Von Schäden und Übernahmen: Strategische Transaktionen bei Schadendienstleistern

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Sachversicherer stehen unter enormem Kostendruck. Man spricht wieder über die fehlende Profitabilität, beispielsweise in der Wohngebäude- oder Kfz-Versicherung. Den größten Kostentreiber stellt der Schadenaufwand dar – und dieser bietet das wohl größte Potenzial für Einsparungen. Zeitgleich sollen Investitionen in Technologie und Partnerschaften den Weg für eine zukunftsorientierte Anpassung an Kundenbedürfnisse ebnen. Durch die zunehmende Marktkonsolidierung von Schadendienstleistern wird der Zugang zu unabhängigen Anbietern allerdings erschwert, sodass Versicherer ihre bisherige Aufstellung überprüfen sollten. Eine Analyse.

Bedeutung der Schadenaufwendungen in der Sachversicherung

Die Aufwendungen der Sachversicherer umfassen im Wesentlichen Aufwendungen für den Abschluss von Verträgen, Verwaltungsaufwendungen (zusammen Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb) sowie Schadenaufwände, die sich aus Schadenregulierungskosten und Entschädigungsleistungen zusammensetzen. Mit ausgezahlten Leistungen in Höhe von rund 58 Mrd. Euro im Geschäftsjahr 2022 (76,4 Prozent der Gesamtkosten) stellen die Schadenaufwendungen den mit Abstand wesentlichsten Kostenblock in der Sachversicherung dar. Den seit 2010 niedrigsten Wert erreichte die Schadenquote im Jahr 2020 in Folge der Covid-19-Pandemie. Lockdowns und Reisebeschränkungen reduzierten vor allem die Anzahl der Schäden in der Kfz-Versicherung deutlich.

Insgesamt lag die durchschnittliche Schaden-Kostenquote (Combined Ratio) seit 2010 bei 96,2 Prozent in der Sachversicherung. Dies lässt nur geringe Margen in dieser Sparte zu und sorgt dafür, dass Kostensteigerungen aufgrund interner oder externer Effekte die Profitabilität der Versicherer schnell gefährden können. Der Anteil des Schadenaufwands an den verdienten Bruttobeiträgen macht deutlich, dass hier das größte Potenzial für Kostenoptimierung zu finden ist. Diese Vorteile können genutzt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, beispielsweise durch günstigere Prämien oder zusätzliche Leistungen in den Produkten.

Besonders spannend in Bezug auf Optimierungspotenziale ist die Kfz-Versicherung. Im Geschäftsjahr 2022 sind 26 Mrd. Euro und somit 45 Prozent der Schadenaufwendungen deutscher Sachversicherer auf die Kraftfahrtversicherung entfallen, hiervon 15 Mrd. Euro auf die Kfz-Haftpflicht- und elf Mrd. Euro auf die Kaskoversicherung. Zudem liegt der Anteil der Schadenaufwendungen mit durchschnittlich 89 Prozent an den verdienten Beiträgen seit 2010 deutlich über der Durchschnittsquote in der gesamten Sachversicherung. Die Combined Ratio lag im Durchschnitt bei 99,6 Prozent, im Geschäftsjahr 2022 sogar knapp über 100 Prozent, was den Effizienzdruck der Versicherer vor allem in der Kfz-Versicherung verdeutlicht.

Aufgrund der Bedeutung der Kfz-Versicherung für den Schadenaufwand, die gute internationale Vergleichbarkeit und die Vielzahl der Transaktionen, die in den letzten Jahren im Bereich der Kfz-Schadenregulierung zu beobachten sind, gehen wir nachfolgend detaillierter auf diesen Versicherungszweig ein.

Kfz-Versicherung im Spannungsfeld globaler Trends

Der Schadenaufwand ist seit 2010 in der Kfz-Versicherung um rund 30 Prozent gestiegen und wird auch zukünftig trotz unterschiedlicher, teils gegenläufiger makroökonomischer und branchenspezifischer Trends ein wesentlicher Kostentreiber in der Branche bleiben. Negativ wirken sich vor allem derzeitige makroökonomische Entwicklungen und veränderte Kundenanforderungen auf den Schadenaufwand aus. Die derzeitige Inflation und Zinsentwicklung wirken sich beispielsweise auf Reparaturkosten und Preise für Ersatzteile aus und erhöhen dadurch die Entschädigungsleistungen. Der hierdurch verursachte Anstieg kann sich auf die Profitabilität und Substanz der Versicherer auswirken und muss entsprechend in den Kalkulationen berücksichtigt werden.

An der Kundenschnittstelle werden durch veränderte Anforderungen Anpassungen und Optimierungen der bisherigen Prozesse erforderlich. Kunden erwarten schnelle und unkomplizierte Lösungen und achten bei ihren Kaufentscheidungen immer mehr auf ökologische Aspekte. Allianz und Innovation Group haben daher gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut eine Untersuchung zum Vorteil der Instandsetzung gegenüber dem Ersetzen von Bauteilen infolge eines Kfz-Schadens durchgeführt. Das Ergebnis ist eindeutig: Reparaturen verursachen zwischen 40 und 60 Prozent weniger CO2-Emissionen als der Austausch von Teilen, bei denen vor allem die Herstellung der Teile den CO2-Verbrauch treibt. (1)

Trends und Entwicklungen in der Automobilbranche hingegen haben teilweise gegenläufige Effekte. Der Anteil von Neuzulassungen von (teil-)automatisierten Fahrzeugen mit smarten Assistenzsystemen nimmt seit einigen Jahren stark zu. Diese sollen den Straßenverkehr sicherer machen und Unfälle reduzieren. Um die Auswirkungen auf Entschädigungsleistungen zu untersuchen, hat der GDV bereits im Jahr 2016 in Zusammenarbeit mit Ingenieuren, Mathematikern, Versicherungsexperten und Unfallforschern eine Studie zu den Auswirkungen von automatisiertem Fahren auf den Schadenaufwand bis 2035 veröffentlicht und diese im Jahr 2021 bis zum Jahr 2040 aktualisiert. Das Ergebnis ist, dass die Reduzierung der Entschädigungsleistungen geringer ausfällt als erwartet. Nach Einschätzung des GDV werden die Entschädigungsleistungen der Kfz-Versicherer bis 2040 ohne Berücksichtigung von Inflation lediglich um acht bis 15 Prozent sinken.

Aber woran liegt das? Zum einen führt der vermehrte Einbau modernster Sensoren und Technik in den Fahrzeugen zunächst im Falle eines Unfalls zu höheren Reparaturkosten. Außerdem verbreiten sich die Systeme nur langsam und werden in vollem Umfang nicht für alle Neuwagen angeboten. Ein weiterer großer Faktor ist der tatsächliche Einfluss der Assistenzsysteme auf verschiedene Schadensarten. Denn auf viele Schäden wie Diebstahl, Hagel oder andere Wettereinflüsse haben die Systeme keinen Einfluss. Der GDV benennt in seiner Studie, dass die Systeme selbst in der Theorie nur für maximal 66 Prozent der Schäden und 56 Prozent der Entschädigungsleistungen relevant seien. Zuletzt wirkt auch der steigende Fahrzeugbestand der Reduzierung der Anzahl der Schäden entgegen (2).

Eine Entlastung der Versicherer mit Blick auf den Schadenaufwand scheint vorerst nicht in Sicht. Um trotz der verschiedenen Herausforderungen weiter wettbewerbsfähig zu bleiben oder gar Wettbewerbsvorteile zu realisieren, müssen Versicherer daher zunehmend ihr Kostenmanagement im Bestand, der Schadenregulierung und im Vertrieb prüfen sowie ihre Geschäftsstrategien anpassen. Insbesondere im Prozessablauf des Schadenmanagements sehen Versicherer großes Optimierungspotenzial.

Aufstellung der Versicherer: Eigenregulierung oder externer Dienstleister?

Die wesentlichen Ziele eines effizienten Schadenmanagements sind neben der Prävention die effiziente Schadenbearbeitung sowie die Reduzierung der Schadenhöhe. Dabei verfolgen Versicherer zwei unterschiedliche Konzepte, die auch in Teilen kombiniert werden können. Zum einen betreiben einige Versicherer das Schadenmanagement In-house. Sie regulieren die Schäden weitestgehend eigenständig, in dem sie eigene Gutachter etc. beschäftigen, Bereiche für die technische Regulierung sowie eigene Werkstattnetze aufgebaut haben. Zum anderen lagern viele Versicherer die Bearbeitung der Schäden (teilweise) an externe Dienstleister aus. Diese Methode gewinnt durch den gestiegenen Kostendruck und den hohen Bedarf an möglichst effizientem Schadenmanagement zunehmend an Bedeutung, was sich auf den Markt externer Schadendienstleister und dessen Dynamik auswirkt.

Der Markt für solche Dienstleister in Deutschland ist derzeit noch fragmentiert. Das Angebot an Dienstleistungen ist umfangreich und nimmt stetig zu. Während das klassische Kernprodukt, die Belegprüfung von Gutachten und Kostenvoranschlägen in den Hintergrund zu rücken scheint, nehmen hochautomatisierte und digitalisierte Komplettangebote unter Einbeziehung aller Beteiligten (Geschädigter, Versicherung, Werkstatt) am Markt zu. Komplettangebote, die den Kunden entlang des gesamten Prozesses begleiten, erfüllen dessen Anspruch an eine schnelle und unkomplizierte Abwicklung und können somit zu einer höheren Kundenzufriedenheit beitragen.

Auch wenn Versicherer schon immer große Datenmengen produziert haben, verfügen Schadendienstleister darüber hinaus über einen umfangreichen Markteinblick. Um diesen effektiv nutzen und hieraus einen Wettbewerbsvorteil generieren zu können, ist neben dem Know-how in der Kfz-Branche auch Know-how in der IT und Datenverarbeitung von großer Bedeutung, welches viele Versicherer noch vor größere Herausforderungen stellt.

Einige der Anbieter für Schadendienstleistungen ähneln mittlerweile eher Tech-Unternehmen, die diese Daten unter Verwendung von künstlicher Intelligenz und Big Data analysieren. Damit können Versicherer auf den steigenden Kostendruck reagieren und Einsparpotenziale effizienter identifizieren. Auch Preisentwicklungen bei Handwerkern und Werkstätten können beispielsweise verfolgt und verglichen und kurzfristige Marktveränderungen schneller in der Tarifplanung berücksichtigt werden (3)

Durch die KI-gestützte Analyse der Daten können Schadendienstleister in der Regel eine hohe Betrugserkennung vorweisen und die Regulierung von Standardschäden beispielsweise durch einen hohen Grad an Dunkelverarbeitung massiv skalieren.

Als weiterer wesentlicher Vorteil der Auslagerung des Schadenmanagements sind oft geringere Entschädigungsleistungen zu nennen. Durch die großen Werkstattnetze der Dienstleister und die hohe Fallzahl die diese abwickeln, gewähren Werkstätten Bündelrabatte, von denen die Versicherer beispielsweise durch einen Ersatzteilrabatt profitieren können. Diese Einsparungen können Versicherer nutzen, um ihr Leistungsangebot zu erweitern oder preislich wettbewerbsfähiger zu sein. Zudem können mit den Dienstleistern Auslastungsspitzen abgefangen und auch die Investitionen in IT-Systeme reduziert werden.

Diese Aspekte führen dazu, dass sich trotz der umsatzsteuerpflichtigen Dienstleistung und der partiellen Abgabe von Kontrolle, zum Beispiel über Groß- und Frequenzschäden, viele Versicherer für die Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister entscheiden. 

Marktdynamik und Investorengruppen

Um von den Vorteilen der großen Netzwerke der Schadendienstleister sowie deren technologischem Know-how profitieren zu können, treten große Versicherungshäuser zunehmend als strategische Investoren auf und beteiligen sich an Schadendienstleistern oder erwerben diese vollständig. Bekannte Beispiele sind hierfür die Beteiligungen an bzw. Übernahmen von ControlExpert, GT Motive und der Innovation Group durch die Allianz (2020-2022), der Erwerb der Eucon Gruppe der InterEurope durch die VHV (2020, bzw. 2021) sowie die jüngste Beteiligung von Provinzial, R+V und W&W an der riparo GmbH, einem Kfz-Schadendienstleister mit eigenem Werkstattnetz, mit dem bereits vorher eine Kooperation bestand.

Auffällig hierbei ist, dass längst nicht nur klassische Schadendienstleister, sondern vor allem auch Software- und datengetriebene Unternehmen erworben werden, wie durch die Beteiligung der W&W an der OMNI:US GmbH, einem Softwareunternehmen mit Focus auf kognitivem Schadenmanagement oder am Beispiel Eucon oder Innovation Group zu erkennen ist. Insbesondere bei letzterer steht die digitale Schadenmanagement-Plattform Gateway der Innovation Group im Mittelpunkt der Transaktion. (4)

Andersherum sehen jedoch auch die Technologieunternehmen den Vorteil einer Investition in Schadendienstleister, deren Geschäftsmodell Zugang zu großen Datenmengen ermöglicht. So hat etwa Verisk, ein amerikanisches Datenanalyse-Unternehmen für die globale Versicherungsbranche, im vergangenen Jahr die Mehrheit an dem deutschen Schadendienstleistungsunternehmen Krug Sachverständigen GmbH erworben.

Neben Versicherern treten auch PE-Häuser als Investoren auf, die in der Regel eine klassische Buy-and-Build-Strategie verfolgen und nach einer Optimierungsphase von fünf bis zehn Jahren den Exit über den Kapitalmarkt oder wiederum Strategen suchen. In den letzten drei Jahren hat diese Investorengruppe jedoch weniger in dem Markt investiert bzw. kam bei Transaktionen nicht zum Zuge. Hingegen wurden bestehende Beteiligungen veräußert. Beispiele hierfür sind HgCapital (London, GB), die bis zum Erwerb durch die VHV die Mehrheit an der Eucon-Gruppe hielten oder die Carlyle Group (Washington D.C., USA), dem ehemaligen Eigentümer der Innovation Group.

Neben der vertikalen Integration hat auch die Konsolidierung unter Schadendienstleistern zugenommen. So haben sich im Jahr 2021 die drei Außenregulierungsorganisationen Twentyfour, Rekon und Interschaden zusammengeschlossen und die neue Gesellschaft „Interschaden Außenregulierung GmbH“ gegründet. Diese ist seither eine Tochtergesellschaft der The Claims Factory GmbH, zu der Twentyfour und Rekon bereits zuvor gehörten (5).

Viele der aktuellen Anbieter sind klein bis mittelgroß und nach wie vor inhabergeführt. Vor allem für Unternehmen mit stark spezialisiertem Geschäftsmodell liegt die Herausforderung in der Bewältigung der Digitalisierung und der Skalierung. Vor diesem Hintergrund öffnen sich viele kleinere und mittlere Anbieter für Kooperationen oder Zusammenschlüsse. Ein anderer Grund hierfür ist ein Verkauf im Falle der Nachfolgeregelung.

Der Einstieg von Versicherern und PE-Häusern erleichtert vor allem größere Investitionen in Innovation und bietet bei strategischen Investoren Zugang zu einer breiten Kundenbasis.

Herausforderungen bei Transaktionen

Auch wenn diese Zusammenschlüsse potenziell beiderseitige Vorteile bringen können, sind die Transaktionen häufig mit spezifischen Herausforderungen verbunden. Bei den Schadendienstleistern handelt es sich wie bereits genannt oft um kleine bis mittlere, inhabergeführte Unternehmen. Die Versicherer stehen vor der Aufgabe, diese Unternehmen davon zu überzeugen, in ein reguliertes Umfeld einzutreten und somit einen Großteil ihrer bisherigen Entscheidungsfreiheit aufzugeben. Eine zentrale Frage ist, wie die Geschäftsführer angemessen motiviert werden können. Oft werden die ehemaligen Besitzer bzw. das Management beteiligt, um am zukünftigen Erfolg des Unternehmens und dem Zusammenschluss mit dem Erwerber teilzuhaben.

Eine weitere Herausforderung besteht im Erhalt der Schlüsselmitarbeiter, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Gewinnung und Bindung von Personal in vielen Branchen zu den derzeit größten Herausforderungen zählen. Auch der Verlust von Kunden, vor allem im Rahmen strategischer Übernahmen, muss bedacht werden. So stellt sich beispielsweise die Frage, wie andere Versicherer auf die Übernahme des Kooperationspartners durch einen direkten Wettbewerber reagieren. Darüber hinaus stellen die Betrachtung von (Dis-)Synergien sowie die Verständigung über den Kaufpreis zentrale Herausforderungen dar, die es zu lösen gilt.

Diese Überlegungen verdeutlichen, dass die erfolgreiche Durchführung einer Beteiligung oder Übernahme umfassende Erfahrung im Transaktionsgeschäft sowie ein tiefgreifendes Verständnis der Branche erfordert.

Strategien der Versicherungsunternehmen

Im Rahmen der Post Merger Integration verfolgen die Versicherer unterschiedliche Strategien. Die Allianz-Gruppe etwa tätigte die letzten Transaktionen im Bereich der Schadenregulierung über ihre Tochter Allianz X, die sich auf Investments mit strategischer Relevanz für die gesamte Gruppe spezialisiert hat. Ein Fokus liegt hierbei auf Mobilität und Datenintelligenz, wie der Erwerb von GT Motive, ControlExpert und Innovation Group zeigen. Als eine der Säulen der digitalen Transformationsstrategie der Gruppe stellt Allianz X die Schnittstelle zwischen den operativen Einheiten der Allianz und einem breiten digitalen Ökosystem (6) wie in diesem Beispiel entlang des gesamten Schadenprozesses dar.

Mit GT Motive hat sich die Allianz einen Lieferanten für Schadendaten eingekauft, ControlExpert hingegen bietet Prüfdienstleistungen und KI-Entwicklung an während die Innovation Group unter anderem eines der größten unabhängigen Kfz-Schadennetze in den Konzern brachte. Hierbei betont die Allianz stets, die weitere Unabhängigkeit ihrer Unternehmen.

Im Falle der VHV werden die erworbenen Gesellschaften unabhängig vom Versicherungsgeschäft als eigenständige Unternehmen innerhalb der VHV-Gruppe und unter eigener Marke weitergeführt. Die letzten beiden Erwerbe unterstreichen den geplanten Ausbau versicherungsnaher Leistungen innerhalb der VHV-Gruppe sowie die Digitalisierungsstrategie. Den Erhalt der Unabhängigkeit des Anbieters betonen auch die drei Versicherer Provinzial, R+V und W&W im Zuge des gemeinsamen Einstieges bei der riparo GmbH.

Herausforderungen durch Marktkonsolidierung – Unabhängigkeit der Schadendienstleister

Auch wenn die weitere Unabhängigkeit der übernommenen Schadendienstleister und Technologieunternehmen im Schadenökosystem stets betont wird, stellt die zunehmende Marktkonsolidierung die Frage in den Raum, wie es zukünftig tatsächlich um die Unabhängigkeit der zu großen Versicherungsgruppen gehörenden Schadendienstleister und Softwareunternehmen bestellt sein wird.

Der Zugang zu unabhängigen Anbietern dürfte erschwert werden. Bereits seit einigen Jahren nehmen Versicherer zunehmenden Einfluss auf die Schadenregulierung. Die Huk-Coburg beispielsweise betreibt in Deutschland ein umfassendes Netzwerk mit rund 1.600 Werkstätten (7), dicht gefolgt von der Innovation Group (rund 1.500 Partner (8)) sowie riparo (rund 1.200 Partner (9)) und dem SPN Service Partner Netzwerk (rund 1.000 Partner (10)), alle mit Beteiligungen deutscher Versicherer. An letzterem sind unter anderem ADAC, VKB, Allianz sowie die Sparkassen-Versicherung Sachsen beteiligt. An riparo halten seit Januar 2023 Provinzial, R+V und W&W gemeinsam 75 Prozent der Anteile (11).

Auch wenn Versicherer den Fortbestand der Unabhängigkeit der erworbenen Gesellschaften betonen, sind Kooperation zwischen diesen und anderen Versicherern nicht unvorteilhaft für den Erwerber. Auch wenn der Zugriff auf die Daten vertraglich auf den jeweiligen Kooperationspartner beschränkt werden kann, lernt die KI doch von allen abgewickelten Schäden dazu und nutzt somit die Daten aller Kooperationspartner.

Ausblick

Das Schadenmanagement im Sach- und insbesondere im Kfz-Geschäft wird zukünftig durch die Integration fortschrittlicher Technologien und durch strategische Partnerschaften geprägt sein. Die steigende Konsolidierung birgt das Risiko der Einschränkung von Auswahl und Unabhängigkeit in den angebotenen Dienstleistungen.

Autoren: Nathalie Reichel, Managerin Insurance Deal Advisory bei KPMG; Christian Kern, Director Insurance Deal Advisory bei KPMG

1    Reparatur_vs_Austausch (frauenhofer.de) https://publica-rest.fraunhofer.de/server/api/core/bitstreams/7ab52134-36e7-452a-a170-8ce4f9d025b1/content)

2    d-studie-data.pdf (gdv.de) https://www.gdv.de/resource/blob/74398/a3f836ecb82a30b65ccdc320ab4a8cf0/d-studie-data.pdf

3    Datenbasierte Entscheidungen im Schadenmanagement erleichtern: Eucon stellt Lösung für Markt-Insights für Versicherer auf dem Schadenkongress vor – Eucon

4    Innovation Group | Scale up claims, speed up repairs. https://www.innovation.group/de/innovation-group-kuenftig-mit-allianz-x-als-eigentuemer/

5    Schadenregulierer: Zusammenschluss schafft größtes unabhängiges Netzwerk im Außendienst – Versicherungswirtschaft-heute

6    Home – Allianz X

7    Partnerwerkstätten (huk.de)

8    Größerer Einzugsbereich bei niedrigeren Kosten | Innovation Group

9    Pressemitteilungen der Versicherer Provinzial, R+V und W&W, 10. Januar 2023

10  https://spn-netz.de/ueber-spn/

11  Pressemitteilungen der Versicherer Provinzial, R+V und W&W, 10. Januar 2023

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