„Lieber Oli Bäte, haben Sie einmal darüber nachgedacht, was das in der Praxis bedeutet?“
Der Vorschlag von Oliver Bäte, zur Karenzzeit zurückzukehren, in der Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen, schlug hohe Wellen. Der Allianz-Chef schaffte es bis in das ZDF Heute Journal. Sowohl Befürworter als auch Gegner kamen zu Wort. Überraschende Gegenwehr kommt nun von Investor Carsten Maschmeyer.
In einem Interview mit dem Handelsblatt brachte Bäte den Stein ins Rollen (VWheute berichtete). „Unser Gesundheitssystem und das Bürgergeld, all das basiert auf einer guten Idee“, sagt er. „Nun aber wird klar: Das gesamte System schafft falsche Anreize für Menschen, sich vom Sicherheitsnetz in die soziale Hängematte zu begeben. Bislang konnten wir uns das leisten, nun aber fehlen der Wirtschaft die Arbeitsstunden.“
Der Manager kritisiert, dass Deutschland mittlerweile „Weltmeister bei den Krankmeldungen“ sei. Man müsse überlegen, wie man damit umgehe und es sozial gerecht gestalte. Bätes Vorschlag: eine Rückkehr zur Karenzzeit, in der Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen.
Die Bundesregierung hat dieses System bereits 1970 abgeschafft. In anderen Ländern wie Schweden, Spanien oder Griechenland ist der Karenztag jedoch weiterhin üblich. Während Arbeitnehmer in Deutschland durchschnittlich 20 Tage im Jahr krank sind, liegt der EU-Durchschnitt bei lediglich acht Krankheitstagen. In Staaten wie der Schweiz und Dänemark arbeiten Beschäftigte im Jahresvergleich etwa einen Monat länger – bei ähnlichem Gehalt.
Finanzunternehmer Maschmeyer kann die Aussagen des Allianz-Chefs nicht nachvollziehen. Krank sein dürfe seiner Meinung nach nicht bestraft werden und „schon gar nicht in Form von Lohnkürzungen“.
„Lieber Oli Bäte, haben Sie einmal darüber nachgedacht, was das in der Praxis bedeutet? Mehr Ansteckungen, längere Krankheitsverläufe, sinkende Produktivität.“ Maschmeyer räumt ein, dass die hohen Krankenstände in Deutschland nicht zu ignorieren seien. „Aber zu glauben, dass ein Karenztag keine sozialen Probleme auslöst, verkennt die Lebensrealität vieler Menschen. Gerade für diejenigen im Niedriglohnsektor oder mit befristeten Verträgen kann ein unvergüteter Krankheitstag bedeuten, dass die nächste Miete nicht bezahlt wird.“
Der heutige Investor fordert stattdessen „Prävention statt Bestrafung“, „flexible Arbeitszeitmodelle“ und „Vertrauen statt Misstrauen“, wie er schreibt. „Wie wäre es mit einer Offensive für betriebliche Gesundheitsförderung? Zuschüsse für Fitnessprogramme, regelmäßige Gesundheits-Check-ups oder Arbeitsplatzoptimierungen – alles besser als Karenztage.“ Laut Maschmeyer seien Mitarbeiter, die flexibel arbeiten könnten, zudem weniger gestresst und langfristig gesünder. Und: „Unternehmen, die ihren Mitarbeitern vertrauen, profitieren von loyaleren, engagierteren Teams. Ein ‚Karenztag‘ signalisiert aber genau das Gegenteil: Misstrauen.“
Autor: VW-Redaktion