Versicherer als Arbeitgeber: Zwischen Innendienst und Außendienst liegen Welten

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Versicherer punkten mit gutem Krisenmanagement in der Pandemie. Bei der generellen Mitarbeiterzufriedenheit hat die Branche allerdings Nachholbedarf. Der Arbeitsdruck steigt, Mitarbeiter äußern mancherorts das Gefühl, nur noch als Kostenfaktor wahrgenommen zu werden. Beobachtungen aus der Gewerkschaftssicht von Martina Grundler.
Das Krisenmanagement der Versicherer in der Corona-Pandemie wird von vielen Beschäftigten positiv bewertet und hat die Identifikation mit dem eigenen Unternehmen eher gestärkt. Zu Beginn der Pandemie hat die Branche sehr schnell reagiert und die meisten Beschäftigten ins Homeoffice geschickt. Das war ein großer organisatorischer Kraftakt und ist mit Blick auf andere Branchen auch nicht selbstverständlich gewesen. Auch im weiteren Verlauf der Pandemie haben die Unternehmen einen starken Fokus auf den Infektionsschutz der Mitarbeiter gelegt, die Rückkehr an den Arbeitsplatz bei niedrigen Infektionszahlen im vergangenen Sommer wurde vorsichtig und schrittweise vollzogen.
Gute Hygienekonzepte, die Bereitstellung von Masken oder Tests waren in vielen Unternehmen eine Selbstverständlichkeit. Aktuell bereitet sich eine Reihe von Versicherungsunternehmen darauf vor, die Mitarbeiter zu impfen, sobald der Impfstoff zur Verfügung steht. Wer die Diskussionen um Homeoffice-Quoten in anderen Branchen oder auch den politischen Streit um verpflichtende Testangebote durch die Wirtschaft verfolgt, kann das Lob der Versicherungsbeschäftigten für ihre Arbeitgeber gut nachvollziehen.
Auch auf der Ebene der Tarifvertragspartner hat sich dieses umsichtige Handeln widergespiegelt. Der Arbeitgeberverband und ver.di haben zügig einen Tarifvertrag zur Kurzarbeit abgeschlossen, der auf der einen Seite den Unternehmen einen rechtssicheren Rahmen zur Einführung von Kurzarbeit bietet und anderseits von Kurzarbeit betroffene Beschäftigte durch eine tarifliche Aufstockung des Kurzarbeitergeldes sozial absichert. Die Versicherungswirtschaft ist bisher vergleichsweise gut durch die Krise gekommen und dazu hat die Leistungsbereitschaft und das Engagement der Mitarbeiter wesentlich beigetragen.
Wachsender Druck und Überforderung
Die Erfahrungen mit dem Homeoffice werden dazu führen, dass viele Unternehmen auch nach Ende der Pandemie höhere Homeoffice-Quoten umsetzen werden. Davon versprechen sich nicht nur die Unternehmen Vorteile, etwa durch die Einsparung von Büroflächen, sondern das entspricht auch durchaus dem Wunsch vieler Beschäftigter. Wenn sich Homeoffice als dauerhafte Arbeitsform in der Branche etabliert, ist es aber dringend erforderlich, dass verbindliche Rahmenbedingungen zur Umsetzung geschaffen werden. Aus gewerkschaftlicher Sicht gibt es dabei folgende wesentliche Aspekte:
Mobile Arbeit und Homeoffice müssen freiwillig sein. Der Präsenzarbeitsplatz muss weiter vorhanden sein, eine Mischung aus Arbeit im Betrieb und Arbeit zu Hause ist der beste Garant dafür, dass Belastungen, die sich aus dem Homeoffice ergeben können, vermieden werden. Wichtig sind klare und faire, für alle transparente Regeln, etwa bei der Einschätzung der Arbeitsleistung bei mobilem Arbeiten und zu den Grenzen der Erreichbarkeit. Auch die Kostenbeteiligung des Arbeitgebers ist ein wichtiger Punkt.
Die Umsetzung von Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz muss auch im Homeoffice erfolgen. Nach wie vor sind die Arbeitsbedingungen in der deutschen Versicherungsbranche im Vergleich zu vielen anderen Wirtschaftsbereichen vergleichsweise gut. Allerdings gilt das nicht mehr für alle Arbeitnehmer, die Rahmenbedingungen haben sich ausdifferenziert. Ein Mitarbeiter in einer ausgelagerten, tariflosen Servicegesellschaft hat eine völlig andere Arbeitsrealität als der Kollege in der IT-Abteilung eines großen Versicherungsunternehmens.
Der Sachbearbeiter in der Schadenabteilung erlebt seinen Arbeitgeber und die Arbeitsbedingungen anders als ein Kollege, eine Kollegin im angestellten Außendienst. Auch von Unternehmen zu Unternehmen unterscheidet sich die Situation, weil je nach wirtschaftlicher Situation und Kultur des Unternehmens, sich auch der Umgang mit dem eigenen Personal unterscheidet.
Wenn Mitarbeiter den Eindruck haben, bestimmte Beschäftigtengruppen werden vom Management nur noch als Kostenfaktor wahrgenommen, dann sinken die Motivation und Arbeitszufriedenheit deutlich und dann verlieren die Menschen das Vertrauen in ihre Unternehmensleitungen. Wer – auch im Zusammenhang mit Tarifverhandlungen – trotz guter Unternehmensergebnisse bei den Mitarbeitern sparen will, der muss sich nicht wundern, dass die Stimmung sinkt.
Denn hier geht es eben nicht nur um Geld, sondern auch um die Wertschätzung des Beitrages, den Mitarbeiter zum Unternehmenserfolg erbringen, egal ob im Vertrieb, in den operativen Einheiten oder in den Stäben. Die Unternehmen brauchen zur Gestaltung der digitalen Zukunft Personal, das sich mit Engagement auf den Weg in die Zukunft macht. Damit das gelingt, muss man in Mitarbeiter und ihre Zufriedenheit investieren und auch in bewegten Zeiten Sicherheit und Perspektive für alle Beschäftigten schaffen. In der Coronakrise ist das gelungen und das lässt hoffen.
Autorin: Martina Grundler, Bundesfachgruppenleiterin Finanzdienstleistungen ver.di
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der neuen Mai-Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

„Aktuell bereitet sich eine Reihe von Versicherungsunternehmen darauf vor, die Mitarbeiter zu impfen, (…)“
Darüber ist diesen selbst die Entscheidung zu überlassen. Eine Impfung stellt einen massiven Eingriff in die Grundrechte der Mitarbeiter und den objektiven Tatbestand der Körperverletzung i.S. des § 223 StGB dar (hier: durch Verabreichen eines gesundheitsschädlichen, nicht hinreichend erprobten Stoffes mit unbekannten Langzeitfolgen). Allenfalls kann eine Impfung angeboten werden. Jeglicher Zwang, auch indirekt von „oben“ oder durch Kollegen verstößt gegen den Nürnberger Kodex (der nichts mit dem gleichnamigen Versicerungsunternehmen zu tun hat). Zudem würde er auch den Tatbestand des Versuchs i.S. von § 223 Abs. 2 StGB erfüllen.