Kapitalmärkte: Warum Versicherer jetzt ihre Anlagestrategien überdenken sollten

Bildquelle: Deutsche Börse

Nachhaltigkeit, soziale Ungleichheit, geopolitische Lage, makropolitisches Umfeld: Corona hat tief greifende Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft erzeugt. Dies dürfte die Kapitalmärkte langfristig prägen. Versicherer, die in ihrer Vermögensaufteilung traditionell stark auf klassische festverzinsliche Anlagen setzen, sollten ihre Anlagestrategien überdenken. Ein Gastbeitrag des Blackrock-Experten Marcus Severin.

In China hat am 12. Februar 2021 das neue Jahr begonnen. Gemäß des chinesischen Kalenders, der nach zwölf Tierkreiszeichen mit jeweils besonderen Eigenschaften gegliedert ist, befinden wir uns im Jahr des Büffels. Das Zeichen des Büffels symbolisiert Wohlstand durch harte Arbeit. Dies lässt sich gewissermaßen auf unsere Sicht auf die Kapitalmärkte in den kommenden Monaten übertragen –- und darauf, was dies für die Anlagestrategien von Versicherern bedeutet: Das Marktumfeld stimmt unsere Experten vom BlackRock Investment Institute (BII) insgesamt zuversichtlich.

Gleichzeitig sieht das BII deutliche Auswirkungen der stärkeren Verzahnung von Geld- und Fiskalpolitik auf strategische Anlageentscheidungen. Zudem entwickelt sich Nachhaltigkeit zum neuen Investmentstandard. Diese Entwicklungen erfordern von Versicherern ein Umdenken, um auch künftig die angestrebten Renditen bzw. laufenden Erträge zu erzielen. Die gute Nachricht in diesem Zusammenhang lautet: Die Branche ist auf dem richtigen Weg.

Die Inflation spielte im vergangenen Jahrzehnt keine wesentliche Rolle. Denn Globalisierung, technologischer Fortschritt und Geldpolitik sorgten dafür, dass sie nach der Finanzkrise auf niedrigem Niveau verharrte. In den letzten Monaten haben sich drei neue mögliche Treiber herauskristallisiert, die zu einer Trendwende führen könnten: steigende globale Produktionskosten, ein neuer geldpolitischer Rahmen und die stärkere Verknüpfung von Geld- und Fiskalpolitik.

Strukturelle Trends gewinnen an Fahrt

Gegenwind für die Globalisierung hatte es schon vor Corona und Donald Trumps China-Politik gegeben. Die Corona-Pandemie dürfte diesen Trend nun spürbar verstärken. Der Grund liegt darin, dass Unternehmen Teile ihrer Lieferketten heimatnäher aufstellen wollen – angesichts der Erfahrung aus dem eingefrorenen Welthandel im Frühjahr 2020. Damals realisierten viele Firmen während des rund acht Wochen dauernden Lockdowns in China und der damit verbundenen Lieferprobleme, dass sie zu stark abhängig von der Fertigung in Fernost geworden waren.

Die Corona-Pandemie verstärkt also die Motive für eine Renationalisierung des Handels – oder zumindest für eine verstärkte Regionalisierung. Dieser Trend dürfte anhalten. Denn mit populistischen Machthabern in einigen Industrieländern und Autokraten in manchen Schwellenländern dürfte die Mein-Land-Zuerst-Politik auch nach der Corona-Krise spielbestimmend bleiben. Damit nehmen geopolitische Veränderungen an Fahrt auf, wie eine neue Weltordnung mit China und den USA an entgegengesetzten Polen sowie eine Neugestaltung der globalen Lieferketten. Der Schwerpunkt wird dabei wohl stärker auf Resilienz und weniger auf Effizienz liegen.

Die Corona-Pandemie wirkt wie ein Katalysator, der bestimmte Trends beschleunigt – etwa die globale Ungleichheit. Generell bedeutet die stärkere Betroffenheit der Entwicklungs- und Schwellenländer durch das Virus, dass der Aufholprozess gegenüber den industrialisierten Ländern Nordamerikas und Europas langsamer wird. Dies gilt insbesondere für Lateinamerika und Asien, zum Beispiel wenn es um die Angleichung beim Pro-Kopf-Einkommen geht. Durch das Virus wird die Kluft zwischen den Staaten also wohl noch größer.

Im Zuge dessen könnte sich China als mächtiger Hybridstaat zwischen den großen Industrie- und Schwellenländern etablieren, der gestärkt aus der Pandemie hervorgeht. Corona wirkt sich auch auf die Geschäftsmodelle von Unternehmen aus. Denn immer mehr Firmen, Regierungen und Investoren verpflichten sich zu Maßnahmen gegen den Klimawandel. Im Kern dieser Verpflichtungen steht die Wirtschaft bis 2050 so umzubauen, dass sie nicht mehr Kohlendioxid ausstößt, als sie der Atmosphäre entzieht. Dieser Wandel hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft ermöglicht, eine widerstandsfähigere Ökonomie aufzubauen, von der mehr Menschen profitieren.

Geht die Assekuranz ihren Weg konsequent weiter, könnte 2021 aus Sicht der Versicherer dem Ruf eines typischen Büffel-Jahres gerecht werden: Die Anpassungen der Anlagestrategien erfordern womöglich eine gewisse Anstrengung. Diese sollte sich jedoch langfristig betrachtet auszahlen.

Autor: Marcus Severin, Leiter des Geschäfts mit Versicherern und Banken in Deutschland, Österreich und Osteuropa bei BlackRock

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Versicherungswirtschaft.

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