Münchhausen reloaded: Sechsstelliger Schaden wegen Schwindel und Betrug

Münchhausen bei der Arbeit. Bild von WikiImages auf Pixabay

Die Flunkergeschichten des Baron Münchhausens sind vertraut. Weniger Menschen kennen das gleichnamige Syndrom, eine psychische Störung, bei der die Betroffenen durch heimlich herbeigeführte Selbstschädigungen oder pure Erfindung ein Krankheitsbild vortäuschen. Der Betroffene will so Zuwendung und ärztliche Betreuung provozieren, in einem aufwendigen und kuriosen Fall führte es zu sechsstelligem Versicherungsbetrug.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn ein Simulant einen Gerichtstermin auf Krücken wahrnimmt. Genau das geschah in Mettmann (Nordrein-Westfalen), als Bernd U. den Saal des Landgerichts für den Berufungstermin seiner vierjährigen Haftstrafe erhumpelte, wie das Solinger Tageblatt meldet. Er stürzte zuvor auf der Quarantänestation der Justizvollzugsanstalt vom Tisch und zog sich, zweifelsfrei, einen Oberschenkelhalsbruch zu, nachdem er zuvor jahrelang Krankenhäuser und Versicherungen mit Scheinkrankheiten schädigte.

Das Vorgehen des Herrn U. war stets dasselbe, er ließ sich in ein Krankenhaus einliefern, logierte dort als Privatpatient und löste sich in Bettstaub auf, bevor die Rechnung eintraf. Gelegentlich erleichterte er Patienten um ihre Habseligkeiten wie Geldbörsen oder Krankenhaustelefonkarten, um sich den Restbetrag auszahlen zu lassen.

210.000 Euro Kosten

Das Krankenhaus blieb auf den Kosten sitzen, denn als es bei seiner Versicherung die Kosten für die erste Klasse Behandlung einholen wollte, wurde klar, dass U. unter falschem Namen eingecheckt hatte. Niemand sollte die Einrichtungen indes für die Nichtaufdeckung tadeln, Münchhausen-Patienten nehmen aufwändige diagnostische Maßnahmen und gravierende medizinische Eingriffe in Kauf, um ihren Status zu zementieren.

Zu den Münchhausenfällen kommt hinzu, dass er mehrfach Identitätsdiebstahl begangen und sich Waren auf falschen Namen liefern ließ, gerne auch direkt ans Krankenbett. Manch U.-Geschädigter bekommt heute noch Rechnungen oder vermeintlich bestellte Güter nachgeschickt, wenn die Waren erfolglos ins Krankenhaus geliefert werden. Bei Waren wie einer 1000-Euro Brille und die Nutzung einer Sexhotline vom Krankenbett aus wundert es nicht, dass mittlerweile 87 Gläubiger, und eine Summe von 212 000 Euro aufgelaufen sind.

Auch im Gefängnis war „Dr.“ U., den Titel hatte er sich ebenso erschwindelt, weiter eifrig. Wegen einer angeblichen Drogensucht wollte ihn die Rentenversicherung in eine Entzugsklinik schicken, zudem befand er sich hinter Gittern in einem Methadon-Programm. Der eingesetzte Gutachter zweifelte an den Diagnosen und attestierte das Münchhausen-Syndrom.

Es bleibt bei Gefängnis

Bei dem Termin vor dem Landgericht wollte U. erstreiten, dass er seine Resthaft in einer „Entziehungsmaßnahme“ absitzen zu dürfen, der Richter lehnte wegen Nichtzuständigkeit ab, U. zog seine Berufung zurück. Damit endete ein kurioser Fall abrupt.

Autor: VW-Redaktion 

Münchhausen bei der Arbeit. Bild von WikiImages auf Pixabay 

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