Beschränkte Haftung rechtmäßig: Allianz erzielt Erfolg vor dem EuGH VWheute Sprint
Der Rechtsstreit um fehlerhafte Brustimplantate hat die Allianz einen Erfolg eingefahren. Dass sie ihre Einstandspflicht auf französische Fälle beschränkt hat, verstößt nicht gegen Unionsrecht, so der EuGH. Weltweit sollen bis zu 400.000 Frauen solche Implantate bekommen haben, in Deutschland etwa 5.000.
Eine Klausel, wonach eine Versicherungsgesellschaft nur für Schäden einspringen muss, die in einem bestimmten Mitgliedsstaat entstehen, verstößt nicht gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit. Dies hat die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs am Donnerstag entschieden (Urt. v. 11.06.2020, Az. C-581/18).
2010 war bekannt geworden, dass der französische Hersteller Poly Implant Prothèse SA, kurz PIP, jahrelang für Brustimplantate billiges und potenziell gesundheitsschädliches Industriesilikon verwendet hatte.
Weltweit sollen bis zu 400.000 Frauen solche Implantate bekommen haben, in Deutschland etwa 5.000. Dazu gehört die Klägerin, die vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen will.
Deckung nur in Frankreich
Sie klagt dort gegen den Arzt, der ihr die fehlerhaften Brustimplantate eingesetzt hatte, sowie den TÜV Rheinland, welcher die Qualität bescheinigt hatte, und das Versicherungsunternehmen Allianz als Haftpflichtversicherer von PIP. Der Hersteller selbst war 2011 liquidiert worden.
Die Allianz beruft sich nun in dem Verfahren vor dem OLG Frankfurt auf eine Klausel in ihrem Vertrag mit PIP, wonach die Deckung nur für Schäden in Frankreich gilt. Das OLG hatte den EuGH gefragt, ob dies gegen das in der Europäischen Union geltende Diskriminierungsverbot auf Grundlage der Staatsangehörigkeit aus Art. 18 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) verstößt.
Der Gerichtshof kam nun jedoch zu dem Ergebnis, dass das Diskriminierungsverbot nicht geltend gemacht werden kann, um die Territorial-Klausel des Versicherers anzufechten. Dafür hätte der zugrundeliegende Sachverhalt überhaupt in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen müssen.
Richter wiesen darauf hin, dass im EU-Recht keine Bestimmung existiere, die einen Hersteller von Medizinprodukten dazu verpflichte, eine Versicherung zur Deckung von Haftungsrisiken aufgrund seiner Produkte abzuschließen. Auch sah die Kammer keinen hinreichenden Bezug zu einer der im Unionsrecht garantierten Grundfreiheiten wie der Freizügigkeit, dem freien Warenverkehr oder dem freien Dienstleistungsverkehr. Die Entscheidung in der Sache liegt nun beim OLG.
BGH sieht auch keine Verantwortung beim TÜV Rheinland
PIP hatte bis 2010 jahrelang Implantate mit für diese Zwecke nicht zugelassenem Industriesilikon verkauft. Im Jahr 2010 hatten die französischen Behörden festgestellt, dass die Produkte von Poly Implant Prothèse (PIP) minderwertiges Industriesilikon enthielten.
Bereits im Juni 2017 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass der TÜV Rheinland nicht für die fehlerhaften Produkte des französischen Herstellers PIP haften. Nach Ansicht der Bundesrichter sei der TÜV nicht zu einer Überprüfung verpflichtet gewesen, da ihm keine konkreten Hinweise auf Mängel vorgelegen hätten (Az.: VII ZR 36/14).
Die Karlsruher Richter beriefen sich dabei auf eine entsprechende EuGH-Entscheidung, wonach Prüfstellen wie der TÜV nicht grundsätzlich verpflichtet seien, medizinische Produkte wie Implantate selbst zu prüfen oder unangekündigte Kontrollen bei den Herstellern selbst durchzuführen (Rechtssache C-219/15).
Auch die Allianz France, der Haftpflichtversicherer des Unternehmens Poly Implant Prothèse (PIP), muss nicht für Schäden durch seine fehlerhaften Brustimplantate haften, wenn die Operation der betroffenen Frauen in Deutschland stattfand.
Autor: VW-Redaktion