Ansätze zur Risikoprävention und eine stärkere Positionierung im Mid-Market Segment.
VWheute: Frau Riga, Sie sind jetzt seit 2019 in Amt und Würden bei der Zurich Deutschland: Wie fällt Ihre bisherige Bilanz aus?
Petra Riga: Absolut positiv. Im Kreise der Kolleginnen und Kollegen wurde ich sehr freundlich aufgenommen und ich traf auf ein hoch motiviertes, engagiertes und mit viel Fachwissen ausgestattetes Team.
Daneben war der Start ziemlich intensiv, hatte ich doch gleich in der ersten Woche quasi Tag und Nacht gefühlt ausschließlich mit den Folgen der Thomas-Cook-Insolvenz zu tun. Im Nachhinein bin ich jedoch nicht unglücklich über diese besondere Situation. So war mir bewusst geworden, was es bedeutet, in Not geratenen Kunden im entlegenen Ausland ad hoc unsere Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen. Die Zurich Gruppe Deutschland hat hier sehr flexibel und unbürokratisch geholfen und der große Zuspruch hat für die vielen Nachtschichten entschädigt.
Hier hat sich auch gezeigt, dass es die grundsätzliche Stärke von Zurich ist, nah am und im Markt zu sein und zuzupacken, wenn unsere Unterstützung und unser Know-how gefragt ist. Das spiegelt auch meine persönliche Grundhaltung wider: Ich schätze den persönlichen Austausch mit unseren Kunden und Maklern. Das ist mir wichtig und in Corona-Zeiten leider nur virtuell möglich. Corona hat uns aber nicht davon abgehalten erfolgreich zu sein: Wir haben unser Portfolio durch konsistentes Underwriting weiter gestärkt und konnten ein gutes Geschäftsergebnis 2020 präsentieren – und auch mit dem Start 2021 sind wir zufrieden. In diesem Jahr werden wir uns intensiver mit dem weiteren Ausbau unseres Geschäfts im Mittelstand und im internationalen Großkundengeschäft beschäftigen. Da werden wir gebraucht.
VWheute: Der Industrieversicherungsmarkt hat schon bessere Zeiten gesehen. Vor allem Corona wirkt nach Ansicht verschiedener Marktbeobachter wie ein Katalysator. Wie bewerten Sie die aktuellen Marktentwicklungen und wie reagiert die Zurich darauf?
Petra Riga: In der Tat ist es so, dass dieses Segment seit Jahren unter Ertragsschwäche leidet. Wir haben in den letzten zehn Jahren kontinuierlich fallende Preise und gleichzeitig Erweiterungen im Deckungsschutz in der Industrieversicherung gesehen. Insgesamt ist das Prämienniveau aber nicht auskömmlich, um die anfallende Schadenlast zu decken. Daher gehen wir dort, wo erforderlich, je nach Sparte unterschiedlich in den Dialog mit unseren Kunden und Maklern zwecks Anpassung der Konditionen auf Einzelfallbasis, das können auch Preiserhöhungen sein.
VWheute: Werfen wir einen kurzen Blick in die Glaskugel: Mit welchen Entwicklungen rechnen Sie in den kommenden drei bis fünf Jahren auf dem Industrieversicherungsmarkt?
Petra Riga: Der Industrieversicherungsmarkt wird in den kommenden Jahren weiter sehr dynamisch sein, davon gehe ich fest aus. Dabei wird auch der Druck auf die Versicherer weiter ansteigen. Die mittel- und langfristigen Folgen der Corona-Pandemie werden sich auch in diesem und in den kommenden Jahren in den Schadenzahlen spürbar niederschlagen. Wir müssen uns auch darauf einstellen, dass sich die Schäden aus Naturkatastrophen im Zusammenhang mit dem Klimawandel erhöhen. Zu alledem erleben wir aktuell eine deutliche Schadeninflation in D&O und Haftpflicht mit der Zunahme der Klagehäufigkeit und höhere Entschädigungssummen bei zunehmend klägerfreundlichen Urteilen, insbesondere in den USA und Australien. Zudem erhöhen die tiefen Zinsen am Finanzmarkt den Druck auf die Versicherungstechnik und nicht zuletzt steigen die Prämien im Rückversicherungsmarkt weiter an. All dies wird auch in den kommenden Jahren den Markt bestimmen.
Entwicklungen wird es aus meiner Sicht auch im Bereich der Digitalisierung der Industrieversicherung geben. Die Industrieversicherer müssen die Vorzüge der Digitalisierung für sich noch besser nutzen. Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist die große verfügbare Datenmenge, die wir für unser Geschäft und unsere Kunden noch besser einsetzen können. Für uns bedeutet das, dass wir daran arbeiten, Effizienzen durch neue Tools sowie Data & Analytics zu heben, um unsere Kosten weiter zu senken und dies an unsere Kunden weiterzugeben. Gleichzeitig setzen wir auf den Ausbau unseres Produkt- und Servicespektrums, zum Beispiel den Climate Change Resilience Service. Hier analysieren Zurich-Klimarisikoexperten Klimadaten und daraus resultierende zukünftige Klimarisiken in verschiedenen Erwärmungsszenarien auf globaler und regionaler Ebene sowie für Einzelstandorte unserer Kunden und unterstützen sie dabei ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimarisiken nachhaltig zu verbessern.
Dieser Service geht dabei über den reinen Risikotransfer versicherbarer Risiken weit hinaus und bietet Kunden eine maßgeschneiderte Beratung beispielsweise bei der Auswahl eines Grundstücks für den Bau einer neuen Produktionsstätte, der Verbesserung der Widerstandsfähigkeit bestehender Produktionsstätten, Identifizierung der am höchsten exponierten Produktionsstätten oder durch eine Analyse der Lieferanten in ihrer Wertschöpfungskette z.B. im Hinblick auf Abhängigkeiten in klimakritischen Zonen. Dabei helfen wir den Kunden ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu stärken.
Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Tobias Daniel.
Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuellen Mai-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.
