Swiss Re: „Die Auswirkungen der Silver Economy auf die Versicherer werden sich beschleunigen“
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Bis 2050 wird in den Industriestaaten voraussichtlich mehr als ein Viertel der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein. Eine alternde Bevölkerung, sinkende Geburtenraten und ein wachsender Anteil des Vermögens bei Senioren verändern den Bedarf nach Lebensversicherung massiv. Das zeigt der aktuelle Sigma-Bericht der Swiss Re. Gefragt sind Produkte zu Vermögensplanung und Pflegeabsicherung.
„Die Auswirkungen der Silver Economy auf die Versicherer werden sich beschleunigen und zu einer neuen Innovationsphase führen“, sagt Paul Murray, Chief Executive Officer Life & Health Reinsurance bei Swiss Re. „Wir erleben eine Generation, die größer ist, länger lebt und mit mehr Vermögen in den Ruhestand geht als je zuvor. Mit neuen Ansätzen bei der Produktgestaltung und -bereitstellung hat die Versicherungsbranche die Chance, ihre Relevanz für Menschen über 65 neu zu definieren.“
Die Bevölkerung altert schneller als je zuvor. In entwickelten Volkswirtschaften wird es bis 2050 rund 35 Prozent mehr Menschen über 65 geben als 2025. Japan und Südkorea sind bereits heute Spitzenreiter: Dort liegt der Anteil älterer Menschen bei über 30 Prozent.
Parallel dazu verschiebt sich der Wohlstand immer stärker in Richtung der älteren Generationen, berichtet Swiss Re. In den Vereinigten Staaten besitzen Haushalte ab 55 Jahren Vermögen im Wert von fast 120 Billionen Dollar. Das entspricht etwa dem Vierfachen des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts.
„Die längere Lebenserwartung wird sich sowohl auf die Risiko- als auch auf die Vermögensseite des Versicherungsgeschäfts auswirken“, erklärt Jérôme Jean Haegeli, Chefökonom der Swiss Re Group. „Mit der Alterung der Bevölkerung und dem Beginn der Entnahme von Ersparnissen könnten die Inflation und die langfristigen Zinsen steigen, was zu höheren Anlagerenditen und einer besseren Rentabilität für Versicherer führen würde.“
Um die Silver Economy erfolgreich zu bedienen, müssen Versicherer ihr Geschäftsmodell anpassen, heißt es. Künftig geht es weniger um den Aufbau von Vermögen während der Erwerbsjahre, sondern stärker um die sichere Entnahme und den Erhalt von Kapital im Ruhestand.
In der Ansparphase stehen Schutz und Vermögensaufbau im Vordergrund – etwa durch Risiko- und Lebensversicherungen, die den vorzeitigen Tod oder Erwerbsausfall absichern. Nach der Pensionierung verschiebt sich der Fokus: Rentner müssen ihre Ersparnisse in stabile Einkommensquellen umwandeln. Neben staatlichen und betrieblichen Renten gewinnen private Rentenversicherungen an Bedeutung. Zugleich wächst der Bedarf an Leistungen für Pflege und medizinische Versorgung.
Ein 65-jähriger Mensch mit hohem Einkommen kann in fortgeschrittenen Märkten 2050 mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 23 weiteren Jahren rechnen, analysiert Swiss Re.
Mit der steigenden Lebenserwartung wächst auch der Bedarf an Langzeitpflege. In Europa wird die Zahl der über 80-Jährigen bis 2050 um 80 Prozent steigen, in Nordamerika sogar um mehr als 120 Prozent. Schon heute verschlingen Pflegekosten in Industrieländern mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In den USA kostet ein Platz in einem privaten Pflegeheim im Durchschnitt rund 111.000 Dollar pro Jahr.
Die Absicherung solcher Risiken bleibt komplex. Produkte für Langzeitpflege müssen über Jahrzehnte kalkuliert werden, während medizinische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen unbeständig sind. Erfolgreich sind derzeit Modelle, die die staatliche Versorgung ergänzen oder Pflegeleistungen mit Lebens- und Krankheitsversicherungen kombinieren.
Ein Beispiel ist Frankreich: Dort hat sich der Markt für Pflegeversicherungen auf 1,4 Millionen Kunden und über 500 Millionen Euro an Prämien ausgeweitet. Die Produkte gelten als bezahlbar und werden über Banken und digitale Kanäle vertrieben.
Ein weiteres Problem betrifft den Versicherungsschutz bei schweren Krankheiten. Das Durchschnittsalter einer Krebsdiagnose liegt bei 67 Jahren, doch viele Policen enden noch vor dem Ruhestand, schreibt Swiss Re. Dadurch entstehe eine Versicherungslücke in einer Lebensphase, in der das Risiko am größten sei.
In Ländern wie Thailand und Südkorea reagieren Versicherer darauf. Dort kommen spezielle Krebsversicherungen für Senioren auf den Markt, häufig kombiniert mit Gesundheits- oder Rentenprodukten. Sie sollen sicherstellen, dass ältere Menschen im Ernstfall nicht allein die finanziellen und medizinischen Lasten tragen müssen.
Autor: VW-Redaktion
