Änderungen bei Betriebsrenten müssen auch nach Jahren korrigiert werden

Quelle: Sang Hyun Cho auf Pixabay

Betriebsrenten sind besonders geschützt. Zum Beispiel gilt nicht etwa eine dreijährige Verjährungsfrist, sondern Ansprüche können bis zu 30 Jahren nach Eintritt des Versorgungsfalles noch geltend gemacht werden. Nun hatte das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 13.10.2020 – Az.: 3 AZR 246/20) über einen Fall zu entscheiden, wonach ein Betriebsrentner die Verschlechterung der Zusage und damit die Berechungsgrundlage seiner Betriebsrente anzweifelte.

Dieser hatte die Betriebsrente allerdings schon einige Jahre ausgezahlt bekommen. Der ehemalige Arbeitgeber plädierte nach den langen Zeitläufen auf die sogenannte Verwirkung, d.h. er nahm für sich in Anspruch, dass er davon ausgehen konnte, dass nach so langer Zeit für den Betriebsrentner alles seine Richtigkeit hatte. Das sah das Bundesarbeitsgericht anders.

Der Fall: Der Kläger war seit 1955 bei der Beklagten beschäftigt. Die Zusage und ihre Verschlechtung im Jahre 1988: Die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten war seit dem Jahr 1979 durch eine Betriebsvereinbarung (BV 1979) geregelt. Die BV 1979 wurde zum 1. Januar 1988 durch eine weitere Betriebsvereinbarung (BV 1988) geändert. Dabei wurde jedes Dienstjahr der ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit nach Inkrafttreten der BV 1988 mit 0,2 Prozent des Arbeitseinkommens bewertet, statt wie zuvor nach der BV 1979 mit 0,4 Prozent.

Der Kläger schied mit Ablauf des 31. Dezember 2003 aus dem Arbeitsverhältnis aus und bezieht seit dem 1. Januar 2004 ua. eine Betriebsrente von dem beklagten ehemaligen Arbeitgeber. Diese Rente passte der Arbeitgeber zum 1. Januar 2010 und 1. Januar 2013 an, nicht jedoch zum 1. Januar 2016.

Die Forderung des Betriebsrentners: Der klagende Betriebsrentner verlangt die Zahlung einer höheren Ausgangsbetriebsrente. Die Halbierung der künftigen Steigerungsbeträge durch die verschlechternde Betriebsvereinbarung 1988 sei mangels sachlich-proportionaler Gründe unzulässig. Der ehemalige Arbeitgeber verweist demgegenüber ua. auf ihre damalige wirtschaftliche Lage und hält dem Begehren des Klägers nach einer Neuberechnung seiner Ausgangsrente den Einwand der Verwirkung entgegen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung insoweit zurückgewiesen. Der Betriebsrentner rief das Bundesarbeitsgericht an.

Das Urteil: Das Bundesarbeitsgericht entschied zugunsten des Betriebsrentners. Dem Anspruch eines Versorgungsempfängers auf richtige Berechnung seiner Ausgangsrente auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung – und damit die Überprüfung der Wirksamkeit einer Ablösung einer früheren, günstigeren Versorgungsordnung – kann der Einwand der Verwirkung aus § 242 BGB nicht entgegengehalten werden. Denn der Betriebsrentner verfolgt ein Recht, dass durch eine Betriebsvereinbarung eingeräumt wurde. Dieses ist von Gesetzes wegen nach § 77 Abs. 4 S. 3 BetrVG dem Einwand der Verwirkung entzogen. Das Landesarbeitsgericht muss nun prüfen, ob die verschlechternde Ablösung der Betriebsvereinbarung 1988 nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen (z.B. Drei-Stufen-Modell) gerechtfertigt war.

Fazit: Das Urteil zeigt – wieder einmal – wie langfristig die Nachwirkungen der betrieblichen Altersversorgung sind. Gerade bei Ablösungen und Verschlechterungen muss auch noch Jahrzehnte später mit entsprechenden gerichtlichen Überprüfungen – oft nach den seitdem aufgestellten Maßstäben des Bundesarbeitsgerichts – gerechnet werden.

Das bedeutet, dass Arbeitgeber Änderungen sehr sorgfältig dokumentieren und bei weiteren Konkretisierungen der Rechtsprechung, die den eigenen Sachverhalt betreffen könnten, im Zweifelsfall nochmals „nachdokumentieren“ sollten. Den oft sind aufgrund von Eigentümerwechsel, Fusionen und Abspaltungen nach Jahrzehnten entsprechende Nachweise nicht mehr rekonstruierbar.

Autor: VW-Redaktion