PKV im Leistungscheck: Wie gut in Pandemiezeiten?

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Wie wird sich das Gesundheitswesen in Deutschland in den kommenden Jahren entwickeln? Welche Treiber werden das Geschehen dominieren? Diesen Fragen geht die Marktstudie „Die Rolle der privaten Krankenversicherung im Gesundheitssystem der Zukunft“ des Unternehmens adesso insurance solutions in Kooperation mit den Versicherungsforen Leipzig nach. Studien zur Entwicklung eines Marktes leiden häufig darunter, dass lediglich eine Innensicht der Beteiligten vermittelt wird. Dieser Problematik geht die vorliegende Erhebung durch ihr Design aus dem Weg. Ein Fachbeitrag von Oliver von Ameln.

Die Corona-Pandemie wird zu den Ereignissen gehören, die sich weltweit in das Gedächtnis graben werden, wie etwa das Attentat am 11. September 2001 oder der Fall der Berliner Mauer. Ihre langfristigen Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben sind derzeit noch nicht abzusehen. Fakt ist, dass kein Gesundheitssystem dieser Welt ausreichend auf die Pandemie vorbereitet war. So bedrückend die weltweite Zahl der Todesopfer von Covid-19 auch ist, lassen die Statistiken doch auch Rückschlüsse darauf zu, welche Gesundheitssysteme stabil erscheinen und schnell auf die Herausforderungen reagiert haben.

Insgesamt ist das deutsche Gesundheitssystem relativ gut durch die Krise gekommen. Dennoch zeigten sich auch hier Schwächen des Gesundheitssystems schnell. Dies betraf gerade zu Beginn die Beschaffung von Schutzausrüstung. Im weiteren Verlauf ergaben sich insbesondere Diskrepanzen bei der Bereitstellung medizinisch geschulten Fachpersonals und von Pflegekräften. Dieser Personalmangel war indes absehbar. „Corona hat dafür gesorgt, dass die Offenbarung, die sowieso gekommen wäre, zwei Jahre früher gekommen ist“, formuliert Andreas Beivers, Professor für Volkswirtschaftslehre und Studiendekan für Gesundheitsökonomie an der Hochschule Fresenius in München. Die demografische Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland führt seit Jahren zwangsläufig zu einer steigenden Nachfrage nach Gesundheitsleistungen in allen Bereichen. Die Zahl der Patienten wächst und ist durch eine multimorbide, alternde Bevölkerung gekennzeichnet. Vor allem im Bereich der Pflege hat sich der Zustand in den vergangenen Jahren noch verschärft.

Doch auch eine weitere bestehende Problematik ist durch die Pandemie stärker in das öffentliche Bewusstsein gedrungen. Deutlich wurden die Defizite in den stets mit zeitlicher Verzögerung erfolgten Meldungen von Neuinfektionszahlen an das Robert-Koch-Institut. Die fehlende Vernetzung der Gesundheitsämter mit den Akteuren des Gesundheitssystems, aber auch untereinander wurde sichtbar. Schnell tauchten auch in Publikumsmedien Berichte auf, die offen die Frage thematisierten, wieso solches Material noch per Fax verschickt werden müsse. Massive Kritik musste auch die Entwicklung der „Corona-Warn-App“ hinnehmen, die wegen der anonymisierten Bereitstellung von Daten letztlich nur sehr bedingt bei der Identifikation von Infektionsclustern tauglich ist. „Datenschutz ist wichtig, kann aber auch die Gesundheitsvorsorge behindern, deshalb ist eine Debatte darüber notwendig“, kritisiert auch Annabritta Biederbick, Vorständin bei der Debeka, die offensichtlich gewordenen Hindernisse, die sich durch den Datenschutz ergeben.

Unter diesem Aspekt hat sich die Coronavirus-Krise als Beschleuniger für negative Entwicklungen erwiesen. Unbestreitbar gab es auch positive Entwicklungen, besonders bei der Digitalisierung des Landes. Mitarbeitende, die im Homeoffice via Video-Conferencing weitergearbeitet haben, und digitale Lösungen von Händlern, die trotz des Lockdowns weiter für die Kunden da sein konnten, sind nur zwei Beispiele aus dem Alltag der Menschen. Auch innerhalb des Gesundheitssystems gab es einen enormen Digitalisierungsschub. Er betraf beispielsweise die Arbeit in den Gesellschaften und der Kommunikation mit den Kunden. Für die Versicherten sichtbare Auswirkungen gab es aber auch bei der digitalen Arztsprechstunde.

Digitale Services im Gesundheitssystem haben an Bedeutung und Akzeptanz gewonnen. „Die Menschen haben durch Corona gelernt, sehr viel stärker mit digitalen Prozessen umzugehen. Das wird auch zukünftig z.B. bei der Nutzung der ePA, so sein“, glaubt Helmut Hofmeier, Vorstandsmitglied im Continentale Versicherungsverbund. Für die PKV ergibt sich so ganz konkret die Aufgabe, die neuen Services in das Leistungsspektrum der PKV-Tarife zu überführen. Doch auch die Politik wird gefordert sein, denn Datenaustausch zwischen den Teilnehmern des Gesundheitssystems geht auch immer einher mit der Angst vor Datenmissbrauch.

Ekkehard Mittelstaedt, Geschäftsführer der MGS Meine-Gesundheit-Services GmbH, sieht dies so: „Die Pandemie hatte auf jeden Fall einen Einfluss auf die Innovationskraft und auf die Bereitschaft, in neue Technologien zu investieren – ich würde mir wünschen, dass wir diesen Schwung mitnehmen und in Europa noch innovationsfreundlicher werden und bürokratische Hürden abbauen.“ Dem Ansehen des Gesundheitssystems bei den Versicherten haben der Ausbruch der Pandemie und der Umgang damit nicht geschadet, wie im Rahmen der Befragung festgestellt wurde.

Trotz aller technologischer Herausforderungen, den Kundenerwartungen und dem Auftauchen neuer Player wie den Insurtechs gehen die befragten Experten nicht davon aus, dass das Gesundheitssystem in den nächsten fünf bis zehn Jahren disruptive Veränderungen sehen wird. Doch gerade auch die Digitalisierung wird letztlich dazu führen, dass die Schnittstellen zwischen den Akteuren wachsen werden.

Autor: Oliver von Ameln, Geschäftsführer der adesso insurance solutions GmbH

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

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