aba-Chef Thunes: Gesetzentwürfe zur Betriebsrente sind „Flickwerk“

Georg Thunes. Quelle: epo

Zwei Gesetzentwürfe beschäftigen seit kurzem die betriebliche Altersversorgung: der Entwurf eines GKV-Betriebsrenten-Freibetragsgesetzes sowie ein Gesetzentwurf zur Änderung des Insolvenzschutzes bei Pensionskassen. Zu ersterem findet heute eine Anhörung beim Gesundheitsausschuss statt. Die aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung als großer Fachverband der bAV lud aus diesem Anlass zu einem Fachgespräch nach Berlin ein.

Sehr glücklich ist die aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung mit den beiden aktuellen Gesetzentwürfen zum Themenkreis Betriebsrenten nicht. Sie seien „unbefriedigend und unzureichend“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der aba, Georg Thunes. Dafür nannte er mehrere Gründe, die aba auch in ihren Stellungnahmen zu beiden Gesetzentwürfen festgehalten hat. Zum einen bemängelte er, dass die betroffenen Parteien in beiden Fällen unter erheblichem Zeitdruck Stellung nehmen mussten. Das sei bei Gesetzen mit derart weitreichenden Auswirkungen sehr unglücklich. Vor allem aber gehen der aba die Neuregelungen nicht weit genug bzw. zum Teil in die falsche Richtung.

Doppelte Beiträge bleiben

Beim GKV-Betriebsrenten-Freibetragsgesetz zielt die Hauptkritik darauf, dass das Ziel – die Entlastung der Betriebsrentner von der SV-Beitragslast – zwar richtig, der Weg dahin aber halbherzig sei. Denn auch nach den geplanten Neuregelungen bleibe es in sehr vielen Fällen bei der doppelten Beitragszahlung von Betriebsrentnern zur Kranken- und Pflegeversicherung, da es in der Rentenphase lediglich für Pflichtversicherte in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einen beitragsfreien Rentenbetrag von rund 160 Euro geben soll.

Zum einen kommen freiwillig gesetzliche Krankenversicherte nach diesem Vorschlag gar nicht in den Genuss der Entlastung, zum anderen garantiere er keinen vollen Ausgleich der rund drei Milliarden Euro jährlich, die Betriebsrentner seit der Einführung des GKV-Modernisierungsgesetzes im Jahr 2004 zusätzlich an Krankenversicherungs-Beiträgen zahlen, als die Beitragspflicht in der Rentenphase eingeführt wurde. „Der vorliegende Gesetzentwurf schlägt eine Entlastung von 1,2 Mrd. Euro vor“, rechnet Aktuar Thunes vor.

„Man muss kein Mathematiker sein, um festzustellen, dass damit im Vergleich zu 2003 immer noch eine Zusatzbelastung von 1,8 Milliarden Euro bleibt.“ Das halte viele Menschen davon ab über den Betrieb fürs Alter vorzusorgen und mache die Betriebsrente oft unattraktiv. Gleichzeitig sorge es für sehr viel Unmut bei Betroffenen. Insgesamt wurden die Betriebsrenten gesetzlich Krankenversicherter in den letzten 15 Jahren um rund 40 Milliarden Euro geschmälert.

Ungleichbehandlung zwischen Betriebsrente und Lebensversicherung

Als „Flickwerk“ und „ungeeignet zur Befriedung der Situation“ empfindet der aba-Vorsitzende den Entwurf aber noch aus anderen Gründen. Zum einen bleibt es in der Gesetzlichen Pflegeversicherung bei der vollen doppelten Verbeitragung, was aus seiner Sicht nicht zu begreifen ist.

Auch die Ausweitung des Förderrahmens von 4 auf 8 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (West) durch das Betriebsrentenstärkungs-Gesetz im Jahr 2018 – eigentlich eine gute Sache – werde dadurch wieder eingeschränkt, dass der sozialversicherungsfreie Höchstbetrag bei vier Prozent bleibe. „Bei einer Dotierung über 4 Prozent hinaus wird es somit ebenfalls zu einer zweimaligen Vollverbeitragung kommen“, macht Thunes weiter deutlich.

Er beklagte zudem die Ungleichbehandlung von Betriebsrenten und privaten Lebensversicherungen. Wer privat mit einer Lebensversicherung vorsorge, brauche in der Rentenphase keine SV-Beiträge zahlen. Auch wenn man mit dem Gesetz nicht wirklich einverstanden sei, erwarte man infolge der Anhörung keine großen Veränderungen. „Wir vermuten, dass der Gesetzgeber damit für lange Zeit den Schlussstrich unter das Kapitel setzt, das uns seit 15 Jahren beschäftigt hat“, so sein leicht frustriertes Fazit.

Arbeitnehmer bei Insolvenz des Arbeitgebers schützen

Beim zweiten derzeit im Gespräch befindlichen Gesetzentwurf zur Änderung des Insolvenzschutzes bei Pensionskassen reagiert der Gesetzgeber auf aktuelle Entwicklungen und die zunehmenden Probleme, die Pensionskassen unter dem Eindruck fehlender Zinsen haben. Bislang fallen Direktversicherungen und Pensionskassen nicht unter den Insolvenzschutz durch den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV), da sie als gut beaufsichtigt und sicher galten.

Das hat sich zumindest bei Pensionskassen nun geändert, da das Risiko steigt, dass sie ihre Leistungen kürzen müssen, verdeutlichte Georg Thunes. Insofern sei es grundsätzlich eine gute Sache darüber nachzudenken, wie Arbeitnehmer in dem Fall, dass Pensionskassen ihre Leistungen kürzen müssen und Arbeitgeber dies aufgrund eigener Insolvenz nicht ausgleichen können, geschützt sind. Vorgeschlagen wird eine Mitgliedschaft im PSV. Es gehe also nicht darum, Schieflagen von Pensionskassen abzufedern, sondern Schäden für Betriebsrentner abzufangen, die sich aus der Insolvenz des Arbeitgebers ergeben können.

Allerdings macht ihm die Eile sorgen, mit der dieses hochkomplexe Thema behandelt wird, das intensiv in die derzeitige Rechtslage eingreift. Eigentlich sollte das Gesetz auf die Schnelle noch in diesem Jahr durch das Kabinett gebracht und verabschiedet werden. Nur zwei Wochen Zeit blieb für die aba und andere Betroffene sich mit dem Gesetzentwurf zu befassen.

„Es gibt Signale aus dem Ministerium, das unserem Wunsch nach Entschleunigung nachgegeben wird“, berichtet er. Kritikpunkte betreffen hier u.a. die Aufspaltung der Pensionskassen in zwei Bereiche, was die Art der Insolvenzsicherung betrifft, sowie die vollständige Enthaftung von Arbeitgebern im Rahmen der versicherungsvertraglichen Lösung, so dass Arbeitnehmer nicht mehr unter dem subsidiären Schutz des Arbeitgebers stehen.

Autorin: Elke Pohl

2 Kommentare

  • Die ‚aba‘:
    Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung
    als großer Fachverband der bAV
    sollte unsere Petition unterstützen
    >gegen ‚bAV-UNRECHT seit 2004‘ !
    https://weact.campact.de/petitions/un-recht-seit-2004-an-mehr-als-zehn-millionen-menschen-mit-bav-anspruchen-wieder-gut-machen-1
    Auszug auf dem Link-Beitrag*:
    https://versicherungswirtschaft-heute.de/politik-und-regulierung/2019-12-09/gesetzentwuerfe-zur-betriebsrente-sind-flickwerk/*
    >‚Doppelte Beiträge bleiben
    Beim GKV-Betriebsrenten-Freibetragsgesetz zielt die Hauptkritik darauf,
    dass das Ziel
    >– die Entlastung der Betriebsrentner von der SV-Beitragslast –
    zwar richtig, der Weg dahin aber halbherzig sei.
    >Denn auch nach den geplanten Neuregelungen bleibe es in sehr vielen Fällen bei der doppelten Beitragszahlung von Betriebsrentnern zur Kranken- und Pflegeversicherung, da es in der Rentenphase lediglich für Pflichtversicherte in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einen beitragsfreien Rentenbetrag von rund 160 Euro geben soll.
    Zum einen
    kommen freiwillig gesetzliche Krankenversicherte nach diesem Vorschlag gar nicht in den Genuss der Entlastung,
    zum anderen
    garantiere er keinen vollen Ausgleich der rund drei Milliarden Euro jährlich,
    die Betriebsrentner seit der Einführung des GKV-Modernisierungsgesetzes im Jahr 2004 zusätzlich an Krankenversicherungs-Beiträgen zahlen,
    als die Beitragspflicht in der Rentenphase eingeführt wurde.

    „Der vorliegende Gesetzentwurf schlägt eine Entlastung von 1,2 Mrd. Euro vor“, rechnet Aktuar Thunes vor.

    „Man muss kein Mathematiker sein, um festzustellen, dass damit im Vergleich zu 2003 immer noch eine Zusatzbelastung von 1,8 Milliarden Euro bleibt.“

    >Das halte viele Menschen davon ab über den Betrieb fürs Alter vorzusorgen und mache die Betriebsrente oft unattraktiv.
    >Gleichzeitig sorge es für sehr viel Unmut bei Betroffenen.
    Insgesamt
    wurden die Betriebsrenten gesetzlich Krankenversicherter
    in den letzten 15 Jahren um rund 40 Milliarden Euro geschmälert.‘

    Gerhard Tummuseit

    >ALTERSvorSORGE – ZUKUNFTsORIENTIERUNG

    http://www.AGToptimiert.de

  • Norbert Wichmann

    Doppelverbeitragung auf die betriebliche Altersvorsorge?
    Möglichkeit einer Klage gegen Deutschland:
    Eingeforderte Sozialleistungen, für die 2004 maroden gesetzlichen Krankenkassen, können dann nicht weiter erhoben werden, wenn es den KK nachweislich heute wieder besser geht!

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