Mission China: Was Europäische Spitzenversicherer ins Reich der Mitte treibt

Hongkong. Quelle: Bild von Michael Siebert auf Pixabay

China zählt derzeit zu den wichtigsten Versicherungsmärkten der Zukunft. Mit der zunehmenden Lockerung durch die chinesische Finanzaufsicht streben auch die deutschen Versicherer ins Reich der Mitte. Nun hat auch die Ergo einen wichtigen Schritt in die Volksrepublik getan.

So beteiligt sich der Düsseldorfer Versicherungskonzern im Rahmen einer Kapitalerhöhung mit 24,9 Prozent am chinesischen Schaden- und Unfallversicherer Taishan Property & Casualty Insurance Co. Ltd. Die Ergo ist bereits seit 2005 in China aktiv und legte 2013 den Grundstein für Ergo China Life, ihr Lebensversicherungs-Joint-Venture mit dem staatlichen Unternehmen Shandong Asset Investment Holdings Co, Ltd. 2019 folge die Gründung der regionalen Zentrale Ergo China sowie der Aufbau neuer Geschäftsinitiativen wie etwa der Entwicklungs- und Vertriebspartnerschaft mit Great Wall Motors,

„In unserem globalen Portfolio spielt China eine zentrale Rolle. Taishan Insurance ist ein dynamisches und ambitioniertes Versicherungsunternehmen auf dem chinesischen P&C-Markt, das sein Geschäft mit großer Kompetenz und Entschlossenheit vorantreibt.“

Markus Rieß, Vorstandsvorsitzender der Ergo Group AG

„Die strategische Investition der Ergo Group in Taishan Insurance ist ein starker Einstiegspunkt in den chinesischen P&C-Markt, der unser bereits bestehendes Leben- und Krankenversicherungsgeschäft in China ergänzt. Durch diese Investition haben wir die Möglichkeit, unser Versicherungs-Know-how und unsere globalen Ressourcen mit denen von Taishan Insurance zusammenzuführen und so unsere Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit auf dem chinesischen Markt zu stärken“, begründet Jürgen Schmitz, CEO der Ergo China, das Engagement.

„Wir werden die Taishan Insurance vor allem bei der Einstellung von Fachpersonal, bei der Schulung von Mitarbeitern und dem Aufbau von weiteren Geschäftsfeldern unterstützen“, ergänzt der Versicherungsmanager gegenüber dem Handelsblatt. Zudem erhalte die Ergo „zwei Sitze im Verwaltungsrat und das Recht zur Bestellung des Geschäftsführers und Führung des Managements der Gesellschaft“.

„Die strategische Investition der Ergo Group wird die Möglichkeiten beider Seiten maximieren, um die Entwicklung von Taishan Insurance in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Risikosteuerung weiter voranzutreiben und so zur qualitativ hochwertigen wirtschaftlichen Entwicklung der Provinz Shandong beizutragen“, ergänzt Zhang Bin, Direktor der staatlichen Kommission zur Kontrolle und Verwaltung von Staatsvermögen in Shandong (SASAC).

China als Wachstumsmotor?

Auch für die Allianz zählt das Reich der Mitte schon länger zu den wichtigsten Auslandsmärkten in Übersee. So hat der deutsche Branchenprimus bereits Anfang des Jahres in Schanghai offiziell die Allianz China Insurance Holding an den Start gebracht. Dabei handelt es sich um die erste Versicherungsholding Chinas, die sich vollständig in ausländischem Besitz befindet. Die Lizenzerteilung für den neuen Akteur auf dem chinesischen Versicherungsmarkt hat Signalwirkung für ausländische Player.

Dabei hegt der Asien-Chef des Münchener Versicherungskonzerns durchaus ehrgeizige Pläne: So spreche die Allianz mit den Behörden über eine Asset-Management-Lizenz, die es ihm zunächst erlauben würde, wenigstens die Kapitalanlagen aus dem Versicherungsgeschäft selbst zu verwalten. Bislang benötigte der Versicherer die China Life als Partner, obwohl sie mit Pimco und AllianzGI zwei eigene Vermögensverwalter betreibt. „Die Gespräche sind in einer frühen Phase, aber ich hoffe, dass wir im ersten Halbjahr 2021 loslegen können“, betonte Solmaz Altin jüngst gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

So rechnet der Allianz-Manager in den kommenden Jahren mit zweistelligen Wachstumsraten im Reich der Mitte: „China ist ein Kern unserer Wachstumstrategie. Wir sind dort unterrepräsentiert.“ Nun hofft der Konzern auf weitere Lizenzen im direkten Endkundengeschäft. „Ich bin hoffnungsfroh, dass die Liberalisierung weitergeht“, so Altin. Zu diesem Zweck soll unter anderem auch das Joint Venture mit dem staatlichen Finanzriesen Citic ausgebaut werden.

Swiss Re steigt bei chinesischem Versicherer ein

Vor wenigen Tagen gab auch die Swiss Re ihren Einstieg bei der chinesischen China Pacific Insurance Group (CPIC) bekannt. So übernimmt der Schweizer Rückversicherer 1,5 Prozent aller ausstehenden Aktien des chinesischen Versicherers. Bereits im Vorfeld wurde immer wieder über ein entsprechendes Engagement spekuliert. So vermuteten Marktbeobachter bereits im November 2019, das sich CPIC mit bis zu zwei Mrd. US-Dollar an der Swiss Re beteiligen wolle. Im Gegenzug sollte der Rückversicherer der Welt ein Engagement von bis zu einer Milliarde Dollar an der chinesischen Firma erwägen.

Vor allem ausländische Rückversicherer scheinen der Anziehungskraft des chinesischen Marktes doch nicht entgehen zu können. Und dies trotz vielfältiger Vorwürfe wie etwa der Abschottung der Märkte oder ungleicher Behandlung von ausländischen Gesellschaften. Mehrere ausländische Rückversicherer erhöhen derzeit ihr Kapital.

So etwa die Hannover Re, die bei ihrer Schanghaier Tochtergesellschaft ihr Kapital um 197 Mio. Euro auf 517 Mio. Euro ansteigen lässt. Ebenfalls hat die Swiss Re bei ihrer Niederlassung in Peking das Kapital erhöht. Ende des letzten Jahres hat Gen Re aus Deutschland den Kapitalstock seiner Schanghaier Niederlassung von 37,8 Mio. Euro auf 54,2 Mio. Euro gesteigert.

Derzeit sind ausländische Rückversicherer in China an der Zahl sogar stärker vertreten als die einheimischen Konzerne. Fünf chinesische Rückversicherer und sieben aus dem Ausland kämpfen in Gegenwart um den Marktanteil. Allerdings dominieren die einheimischen immer noch den gesamten Rückversicherungsmarkt.

Im ersten Quartal des laufenden Jahres erwirtschaften die chinesischen insgesamt ein Beitragseinkommen von 3,66 Mrd. Euro, während die Mitbewerber aus dem Ausland ein Beitragsvolumen von 1,9 Mrd. Euro erzielt. Seit 2018 haben die ausländischen jedoch ihren Marktanteil ständig erhöhen können. Betrachtet man nur das erste Quartal der jeweiligen Jahre, kann man 30,67 Prozent in 2018, 33,82 Prozent in 2019 und 34,12 Prozent in 2020 feststellen.

Ping An bleibt die Nummer eins

Im internationalen Vergleich der globalen Branchenplayer steht der chinesische Versicherungskonzern Ping An noch immer an der Spitze der beliebtesten Versicherungsmarken. Laut dem jüngsten Bericht von Brand Finance Insurance könnten die 100 größten Versicherungsunternehmen der Welt einen Markenwert von bis zu 100 Mrd. US-Dollar verlieren. Das bedeutet für die Branche einen potenziellen Markenwertverlust von 20 Prozent. Indes setzt sich Ping An weiter ab. Stärkster Verfolger ist die Münchener Allianz.

Unter den Top Ten der wertvollsten Versicherungsmarken sind allein fünf Unternehmen aus China vertreten. Spitzenreiter ist weiterhin der chinesische Versicherungskonzern Ping An mit einem Marktwert von rund 60,6 Mrd. US-Dollar (plus 20 Prozent). Ebenfalls unter den zehn wertvollsten Versicherungsmarken sind China Life (minus zehn Prozent auf 23,6 Mrd. US-Dollar); AIA (plus 17 Prozent auf 18,2 Mrd. US-Dollar); CPIC (plus 31 Prozent auf 14,0 Mrd. US-Dollar) und PICC (plus 20 Prozent auf 11,0 Mrd. US-Dollar).

Ihr kombinierter Markenwert entspricht laut Studie über 80 Prozent des gesamten chinesischen Markenwerts. Mit einem Markenwert von insgesamt 151,5 Mrd. US-Dollar ist China die Heimat der wertvollsten Versicherungsmarken der Welt. Mit allen zwölf Marken, die auch im Ranking 2019 vertreten sind, zeigt sich die relative Stabilität des Versicherungssektors auf dem chinesischen Markt.

Autor: VW-Redaktion

Ein Kommentar

  • Friedhelm Schnitzler

    Die große Frage und Besorgnis ist natürlich ob es China zulässt dass internationale Konzerne am Ende der Tage Geld verdienen an denen sie nicht selbst weitestgehend beteiligt sind. Klar dürfte sein dass selbst Großkonzerne in China niemals die Zügel in der Hand halten werden. Wenn die Investitionen so kalkuliert sind dass im frühen Stadium der Investition ein angemessener ROI erzielt wird, prima, nachhaltig werden diese Investitionen niemals sein. Manche, auch deutsche Unternehmen haben in China schon viel Lehrgeld bezahlt.

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