Technologieorientierte strategische Personalplanung: Wie Versicherer sich zukunftssicher aufstellen

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Technologische Transformationen, komplexe Anforderungen und Arbeitskräftemangel verändern die Arbeitswelt grundlegend – KI beschleunigt diesen Wandel. Sie sorgt dafür, dass sich technologische Trends, gefragte Kompetenzen und Jobprofile immer schneller weiterentwickeln. Wie sich dabei Versicherer aufstellen sollten, klärt adesso-Consultant Diana Trinkle auf.

Durch KI-gestützte Tools zur smarten Personalplanung und datenbasiertes Skill-Matching können Unternehmen ihre operative Effizienz steigern. Ziel ist die Entwicklung adaptiver Betriebsmodelle für mehr Flexibilität und Resilienz. Mit einem 360-Grad-Ansatz – von Technologie-Scouting über Implementierung bis zu Change-Management und Upskilling – können Unternehmen die Potenziale von KI heben sowie aktuelle und zukünftig benötigte Personalstrukturen transparent machen. So schaffen sie die Basis für nachhaltiges Wachstum.

KI und strategische Personalplanung als Schlüssel zur adaptiven und resilienten Organisation

Technologieorientierte strategische Personalplanung ist ein Ansatz, der Versicherern hilft, technologische Trends frühzeitig zu erkennen, ihre Auswirkungen auf Geschäftsmodelle und Prozesse zu analysieren und die notwendigen Kompetenzen im Unternehmen aufzubauen. Er ermöglicht es, neue Technologien rechtzeitig zu implementieren. Zudem stellt er sicher, dass Mitarbeitende über das erforderliche Know-how verfügen, um diese effektiv zu nutzen und die Organisationsstruktur adäquat anzupassen. Deutsche Versicherer stehen vor diesen Herausforderungen:

  • Beschleunigter wettbewerbskritischer Technologiewandel: Neue Technologien beeinflussen zunehmend Prozesse und Organisationen. Oft wird nicht frühzeitig erkannt, wie diese das Unternehmen betreffen oder welche Wettbewerbsvorteile sie ermöglichen.
  • Fachkräftemangel in Schlüsselpositionen: Insbesondere im technologischen Bereich fehlen qualifizierte Mitarbeitende, um neue Technologien effektiv einzusetzen.
  • Alternde Belegschaften: Mitarbeitende müssen neue Kompetenzen erlernen, um mit technologischen Entwicklungen Schritt zu halten.
  • Marktkonsolidierung durch Fusionen: Fusionen wie BarmeniaGothaer (2024) oder Provinzial (2020) zeigen die Branchenveränderung. Solche Zusammenschlüsse erfordern nicht nur eine Anpassung der Unternehmensstrukturen, sondern auch eine Neuausrichtung der Personalstrategie, um Synergien zu schaffen und Prozesse effizient zu gestalten.

Viele Versicherungsunternehmen hinken der Digitalisierung und Automatisierung hinterher. Häufig werden sie von externen Entwicklungen getrieben, anstatt diese proaktiv zu gestalten. Auch auf dem hochrangig besetzten Handelsblatt Insurance Summit 2024 wurde klar, dass die Versicherungsbranche angesichts der KI-Revolution und des hohen Wettbewerbsdrucks gezwungen ist, Digitalisierung und innovative Technologien entschlossen voranzutreiben, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der rasante Fortschritt erfordert rasche Anpassungsfähigkeit, um nicht den Anschluss zu verlieren oder im Idealfall Vorreiter zu sein.

In drei Schritten in die Arbeitswelt der Zukunft

KI spielt eine zentrale Rolle, um den technologischen Wandel frühzeitig zu antizipieren und gezielt darauf zu reagieren. KI, GenAI und RPA sind entscheidend, um Effizienz und Produktivität zu steigern. Gleichzeitig entstehen dadurch neue Anforderungen an Kompetenzen und Organisationsstrukturen. Wird KI richtig eingesetzt und werden die richtigen Tools entwickelt und integriert, unterstützt sie bei drei wesentlichen Schritten:

Schritt 1: Technologische Trends identifizieren
Mithilfe von KI können aktuelle Forschungsergebnisse, Marktbewegungen und branchenspezifische Entwicklungen analysiert werden, um technologische Trends früh zu erkennen. Durch die Analyse interner und externer Daten – etwa aus Studien oder Diskussionspapieren – können relevante Schlagwörter identifiziert werden, die auf bevorstehende technologische Umbrüche hinweisen.

Begriffe wie „Big Data“ oder „Automatisierung“ hätten bereits vor Jahren auf die heutige Relevanz von KI hingedeutet. Auch wenn Experten teils mit dem Aufkommen von disruptiven Systemen wie ChatGPT rechnen, wird häufig unterschätzt, wie rasant sich solche Technologien verbreiten. Diese Dynamik muss in der Trendanalyse berücksichtigt werden, um fundierte und zukunftsgerichtete Entscheidungen zu treffen und zu antizipieren, welche Technologien für die eigene Branche relevant werden.

Schritt 2: Identifizierung zukünftiger Skills und Kompetenzentwicklung

Sobald klar ist, welche Technologien relevant werden, stellt sich die Frage: Welche Geschäftsbereiche sind betroffen und welche Kompetenzen werden künftig benötigt – sei es zur Implementierung oder zur Nutzung?

Hier hilft die Analyse bestehender Rollenprofile und Skillsets. Tools für datenbasierte Kompetenzanalysen ermöglichen es, interne Potenziale frühzeitig zu erkennen. Mitarbeitende, deren Profil nah an künftigen Anforderungen liegt, können gezielt weiterentwickelt werden. Die Allianz beispielsweise identifiziert durch Kompetenzanalysen Entwicklungsbedarfe und überführt sie in Weiterbildungsmaßnahmen.

Fehlen geeignete Rollen im Unternehmen, lassen sich neue Jobprofile definieren oder externe Talente frühzeitig identifizieren – noch bevor der Markt sie als Standard erkennt. Plattformen für das Human Capital Management wie SAP SuccessFactors ermöglichen die datenbasierte Personalplanung. So wird Kompetenzentwicklung zu einem strategischen Hebel im digitalen Wandel.

Schritt 3: Technologieeinführung und Organisationsentwicklung

Mit der Einführung neuer Technologien beginnt die eigentliche Transformation: Die Personal- und Organisationsstruktur muss an neue Anforderungen angepasst werden – idealerweise bevor operative Engpässe entstehen.

Planungs- und Analysetools ermöglichen es, Rollen, Aufgaben und Prozesse datenbasiert neu zu gestalten. Bestehende Tätigkeiten können automatisiert, veraltete Rollen abgeschafft und neue gezielt dort eingeführt werden, wo sie einen klaren Mehrwert bringen.

Versicherer können so gezielt Kompetenzen intern aufbauen, Mitarbeitende weiterentwickeln oder – falls nötig – neue Rollenprofile definieren und extern rekrutieren. Durch flexible Rollenkonzepte entstehen anpassungsfähige Strukturen, die nicht nur auf technologische Veränderungen reagieren, sondern sie aktiv mitgestalten.

Ein fiktives Beispiel: Ein Versicherer, der eine neue Risikobewertungstechnologie einführt, passt seine Schadensabteilungen strukturell an, etabliert neue Rollen wie „Risiko-Datenanalysten“ und bildet bestehende Sachbearbeitende gezielt weiter.

Strategische Begleitung sichert Wettbewerbsvorteile und langfristiges Wachstum

Gezielter KI-Einsatz und frühzeitige Technologieerkennung helfen Versicherern, neue Technologien effizient umzusetzen und Organisationen resilient zu gestalten – für proaktiven Wandel und flexible Strukturen. Der technologische Fortschritt verändert Arbeitsplätze und schafft neue Rollen, auf die flexibel reagiert werden muss. Fusionen wie bei Provinzial oder BarmeniaGothaer zeigen die Bedeutung von Synergien, angepassten Personalstrategien und digitaler Transformation. So sichern Versicherer sich frühzeitig Wettbewerbsvorteile.

Versicherungsunternehmen müssen sich in einem dynamischen Markt technologisch neu aufstellen. KI-gestützte Planung und flexible Rollenkonzepte helfen, Innovationen frühzeitig zu nutzen und notwendige Kompetenzen aufzubauen. Der beschriebene Ansatz unterstützt die flexible Anpassung von Strukturen und Prozessen, steigert Resilienz und sichert langfristiges Wachstum – besonders in Zeiten von Fusionen und disruptiven Veränderungen. Dieser Wandel ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher, dynamischer Prozess, der dauerhaft strategisch begleitet werden muss, um langfristig erfolgreich zu bleiben.

Autorin: Diana Trinkle ist Managing Consultant bei adesso. Als Projektleiterin und Change Managerin begleitet sie Unternehmen bei Reorganisationen und Transformationen. Ihr Ziel: technologiebasierte, strategische Personal- und Organisationsstrukturen, die Unternehmen resilient und flexibel für die Zukunft machen.