Brause stützt Adler – Wie Lemonade’s Börsenstart der DFV hilft

Lemonade und DFV - Rivalen in Deutschland und sich doch so ähnlich.

Die Deutsche Familienversicherung (DFV) und Lemonade verbinden auf den ersten Blick wenig. Doch es gibt Gemeinsamkeiten, es sind junge, digitale Versicherungsunternehmen mit Disruptionspotenzial, die eine prägende Figur an der Spitze haben. Beide nennen sich Insurtechs, stehen am Anfang ihrer Entwicklung und haben an der Börse bisher Erfolg – wenn auch in unterschiedlichem Maße. Massiv nach oben streben beide Häuser.

Der Börsenstart von Lemonade war ein voller Erfolg,  trotz Corona, die Anleger wollten unbedingt ein Teil des New Yorker Versicherers sein.

Quelle: Onvista

Die Anleger prügelten sich beim Börsenstart förmlich um die Lemonade-Aktie, trotz der Corona-Epidemie, vielleicht auch deswegen. Die DFV musste ihren Börsenstart im Jahr 2018 wegen dem schwierigen Kapitalmarktumfeld verschieben, danach lief es, rein am Börsenkurs gemessen, eher durchschnittlich. Der Kurs bewegte sich eher seit- statt aufwärts. Im November 2019 folgte dann ein erster Sprung.

Quelle: Onvista

Das Wertpapier der Frankfurter bewegt sich aktuell um die 25 Euro, dass der New Yorker zwischen 75 und 80 US-Dollar. Eine Einschätzung, die die Analysten des Bankhauses Hauck & Aufhäuser nicht so recht nachvollziehen konnten. Die DFV sei gegenüber Lemonade „signifikant unterbewertet„, letztlich seien beide Firmen „vergleichsweise junge Versicherungsgesellschaften, die den verkrusteten Markt mit viel Technologie aufmischen wollen – und dabei auch noch ähnlich groß sind“, schrieb Börsengeflüster.

Eine Anfrage an Hauck & Aufhäuser bezüglich einer genauen Analyse der Unternehmen endete mit einer Absage, „Studien bzw. Informationen dürften wir ausschließlich an akkreditierte Investoren rausgeben“, erklärte die Bank.

Die Unternehmenssicht

Weniger verschlossen war, wie üblich, der CEO der DFV. Die unterschiedliche Attraktivität der Unternehmen beruhe weniger auf Zahlen als auf unterschiedlichen Bewertungsansichten, erklärt Stefan Knoll.

Mit unterschiedlicher Attraktivität „habe das nichts zu tun“. Lemonade agiere in einem Marktumfeld, das sich „von dem unsrigen fundamental unterscheidet“. In den USA werde unternehmerischer Erfolg nach ganz anderen Maßstäben bewertet als hierzulande. Verlustintensive Wachstumsversprechen werden dort nicht in demselben Maße einer kritischen Prüfung unterzogen wie beispielsweise in Deutschland.“

Neid auf die Amerikaner ist Knoll fremd. „Selbstverständlich freue ich mich über den hervorragenden Börsenstart von Lemonade, auch weil dieser IPO positiv auf die gesamte Insurtech-Branche abstrahlt.“

Der DFV-CEO spricht einen wichtigen Punkt an. Die Aktienanalysten rechneten damit, dass der Börsenstart des US-Unternehmens Lemonade die Unterbewertung der DFV Aktie deutlich machen werde – und hatten recht.

Seit dem Börsenstart der Amerikaner Anfang Juli stieg der Wert der Frankfurter DFV.

Quelle: Onvista

„Der Börsengang von Lemonade hat gezeigt, dass die Bewertung der Deutschen Familienversicherung angesichts der Vielzahl an Erfolgen, die das Unternehmen seit Jahren vermeldet, trotz des jüngsten Aktienhochs noch immer viel zu niedrig angesetzt ist“, erklärt Knoll.

Wo liegt der Gegensatz?

Ein Unterschied der beiden Unternehmen ist, dass Lemonade bereits expandiert ist, Niederlande und Deutschland, die DFV ihre Auslandspläne vorerst einstellte.

Laut Knoll ist das bei der Bewertung unerheblich. „Expansionsvorhaben seien nicht der Grund für die unterschiedliche Performance der beiden Unternehmen an der Börse. Stattdessen wäre auch hier die Verschiedenheit der Märkte der „ausschlaggebende Faktor“.

„Ich hege starke Zweifel daran, dass die Führungsriege von Lemonade während der gesamten Vorbereitung des Börsengangs auch nur einmal kritische Nachfragen zur Profitabilität oder Dividendenfähigkeit ihres Unternehmens beantworten musste“, sagt Knoll. Ihm dagegen würden solche Fragen „jedes Mal gestellt“, wenn er auf einer Konferenz oder Roadshow Gespräche mit Investoren und Analysten führe.

Die Zukunft

Knoll sieht beim Aktienkurs des Unternehmens weiter „Luft nach oben“ und hat damit eine ähnliche Sicht auf sein Haus wie Lemonade-CEO Schreiber auf das seinige. Er will das New Yorker-Unternehmen  zur „Verkörperung des modernen Digitalversicherers“ aufbauen. An Selbstvertrauen mangelt es beiden also CEOs nicht, eine weitere Gemeinsamkeit.

Eine weitere Parallele ist, dass sich beide CEOs über den Börsenerfolg freuen, ihn aber als Realisten nicht überbewerten. „Als CEO habe ich die Entwicklung des Aktienkurses meines Unternehmens selbstverständlich immer genau im Auge. Gleichwohl richten wir unser unternehmerisches Handeln aber nicht an dieser einen Kenngröße aus“, erklärt Knoll. Das Unternehmen fokussiere sich auf die Einhaltung der „ambitionierten Ziele“ und die Umsetzung der anstehenden Großprojekte. „Wenn wir unseren Wachstumskurs fortschreiben und weitere Erfolge vermelden, wird sich das auch positiv auf den Aktienkurs der DFV auswirken.“

Ganz ähnlich äußert sich Schreiber, der nach dem Börseneinstieg erklärte, dass ihn der Kursanstieg „freue“, er sich von kurzfristigen Bewegungen allerdings nicht blenden lasse. Die Errichtung eines modernen und führenden (Digital-) Versicherers würde „Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern“.

Die Kurse der beiden Unternehmen zeigen nach oben, doch die Unterschiede in der Bewertung sind (noch) groß. Die Entwicklung der Häuser ist nicht zuletzt wegen ihrer Disruptionsfähigkeit spannend und erlaubt einen Blick in den Markt von morgen.

Autor: Maximilian Volz

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