EU prüft Provisionsverbot – BVK und AfW gehen auf die Barrikaden

Mairead McGuinness ist seit dem 12. Oktober 2020 Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion in der EU-Kommission (Bildquelle: European Union 2015 - European Parliament/ https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/)

Die ewige Debatte um ein Provisionsverbot hat hierzulande viele Nerven unter allen Beteiligten gekostet – Vermittler, Versicherer und Politiker. Nun gibt es konkrete Pläne von EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness, ein EU-weites Provisionsverbot im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie bei der Anlageberatung einzuführen. Nur auf Honorarbasis soll demnach vermittelt werden. Die Verbände BVK und AfW sind in Aufruhr.

Die Fehlanreize für Vermittler auf Provisionsbasis sind bekannt. Sie könnten nicht im besten Interesse der Kunden beraten, sondern empfehlen das Produkt mit der höchsten Provisionsvergütung, so lautet der Vorwurf und so argumentiert erneut die Politik – dieses Mal aus Brüssel. EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness schrieb in einem Brief an den Europaabgeordneten Markus Ferber (CSU), dass das provisionsbasierte Modell möglicherweise nicht die beste Leistung für Kleinanleger liefere. Denn ihnen würden Produkte verkauft, die einer Studie zufolge im Schnitt 35 Prozent teurer seien als andere Angebote. In den Niederlanden und Großbritannien seien die Kosten für Finanzprodukte gefallen, nachdem Provisionen verboten wurden.

Auch die EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid 2 hat laut der Kommissarin nicht wie ursprünglich erhofft zu einem Anstieg der unabhängigen Anlageberatung geführt. Ein Provisionsverbot könne „Innovation und Wettbewerb“ fördern. Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband schlug in die gleiche Kerbe. Sie argumentierte, dass das Interesse der Verbraucher zweitrangig sei und nur das Produkt mit der höchsten Provision zähle. Auch der Verein Finanzwende äußerte sich und erklärte, dass die Mitarbeiter der Banken und Versicherer keine Berater seien, sondern Verkäufer.

Die EU-Kleinanlegerstrategie betrifft 300.000 Anlageberater. Die Branchenverbände laufen Sturm gegen die Pläne. Wenn das Provisionsverbot kommt, zieht die Kommission damit einer ganzen Branche den Stecker“, sagte Helge Lach, Vorsitzender des Bundesverbands deutscher Vermögensberater. 95 Prozent der Berater würden ihren Job aufgeben.

Nach Ansicht des BVK würde ein EU-weites Provisionsverbot das Aus für rund 200.000 Versicherungsvermittler in Deutschland bedeuten. „Schlimmer noch: Dem vermeintlichen Verbraucherschutz würde ein Bärendienst erwiesen, denn Kunden sind kaum bereit, vorab für eine Beratung ein dreistelliges Honorar zu bezahlen“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz. „Die Folge wäre, dass viele auf die nötige Absicherung verzichten würden oder sich ohne Beratung im Netz um eine Absicherung bemühen müssten. Diese Entwicklung beobachten wir in den Niederlanden und in Großbritannien, wo bereits ein Provisionsverbot existiert.“

Ähnlich äußert sich auch der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW. Vorstand Norman Wirth blickt in die Zukunft, in der es nur die Honorarberatung gebe: „Binnen kürzester Zeit würden gerade die auf eine Beratung angewiesenen Kleinanleger keine persönliche Beratung mehr erhalten, wie unter anderem das Beispiel Großbritannien drastisch zeigt. Die vorhandene, aber keine breite Akzeptanz findende Honorarberatung wird das nicht auffangen können. Selbsternannte Experten ohne Qualifikation im Internet oder den Verbraucherzentralen würden noch mehr Zulauf erhalten.

Auch auf den Interessenkonflikt eines Vermittlers, den die Verbraucherschützer stets hervorheben, geht der BVK ein. Dieser existiere laut Heinz gar nicht. „Denn wir sind gesetzlich nach Paragraf 48 a Versicherungsaufsichtsgesetz verpflichtet, im bestmöglichen Interesse des Kunden zu beraten.“ Außerdem können sich Kunden bereits in Deutschland gegen Honorarzahlung beraten. „Die geringe Akzeptanz der Honorarberatung zeigt, dass diese nicht im Kundeninteresse ist.“ Helge Lach ergänzt, dass es Einzelfälle gebe, wo Berater falsche Produkte verkaufen. Aber weder die EU-Kommission noch Verbraucherzentralen noch die Aufsicht hätten seiner Meinung nach jemals flächendeckendes „Mis-Selling“ nachweisen können.

Der AfW kündigte an, auch auf der europäischen Ebene, u.a. auch über den Europäischen Dachverband der Finanzberater und Finanzintermediäre FECIF – „die Argumente verstärkt nach Brüssel tragen und alles dafür tun, dass die Pläne von EU-Kommissarin McGuinness nicht realisiert werden.“

Autor: David Gorr

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