Ergo-Vorstand Fauser: „Ein Scheitern von Riester wäre ein herber Rückschlag“

Michael Fauser, Ergo-Vorstand.. Quelle: Ergo

„Wir werden im Lebenbereich Marktanteile zurück- und dazugewinnen“, sagt Ergo-Lebensversicherungs-Vorstand Michael Fauser angriffslustig. Im Interview erklärt er, warum ihn die fehlende Riesterreform besorgt und er das Sozialpartnermodell „aufmerksam“ beobachtet. Zufrieden macht ihn der Jahresstart seines Unternehmens.  

VWheute: Die Ergo hat kürzlich mit „Ergo Eco-Rente Chance“ ein „nachhaltiges Rentenprodukt“ gestartet. Wie will sich ihr Unternehmen künftig auf dem deutschen Markt positionieren?

Michael Fauser: Wir stellen uns bewusst breit am Markt auf und bieten eine umfassende Produktpalette, die für alle drei Schichten der Altersvorsorge kapitalmarktnahe Produkte anbietet, von der Basis-Rente, über die Betriebsrente bis hin zu unseren neuen und attraktiven Vermögenspolicen. Unser oberstes Ziel ist dabei die höchstmögliche Flexibilität für unsere Kunden – auch und gerade in der Kapitalanlage. Das aktuelle Zinsumfeld wird uns noch eine Zeit begleiten, daher ist es wichtig, darauf zu reagieren und aktiv die Renditechancen am Kapitalmarkt für unsere Kunden zu nutzen. Mit der Eco-Rente Chance haben wir unser umfassendes Portfolio nun um ein wirklich nachhaltiges Altersvorsorge-Produkt ergänzt und zeigen damit, dass sich Nachhaltigkeit und eine renditestarke Altersvorsorge sehr gut kombinieren lassen. Das Besondere dabei ist, dass der Produktgeber Ergo Life seinen gesamten Geschäftsbetrieb schon vor Jahren CO2-neutral organisiert hat. Daraus ergibt sich ein im Marktvergleich beispielhafter Dreiklang aus einem klimaverantwortlichen Anbieter, der Verwendung ausschließlich nachhaltiger Fonds und eines nachhaltigen Deckungsstocks. Damit nehmen wir im deutschen Markt eine Vorreiterrolle ein. Mit diesem Angebot fühlen wir uns insgesamt sehr gut aufgestellt.

VWheute: Zurich und Talanx haben mit dem Sozialpartnermodell in der betrieblichen Altersversorgung gepunktet. Wie will sich die Ergo auf dem bAV-Markt einbringen?

Michael Fauser: Auch im bAV-Neugeschäft lassen wir unsere Kunden aktiv an den Chancen des Kapitalmarkts teilhaben. Daher legen wir den Fokus auf kapitalmarktorientierte Produkte. Unser Kernprodukt ist dabei die Ergo Betriebs-Rente Index. Klassische zinsgebundene Produkte bieten wir bewusst nicht mehr an. Das Sozialpartnermodell ist dabei eine interessante Komponente, deren Entwicklung wir aufmerksam beobachten.

VWheute: Welche generellen Tendenzen sehen sie auf dem Altersvorsorgemarkt in den letzten Jahren und welche antizipieren sie?

Michael Fauser: Die Marktentwicklung in den vergangenen Jahren und auch gerade bei der Ergo Vorsorge ging produktseitig eindeutig in Richtung flexibler und kapitalmarktorientierter Produkte. In diesem Bereich haben wir viele innovative und sehr wettbewerbsstarke Produkte auf den Markt gebracht. Auch im Bereich der Risikoabsicherung besteht ein hoher Bedarf in Deutschland, da statistisch gesehen jeder Vierte hierzulande in seinem Leben einmal berufsunfähig wird. Die Absicherung über eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte zudem in jungen Jahren erfolgen, damit der Kunde sich die günstigen Beiträge frühzeitig für die Zukunft sichern kann. Gerade für junge Leute bieten wir sehr attraktive Produkte an, zum Beispiel die Ergo BU Schüler und Ergo BU Starter. Weiteres Potenzial sehen wir bei den Betriebsrenten und bei den Basisrenten. Hier richten wir dementsprechend auch in Zukunft unseren Fokus darauf. An Bedeutung gewinnen dürfte zukünftig auch das Thema Nachhaltigkeit. Gerade für die jüngere Generation und Familien ist dieses Thema sehr wichtig und sie achten vermehrt auch bei ihrer Vorsorge auf nachhaltige Investitionen gemäß den ESG-Kriterien. Das sehen wir nicht zuletzt an der sehr guten Nachfrage nach unserer Ergo Eco-Rente. Daher wollen wir unser Engagement in diesem Bereich mit weiteren Produkten und Produktfeatures ausbauen.  

Zur Person: Michael Fauser ist Mitglied des Vorstands der Ergo Deutschland AG. Er ist Vorsitzender des Vorstands Ergo Vorsorge Lebensversicherung AG und dort unter anderem verantwortlich für Produkte, Prozessmanagement, Mathematik, Operations und Maklervertrieb.

VWheute: Erwarten Sie nach der kommenden Bundestagswahl Änderungen im Bereich der Altersvorsorge, beispielsweise Riester oder Provisionsdeckel?

Michael Fauser: Insgesamt wünsche ich mir eine langfristige Stärkung der Altersvorsorge in Deutschland, insbesondere der dritten Säule. Die private Altersvorsorge ist nicht nur wichtig, sondern unerlässlich – und das wird auch in Zukunft so bleiben. Was Riester angeht, hoffe ich, dass eine Reform noch vor der Bundestagswahl gelingt. Wenn das nicht gelingt, muss es zwingend zeitnah eine Reform in der neuen Legislaturperiode geben. Ein Aussitzen oder gar Scheitern der Reform wäre ein herber Rückschlag für alle Versicherten, weil durch die aktuelle Regelung zu viele Sparer mit ihrer Altersvorsorge aktiv von den Chancen am Kapitalmarkt ausgeschlossen werden. Dabei liegen ausreichend Vorschläge auf dem Tisch, wie Riester fit für die Zukunft gemacht werden kann, bspw. durch eine Anpassung des Garantieniveaus an das Niedrigzinsumfeld. Übrigens: Auch die Bundesregierung hatte die Schmerzpunkte bei Riester zu Beginn der Legislaturperiode richtig erkannt. Passiert ist seitdem aber leider zu wenig. Wichtig bleibt aus meiner Sicht auch die angekündigte Versicherungspflicht für Selbstständige, denn sie haben keine oder nur geringe Ansprüche auf gesetzliche Leistungen. Das wird gerade im Angesicht des Lockdowns deutlich. Eine private Vorsorge ist für sie umso wichtiger, wird aber leider immer noch von zu vielen Betroffenen gescheut. An einer Versicherungspflicht führt daher kein Weg vorbei, um diese Gruppe vor drohender Altersarmut zu schützen.  

VWheute: Welche Rolle spielt die Aufsicht in der künftigen Produktwelt, wie sehr belasten neue Regeln die Arbeit eines Vorsorgeanbieters?

Michael Fauser: Die Vergangenheit lehrt, dass alle Marktteilnehmer letztendlich von einer effektiven Aufsicht, die frühzeitig Fehlentwicklungen identifiziert, profitiert. Allerdings dürfen Regulierungen und Vorgaben nicht Überhand nehmen. Nehmen Sie zum Beispiel die Informationspflichten für Versicherungen. Diese haben mittlerweile ein solches Ausmaß angenommen und sind so detailliert, dass der beabsichtigte Nutzen, nämlich eine transparente Auskunft und ein Verständnis für Versicherungsprodukte, verfehlt wird. In der Praxis tritt eher der gegenteilige Effekt ein und Kunden bleiben mit den Informationsblättern irritiert und verunsichert zurück. Daher plädiere ich dafür, dass sich die angebotenen Informationsblätter auf das wirklich Wesentliche konzentrieren, um die Kunden aufzuklären und ihnen eine wirkliche Orientierung zu geben.

VWheute: Was erwarten Sie in diesem Jahr marktweit und intern im Bereich der Altersvorsorge?

Als Ergo Vorsorge sind wir mit dem Start des Jahres sehr zufrieden. Wir haben einen starken Zuwachs im Neugeschäft und gewinnen damit deutlich Marktanteile. Die Nachfrage nach Lebensversicherungsprodukten wird insgesamt hoch bleiben. Das zeigt einmal mehr, dass der Lebensversicherungsmarkt für viele Kunden auch weiterhin ein Garant für Stabilität in unsicheren Zeiten ist. Das lässt mich für die Ergo Vorsorge insgesamt optimistisch auf die kommenden Monate und auch Jahre blicken. Unser Ziel dabei bleibt klar: Wir wollen und werden aktiv Marktanteile in Leben zurück- und dazugewinnen. Hier sind wir auf einem sehr guten Weg.

Die Fragen stellte VWheute-Redakteur Maximilian Volz.

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