Betriebsrat und Anteilseigner im Clinch: Fusionsunruhe bei der Provinzial Nordwest

Betriebsrat und Anteilseigner bei der Provinzial im Clinch. Bild von Ulrike Leone auf Pixabay

Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrat Konzern hat mit „falschen Angaben Unruhe gestiftet“, sagen die Anteilseigner. Der Angegriffene Wilhelm Beckmann spricht gegenüber VWheute von einem „persönlichen Angriff“ und „Beschädigung“. Ihm würden zu Unrecht „Falschaussagen und Populismus“ vorgeworfen. Öffentlich wurde der Streit dadurch, dass ein Brief der Anteilseigner an den Betriebsrat der Presse zugespielt wurde. Willkommen bei der Provinzial-Schlammschlacht.

Eine Fusion ist kompliziert und langwierig, das ist auch beim geplanten Zusammenschluss von Provinzial NordWest und der Provinzial Rheinland so, die zähen Gespräche ziehen sich bereits über zwei Jahre. Vielleicht ist die lange Dauer der Grund, warum die Nerven jetzt blank liegen.

In einem Brief werfen die Anteilseigner dem Betriebsratsvorsitzenden (BR) vor, in einer entscheidenden Phase der Fusion „falsche Informationen zu verbreiten“. Beckmann würde „ohne Sachgrund Unruhe stiften“, wie die Münstersche Zeitung zitiert, der der Brief zugespielt wurde. Der Beschuldigte ist „erstaunt über die Vorwürfe“.

Die Festschreibung ist das Problem

Beckmann habe auf einer Betriebsversammlung die Forderung erhoben, „die Absicherung von Standort- und Arbeitsplatzgarantien in einem Staatsvertrag“ festzuhalten, was rechtlich nicht möglich sei, berichtet die Zeitung. Der Betriebsrat bestreitet das.

„Die Betriebsräte und Arbeitnehmervertreter haben den Anteilseignern der Provinzial NordWest bereits 2018 eine sog. Schutzschrift übergeben, in der mehrere Forderungen zur Wahrung von Beschäftigteninteressen enthalten sind […]“, unter anderem mehrere Forderungen zur Wahrung von Beschäftigteninteressen. Dass er einen neuen Staatsvertrag fordere, sei nicht zutreffend.  

Derzeit bestehe ein Staatsvertrag zwischen NRW und Rheinland-Pfalz über die Provinzial Versicherungen in Düsseldorf, weil diese öffentlich-rechtlich organisiert sind. In diesem Staatsvertrag könnte man im Rahmen der notwendigen Änderungen für die Fusion mit der Provinzial NordWest entsprechende Auflagen zu einem Verkauf bzw. der Entwicklung der Standorte machen, die auf alle von der Fusion betroffenen Unternehmen ausstrahlen, erklärt Beckmann.

Ihm sei es nie um einen neuen Staatsvertrag gegangen, sondern um die Ergänzung des Bestehenden. Die in der Schutzschrift genannten Maßnahmen sollten in den bestehenden Staatsvertrag integriert werden.

Auf die Forderungen des Betriebsrates sei „mehr als ein Jahr nicht eingegangen worden“. Vor wenigen Wochen wäre dann von den Anteilseignern vorgeschlagen worden, „entsprechende Regelungen in die Satzung des fusionierten Konzerns aufzunehmen“. Also die Schutzmechanismen nicht in den Staatsvertrag zu schreiben, sondern in die Satzung des neu entstehenden Unternehmens.

Das lehnt der Betriebsrat ab, da eine Satzung „allein von den Anteilseignern in einer Hauptversammlung wieder geändert werden kann“. Das erzürnt wiederum die Anteilseigner. Es sei falsch und populistisch von Beckmann zu behaupten, die Satzung „biete keinen Schutz“, zitiert die Zeitung.

Überschüsse für alle außer Arbeitnehmer?

Auf einer zusätzlich einberufenen Betriebsversammlung habe Beckmann laut den Anteilseigner neben den genannten Vorwürfen auch von Hinweisen gesprochen, wonach die Eigentümer „Ausschüttungen zu ihren Gunsten“ planten. Das sei falsch.

Der antwortet: „Uns liegen Hinweise vor, dass für die ersten Jahre nach einer Fusion wegen der hohen Fusionskosten nicht mit auskömmlichen Überschüssen gerechnet wird. Gleichwohl sollen Ausschüttungen aus der finanziellen Substanz der Unternehmen vorgenommen werden, die über dem jetzigen Niveau liegen.“

Das würde der BR „äußerst kritisch sehen“, weil die Substanz benötigt wird, um zum einen notwendige Investitionen in die Digitalisierung zu tätigen und um zum anderen die Solvenz der Unternehmen für die anhaltende Niedrigzinsphase zu erhalten.

„Jeder Eingriff in die Kapitalausstattung der Unternehmen lässt uns befürchten, dass am Ende die Beschäftigten die Zeche zahlen müssen, wenn dann Stürme oder andere Großschadenereignisse harte Sparmaßnahmen zur Konsolidierung der Finanzen erfordern sollten“, erklärt Beckmann.

Wie valide die Hinweise sind und ob das besprochene Geld tatsächlich an die Aktionäre ausgeschüttet werden soll, ist von außen nicht zu beurteilen. Es klingt allerdings nicht nach einem Problem, das nicht gelöst werden könnte. Dafür sind allerdings intakte Beziehungen zwischen den Parteien nötig, die durch die Weiterleitung eines eigentlich internen Briefes nicht gestärkt werden.

Es wäre ein Unding, solche Interna presseöffentlich zu machen“, zürnt Beckmann. Offenbar sei demjenigen sehr daran gelegen, „mich als Person öffentlich zu beschädigen“. Er werde „persönlich angegriffen“ und ihm würden „Falschaussagen und Populismus“ unterstellt.

Im Betriebsverfassungsgesetz wird von vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber gesprochen, davon ist die Provinzial derzeit weit entfernt.

Autor: VW-Redaktion

3 Kommentare

  • Solch verallgemeinernde tendenziöse Sätze wie „Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrat Konzern hat mit „falschen Angaben Unruhe gestiftet“, sagen die Aktionäre.“ sagen viel über den Geist der Autoren und die Absicht.

    „Die Aktionäre“ sagen gar nichts, höchstens ein Vertreter der Aktionäre und dieser kann auch nicht alle vertreten. Was logisch ist, führt aber in den Köpfen der Leser nicht sofort zu einer Überprüfung – und das scheint der Autor für sein „Spiel“ zu nutzen.

  • Maximilian Volz

    Danke für den Hinweis, ich wollte Anteilseigner schreiben, nicht Aktionäre. Ich habe es korrigiert. Danke fürs Aufpassen.

  • ich habe beruflich mehrere Zusammenlegungen von VU begleitet . Naturgemäß bangen Betriebsangehörige um den Arbeitsplatz , auch um Verlust von Aufstiegschancen .

    Wir haben niemals nach draußen persönliche Einzelheiten gegeben ! Es ist für den Versicherungsgedanken schlechthin schädlich, was jetzt geschieht .

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