Verdi und Provinzial Nordwest einigen sich auf Tarifvertrag: Kommt nun bald die Fusion?

Sitz der Provinzial in Münster. Quelle: Provinzial Nordwest

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Provinzial Nordwest haben sich auf einen Tarifvertrag für die rund 3.500 Beschäftigten geeinigt. Laut Gewerkschaft reagiere man damit auf die sich ständig ändernden Anforderungen des Versicherungsmarktes und die damit verbundenen Digitalisierungsprozesse. Beobachter sehen darin einen möglichen Schritt hin zur Fusion mit der Provinzial Rheinland.

Demnach sieht der neue Tarifvertrag einen Beschäftigungsschutz für die Angestellten vor. Betriebsbedingte Kündigungen seien demnach bis Juni 2025 ausgeschlossen. Zudem sollen die Standorte Münster, Kiel und Hamburg dauerhaft gesichert werden. Zudem sei ein Outsourcing nur in sehr eng beschriebenen Grenzen überhaupt möglich. In jedem Fall sind negative Auswirkungen für eventuell betroffene Beschäftigte ausgeschlossen, heißt es bei Verdi.

Darüber hinaus sollen die Betriebsräte künftig erweiterte Beteiligungsrechte, insbesondere hinsichtlich der Themen Arbeitnehmerqualifizierung und Wissenstransfer für die Beschäftigten, sowie zum Erhalt bzw. zur Förderung der Gesundheit erhalten. Darüber hinaus sei zu verhandeln, wie die betriebsrätliche Beteiligung bei der Planung, Entscheidung und Umsetzung von betrieblichen Veränderungen auf eine noch breitere Grundlage gestellt werden kann.

Allerdings enthält der neue Tarifvertrag auch einen sogenannten „Fusionsvorbehalt“: Für den Fall einer Fusion oder einer wesentlichen Änderung der Anteilseignerstruktur der Provinzial Nordwest räumt der Tarifvertrag dem Unternehmen ein vorzeitiges Kündigungsrecht dieses Tarifvertrages ein. Dies kann laut Verdi allerdings nur mit einer Frist von einem Jahr frühestens zum Ende Juni 2022 erfolgen.

„Die Beschäftigten der PNW erhalten eine in der Versicherungsbranche einmalige Schutzregelung. Im Gegenzug haben sich ver.di und die betrieblichen Mitbestimmungsgremien verpflichtet, notwendige Veränderungsprozesse in der so geregelten Form aktiv und zügig zu begleiten und zu unterstützen. Eingriffe in die Arbeitsbedingungen sind nicht vorgesehen“, konstatiert Verdi-Verhandlungsführer Frank Fassin.

„Gerade in der Situation des Fusionsprüfungsprozesses ist dieser Tarifvertrag ein hartes Stück Arbeit gewesen, das aber im Ergebnis eine für die gesamte Versicherungswirtschaft wegweisende Vereinbarung ergeben hat“, ergänzt der Gewerkschaftsvertreter.

Ist der Weg nun frei für die Fusion?

Medienberichten zufolge könnte einer Fusion der Provinzial Nordwest mit der Provinzial Rheinland nun wohl nichts mehr im Wege stehen. Insidern zufolge könnte einem Zusammenschluss der beiden öffentlichen Versicherer nun nichts mehr im Wege stehen, berichtet das Handelsblatt. Zudem sollen Wirtschaftsprüfer den beiden Gesellschaften vor wenigen Tagen ein Bewertungsgutachten für die beiden Versicherungskonzerne vorgelegt haben.

Ursprünglich sollte die Fusion der beiden Provinzial-Versicherer bereits im vergangenen Jahr erfolgen. Allerdings hätten sich die Eigentümer – darunter der Sparkassen- und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe – mit ihren Verhandlungspartnern im Rheinland nicht über den Wert der beiden Konzerne einigen können.

Ein weiteres Problem: Gerungen wurde unter anderem auch um die Aufteilung der künftigen Anteile: Während die Rheinländer diese zu gleichen Teilen – also 50 zu 50 – aufsplitten wollen, beharrt man in Münster wohl eher auf 60 zu 40 oder maximal 55 zu 45.

Zudem hatten beide Seiten im Oktober 2018 eine entsprechende Absichtserklärung vorgelegt, welche die Grundlagen und den Fahrplan der Fusion festgelegt hat, die dann rückwirkend zum 1. Januar 2019 vollzogen werden sollte. Ein weiterer Casus Knacktus waren zudem die rund 1.000 Arbeitsplätze.

So hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bereits Widerstand gegen die Pläne angekündigt. Deren Vorwurf damals: Aus der Summe der zusammengetragenen Informationen, lasse sich ablesen, „dass Beschäftigteninteressen offensichtlich keine Rolle spielen“.

Immerhin: Den „Fusionsprozess hätten sich alle Beteiligten etwas flüssiger gewünscht“, konstatierte Wolfgang Breuer, Vorstandsvorsitzender Provinzial Nordwest, jüngst im Exklusivinterview mit VWheute. Ob der jüngste Tarifvertrag nun neue Bewegung in den Fusionsprozess bringt, werden die nächsten Tage und Wochen erweisen.

Autor: VW-Redaktion

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