Auf dem Weg: PSV-Pflicht bei Pensionskassen

"Wir bringen unsere uneingeschränkte Solidarität mit dem ukrainischen Volk zum Ausdruck, das in diesen äußerst schwierigen Zeiten unglaubliche Stärke und Tapferkeit zeigt", erklärt Insurance Europe. Quelle: Bild von S. Hermann & F. Richter auf Pixabay

Gekürzte Betriebsrenten, weil insbesondere regulierte Pensionskassen in Schieflage gerieten, waren in den letzten Jahren immer wieder in den Schlagzeilen. Für den Betriebsrentner kein Problem, solange sein alter Arbeitgeber die Leistungskürzung, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist, ausgleicht. Fällt der Arbeitgeber allerdings aufgrund von Insolvenz weg, so blieben die Betriebsrentner auf der gekürzten Rente „sitzen“. Folge drei der Spezialserie bAV.

Doch dem hat der europäische Gerichtshof (EuGH Urteil vom 19.12.2019 – Az.: C 168/18, Bauer) einen Riegel vorgeschoben. Denn aufgrund einer europäischen Richtlinie zum Schutz von Arbeitnehmern bei Insolvenz des Arbeitgebers muss es eine Mindestsicherung geben.

In Deutschland sichert der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) Betriebsrenten bei Insolvenz der Arbeitgebers ab – eigentlich. Denn Pensionskassenversorgungen waren bisher nicht über den PSV abgesichert. Das führt nach dem Urteil des EuGH zu der Situation, dass die betroffenen Betriebsrentner einen Anspruch gegenüber dem Staat, also gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, gerichtlich geltend machen können. Und nach den Schieflagen der letzten Jahre und dem erhöhten Insolvenzgeschehen aufgrund der COVID-19-Pandemie dürften nicht wenige Betriebsrentner betroffen sein.

Daher hat die Bundesregierung in der Kabinettssitzung vom 8.4.2020 beschlossen, diese Schutzlücke für Betriebsrentner schnell zu schließen und das parlamentarische Verfahren ist auch schon auf den Weg gebracht: Am 20.4.2020 führt der Ausschuss für Arbeit und Soziales in Form von schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen die Anhörung zum Entwurf des Siebten Gesetzes zur Änderung des SGV IV und anderer Gesetze durch. Eines der anderen Gesetze ist das BetrAVG und die Novellierung des PSV-Schutzes.

Was soll nach der sogenannten „Formulierungshilfe“ des BMAS zum SGB-Änderungsgesetz (Art. 8a) jetzt im BetrAVG zur Pensionssicherung geändert werden?

  1. Arbeitgeber, die eine Pensionskassenversorgung über eine Pensionskasse durchführen, die nicht durch den Sicherungsfonds Protektor geschützt ist, werden ab 1.1.2022 Mitglieder des PSV und müssen für gesetzlich unverfallbare Anwartschaften Beiträge zahlen. Im Vergleich zu den Referentenentwürfen wurde die PSV-Sicherung um ein Jahr nach hinten verschoben.
  2. Ausgenommen sind Pensionskassen, die dem Sicherungsfonds Protektor angehören, Pensionskassen, die in Form einer gemeinsamen Einrichtung nach § 4 TVG organisiert sind (z.B. die SOKA Bau), Pensionskassen, die die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst betreiben, z.B. die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), kommunale oder kirchliche Zusatzversorgungskassen (ZVK), andere Zusatzversorgungseinrichtungen oder die Versorgungsanstalten der deutschen Kulturorchester bzw. der deutschen Bühnen.
  3. Im Wesentlichen betrifft die Pensionssicherung also die meist regulierten Arbeitgeber- und Branchen-Pensionskassen, die eine Sanierungsklausel für Schieflagen in ihrer Satzung verankert haben müssen.
  4. Gesetzliche geschützt wird spezifisch die Leistungskürzung, soweit die Pensionskasse die nach der Versorgungszusage des Arbeitgebers vorgesehene Leistung nicht erbringt.
  5. Die Bemessungsgrundlage des PSV-Beitrag wird pauschal berechnet. Diese Ermittlung der Bemessungsgrundlage gilt künftig auch für Pensionsfonds – für die Jahre 2021 und 2022 gibt es ein Wahlrecht. Pensionsfonds dürfen in diesen Jahren die Bemessungsgrundlage auch nach dem bisher gültigen Modus berechnen. Das BMAS wird 2026 evaluieren, ob die Beitragsbemessung für Pensionskassen weiterhin sachgerecht ist. Die Versorgungsträger können die Beiträge für den Arbeitnehmer übernehmen.
  6. Die Pensionskassen müssen eine Art Anschubfinanzierung erbringen, da auch die Vergangenheit vom PSV-Schutz erfasst wird:
  7. Die Beitragspflicht der Arbeitgeber beginnt schon im Jahr 2021 mit drei Promille;
  8. für die Jahre 2022 bis 2025 wird ein Zusatzbeitrag von 1,5 Promille erhoben.
  9. Für die betroffene Betriebsrentner gibt es zwei Sicherungsniveaus, wenn eine Arbeitgeber insolvent wird und die Pensionskasse die Leistungen gekürzt hat:
  10. Ist die Insolvenz des Arbeitgebers vom dem 1.1.2022 eingetreten, leistet der PSV nur nach den niedrigen Vorgaben des Europäischen Gerichtshof. Die Leistungskürzung muss mehr als 50% betragen oder das Einkommen des Betriebsrentners muss unter der sogenannten Armutsgefährdungsschwelle liegen (2018 in Deutschland: 13.628 Euro). Und der Betriebsrentner muss diese Ausgleichszahlung beantragen. Die Leistung wird nicht rückwirkend erbracht.

Der PSV wird hier dem Vernehmen nach – außerhalb des „Regelbetriebs“ für die Bundesrepublik Deutschland tätig und wird für die Zahlungen an Betriebsrentner entschädigt. Diese Zahlungen haben damit keinen Einfluss auf den PSV-Beitragssatz

  • Bei Insolvenzfällen ab dem 1.1.2022 leistet der PSV in voller Höhe der Leistungskürzung nach den üblichen Regularien der Insolvenzsicherung. Diese Insolvenzfälle fließen dann auch in die Berechnung des PSV-Beitragssatz mit ein.
  • Die BaFin muss auf Anfrage dem PSV die unter ihrer Aufsicht stehenden Pensionskassen mitteilen.
  • Ob bei Eintritt des Sicherungsfalles auch die korrespondierenden Bestände an Kapitalanlagen bei der betroffenen Pensionskasse an den PSV übergehen entscheidet letztlich die BaFin.

Und noch etwas: Die versicherungsvertragliche Lösung wird bei Direktversicherung und Pensionskasse zum Standardfall

In § 2 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 2 BetrAVG werden die Wörter „auf Verlangen des Arbeitgebers“ gestrichen. Damit wird die versicherungsvertragliche Lösung zum Standardfall. Das ist eine große Haftungserleichterung für alle Arbeitgeber, aber insbes. für kleine und mittelständische Unternehmen, die nach einem BAG-Urteil aus 2016 in vielen Fällen keine praktische Handhabung der alten Regelung gewährleisten konnten. Ausweislich der Gesetzesbegründung gilt dies auch für Altfälle: „Dies gilt auch für bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung ausgeschiedene Arbeitnehmer.“

Fazit:

Das Gesetzgebungsverfahren ist trotz Pandemie auf den Weg gebracht. Die Bundesregierung will nicht nur die Schutzlücke für Betriebsrentner schließen, sondern auch Gerichtsverfahren zur Staatshaftung und die damit verbundene aufwändige Abwicklung der Einzelfälle vermeiden.

Die PSV-Sicherung erstreckt sich ausdrücklich nur auf Pensionskassen, die nicht durch den Sicherungsfonds Protektor gesichert sind. Das ist sachgerecht. Will man ernsthaft eine Gleichbehandlung aller Pensionskassen müssten für alle Pensionskassen die Sicherung über Protektor bzw. Protektor II eingeführt werden. Will man eine Gleichbehandlung mit den Direktversicherungen müsste zusätzlich auch noch Solvency II für alle Einrichtungen eingeführt werden. Das wäre eine deutliche Überregulierung. Das BMAS hat daher mit dem jetzigen Vorschlag einen guten Kompromiss gefunden.

Autor: VW-Redaktion

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