Bundesfinanzministerium setzt neues Schreiben zur steuerlichen Förderung der bAV auf

Bundesfinanzministerium in Berlin. Quelle: BMF / Hendel

Für alle Stakeholder der betrieblichen Altersversorgung, z.B. Arbeitgeber, Versorgungsträger, Produktentwickler, Rechtsanwälte und Steuerberater, ist das BMF-Schreiben zur steuerlichen Förderung der bAV von größter Bedeutung. Es wird seit 2004 in unregelmäßigen Abständen überarbeitet.

Nun ersetzt das neue BMF-Schreiben vom 12. August 2021 das bisherige BMF-Schreiben vom 6. Dezember 2017 (BStBl2018 I S.147) sowie vom 8. August 2019 (BStBl I S.834). Es ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Dankenswerterweise bleibt die bisherige Nummerierung und Änderungen sind gefettet. Hintergrund der Neufassung sind insbesondere Änderungen durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2338, BStBl I S. 1377) sowie das Grundrentengesetz vom 12. August 2020 (BGBl. I S. 1879, BStBl 2021 I S. 4).

Rechtsanwendern ist eine intensive Lektüre angeraten, da die Finanzverwaltung über die oben aufgezählten gesetzlichen Änderungen hinaus – wie so oft – weitere Änderungen im BMF-Schreiben eingefügt hat. Leider wurden die Verbände nicht vorab wie eigentlich üblich konsultiert. Positiv zu bewerten sind folgende Änderungen:

  • In drei neuen Randziffern (Rz 3a-d) gibt das BMF Klarstellungen zur Biometrie, z.B. zur Grundfähigkeitenversicherungen, Leistungen bei Arbeitsunfähigkeit u.ä. Das ist für die steuerliche Anerkennung und Produktentwicklung von hoher Bedeutung.
  • Es gibt mehrere Klarstellungen zum Thema Sanierungsgelder und Sonderzahlungen (Rz 19a/22a). Das ist für die Sanierung von Versorgungsträgern, z.B. Pensionskassen bedeutsam.
  • Endlich hat das BMF eine wichtige Klarstellung zum Outsourcing von Pensionszusagen und der Anwendbarkeit des § 3 Nr. 66 EStG in das BMF-Schreiben (Rz 56) aufgenommen. Dort war unklar, was unter einem steuerschädlichen Gesamtplan zu verstehen ist. Nun wurde klargestellt, dass ein schrittweises Outsourcing zunächst des past und dann des future service steuerunschädlich durchgeführt werden kann.
  • Ausgesprochen positiv sind die zahlreichen Klarstellungen zum § 3 Nr. 55c EStG (Rz 63), dessen Anwendung bisher viele verbindliche Anfragen bei den Betriebsstättenfinanzämtern ausgelöst hatte. Es wird nun klargestellt, dass eine Anwendung des § 3 Nr. 55c EStG möglich ist, auch wenn dies mit einer – eigentlich immer nötigen – Änderung der Rechnungsgrundlagen beim Übergang vom alten auf den neuen Versorgungsträger und den damit verbundenen Folgewirkungen einhergeht. Und es wird klargestellt, dass grundsätzlich keine Novation der Verträge und zusätzlich, wenn Riesterverträge betroffen sind, keine schädliche Verwendung vorliegt (Rz 172a).
  • Seit Verabschiedung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes steht fest, dass durch den verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss bestehende Verträge in vielen Fällen erhöht werden. Offen war, ob das eine Novation auslöst. Nun kommt endlich die Klarstellung: Es liegt keine Novation vor (Rz 148a). Der Verweis auf § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG ist unglücklich, denn dort wird auf Vertragsabschlüsse nach dem 31.12.2004 verwiesen. Es ist davon auszugehen, dass das BMF auch Altverträge vor dem 1. Januar 2005 („40b-Verträge“) meint. Eine Klarstellung wäre hilfreich.

Wenig förderlich sind andere Änderungen, z.B.:

  • Bei der Umwandlung von vermögenswirksamen Leistungen „im Rahmen der Entgeltumwandlung“ beharrt das BMF weiterhin darauf, dass freiwillige Erhöhungen des Arbeitgebers ebenfalls als Entgeltumwandlung zu sehen sind und daher nicht nach § 100 EStG förderfähig sind. Es fehlt auch die Klarstellung, die das BMF im Juli 2020 in einem Schreiben an den GDV gegeben hat, das Matching-Modelle nicht betroffen sind (Rz 26a und 111a).
  • Es war schon länger eine Klarstellung zum Wahlrecht des Arbeitnehmers zwischen der Besteuerung nach § 3 Nr. 63 EStG oder individuelle Besteuerung (Riesterförderung) gefordert worden. Nun knüpft man in der neuen Rz 41a unglücklicherweise daran an, dass eine Riesterförderung (individuelle Besteuerung) nur dann verlangt werden kann, insoweit die Person auch ein Recht auf Entgeltumwandlung hat. Das schließt gerade die Personen aus, für die die Riesterförderung am sinnvollsten ist, nämlich geringfügig Beschäftigte, die mehrheitlich immer noch aus der Pflichtversicherung herausoptieren. Zusätzlich können auch freiwillig Versicherte und berufsständisch Versorgte nicht mehr für die individuelle Besteuerung optieren. Die Regelung in Rz 41b (Altfälle vor Einführung des Rechts auf Entgeltumwandlung) hingegen stellt nur auf ein Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab und schließt damit alle Personenkreise ein.
  • Bei den begünstigen Auszahlungsformen wird weiterhin auf § 82 EStG abgestellt. Zeitlich befristete Renten an Hinterbliebene werden in Rz 68 ausdrücklich nicht beanstandet, wenn der Grund der Befristung der Wegfall der Versorgungsbedürftigkeit ist. Unklar ist, ob im Umkehrschluss diese Renten auch immer befristet werden müssen. In der beispielhaften Aufzählung findet sich nämlich ganz neu auch die Wiederverheiratung der Witwe/des Witwers, die bisher in Versorgungsordnungen oder AVBs regelmäßig nicht zu finden ist.
  • Als ob die § 100 EStG-Förderung für Niedrigverdiener nicht schon komplex genug wäre, fügt das BMF zur Förderungsgrenze ab 2017 noch eine weitere Komplexität hinzu (Rz 131). Hat ein geförderter Arbeitnehmer das Unternehmen 2016 verlassen und fängt nach 2017 und später wieder an, darf der Arbeitgeber die Förderung ebenfalls nicht beanspruchen. Das konterkariert das Ziel einer möglichst weitreichenden Förderung der Niedrigverdiener und legt den Arbeitgebern zusätzliche Prüfungspflichten bei jedem Neueintritt auf. Das wird gerade bei KMU auf Sicht zu Fehlern führen – also gerade der Zielgruppe von Unternehmen, wo die bAV besonders gefördert werden muss.

Autor: VW-Redaktion

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