Studie: Deutsche fürchten sich vor Ansteckung und schlechter Wirtschaftslage

Quelle: Bild von Tumisu auf Pixabay

Wie nehmen die Bundesbürger derzeit die Corona-Krise wahr? Und welche Ängste treiben die Deutschen in diesen Tagen besonders um? Das Institut für Versicherungswesen der TH Köln sowie die R+V Versicherung haben dazu insgesamt mehr als 3.000 Bürger befragt. Das Ergebnis: Die Furcht vor Ansteckung und den wirtschaftlichen Folgen ist besonders ausgeprägt.

Laut Umfrage der TH Köln machen sich sehr viele der 2.000 Befragten Sorgen, dass sie sich mit dem Corona-Virus anstecken (über 60 Prozent), dass sie in eine wirtschaftliche Notlage geraten (rund 50 Prozent) und dass sie an einer Infektion sterben könnten (über 40 Prozent). 

Allerdings: „Um die Corona-Krise und die Gegenmaßnahmen beurteilen und verstehen zu können, ist der Umgang mit Wahrscheinlichkeiten, großen Zahlen und exponentiellen Trends erforderlich. Die Studie zeigt allerdings, dass sich dies weitgehend dem menschlichen Vorstellungsvermögen entzieht“ betont Horst Müller-Peters vom Institut für Versicherungswesen der TH Köln.

Aber: „Andere Ängste geraten dabei aber nicht in den Hintergrund. So sind etwa die Sorgen vor einem Herzinfarkt oder einer Krebserkrankung im Vergleich zu 2016 nur sehr wenig gesunken“, ergänzt Müller-Peters. Als größtes Risiko wird weiterhin die Ansteckung mit dem Virus gesehen (über 50 Prozent). Ebenso wie Herzinfarkt und Krebs werden auch die Ansteckung und eine wirtschaftliche Notlage von jeweils über einem Drittel der Befragten als eine realistische Bedrohung angesehen.

„Ausnahme ist der mögliche Tod durch den Corona-Virus. Dieser ist bei 40 Prozent der Befragten in den alltäglichen Ängsten präsent, aber nur 20 Prozent räumen dem eine mittlere bis hohe Wahrscheinlichkeit ein“, sagt Müller-Peters.

R+V: Furcht um Wirtschaftslage steigt sprunghaft an

Allerdings sorgen sich die Deutschen auch um die Folgen der Corona-Krise auf die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik. So klettert die Angst vor einer Verschlechterung der Wirtschaftslage um 23 Prozentpunkte auf 58 Prozent – und damit auf den höchsten Wert seit zehn Jahren. 2010 hatte die Finanzmarktkrise die Angst vor einer Rezession in die Höhe getrieben. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Sonderbefragung der R+V im Rahmen der Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“.

Bemerkenswert sei zudem, dass Frauen (61 Prozent) die Aussichten für die deutsche Wirtschaft skeptischer als Männer (54 Prozent) beurteilen. Jüngere Befragte bis 30 Jahre (51 Prozent) sind in dieser Frage hingegen etwas optimistischer als die ältere Generation (59 Prozent). Die Angst vor Arbeitslosigkeit bleibt hingegen auf dem relativ niedrigen Niveau des Vorjahres.

So bangt derzeit etwa jeder vierte Bundesbürger (24 Prozent) um den eigenen Job. Allerdings gilt hier: je jünger, desto besorgter. Bei den unter 30-Jährigen ist diese Angst mit 36 Prozent am höchsten. Auch Frauen (28 Prozent) fürchten sich mehr vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes als Männer (21 Prozent).

„Der Wirtschaftsabschwung trifft einen größeren Teil des Arbeitsmarktes mit voller Wucht. Deutschland hat aber zwei starke ‚Medikamente‘ zur Linderung der Schäden verabreicht. Das Kurzarbeitergeld schützt mehrere Millionen Arbeitnehmer vor Entlassungen. Linderung verschafft zudem auch das Hilfspaket der Bundesregierung in Höhe von mehreren hundert Milliarden Euro für die Wirtschaft – ob für große, mittlere oder kleine Betriebe“, kommentiert Manfred G. Schmidt, Politikwissenschaftler an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg.

Insgesamt seien die Sorgen der Deutschen derzeit „begründet“, ergänzt der Politologe. „Der Wirtschaftsabschwung, der in Deutschland 2020 zu erwarten ist, übertrifft höchstwahrscheinlich die Wirtschaftskrise von 2009. Damals schrumpfte die Wirtschaftsleistung in Deutschland um 5,6 Prozent. Diesmal könnte der Absturz tiefer gehen – wenn die Corona-Pandemie länger dauert“, konstatiert Schmidt.

Quelle: R+V Versicherung

Allerdings sei die Angst, schwer zu erkranken, vergleichsweise leicht um sechs Prozentpunkte auf 41 Prozent gestiegen. „Bemerkenswert ist allerdings, dass die Sorge in allen Altersgruppen in etwa gleich hoch ist. Im Verlauf unserer Studie waren die jüngeren Befragten bis zum Alter von 30 Jahren bei dieser Frage bisher deutlich sorgloser als die Generation ihrer Eltern und Großeltern. Offensichtlich haben viele jüngere Menschen erkannt, dass Covid-19 nicht nur Ältere treffen kann“, erläutert Brigitte Römstedt, Leiterin des R+V-Infocenters.

Traditionell sorgen sich Frauen mehr vor Krankheiten als Männer. So auch bei dieser Sonderumfrage: 46 Prozent der Frauen haben Angst vor einer schweren Krankheit – aber nur 36 Prozent der Männer. 46 Prozent (2019: 47 Prozent) der Deutschen befürchten zudem, dass die Politiker von ihren Aufgaben überfordert sind.

„Während der Finanzmarktkrise und zuletzt in der Flüchtlingskrise bezweifelten mehr als 60 Prozent der Bürger, dass die Politiker die Lage in den Griff bekommen. Unter 40 Prozent lagen diese Werte im Verlauf der Umfrage bisher noch nie“, so Römstedt. „Allerdings urteilen die Befragten jetzt etwas milder als in den Vorjahren, und viel milder als in der Finanzmarktkrise 2009. Das spiegelt vermutlich die Anerkennung des Krisenmanagements der Regierung in der Corona-Krise wider“, ergänzt Schmidt.

Autor: VW-Redaktion

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