Allianz: Kein genereller Ausschluss bei KI-Schäden
KI-Schäden werden kommen und mit ihnen neue Absicherungsbedürfnisse der Industrie an die Branche. Rückversicherer Munich Re, der bereits gesonderte Policen dazu anbietet, ist der Überzeugung, dass künstliche Intelligenz immer Fehler machen werde, „egal wie gut sie ist“. Im VersicherungswirtschaftCLUB betonte auch der Münchener Nachbar Allianz seine Offenheit zur Absicherung von KI-Schäden.
Auf dem GVNW-Symposium vor rund zwei Monaten referierte Alexandra Matthews von der Munich Re über Szenarien und Folgen von KI-Schäden. Die Expertin mahnte, dass die Technik immer Fehler machen würde, unabhängig davon, wie gut sie sei. Das Risiko könne nie vollständig eliminiert, sondern nur reduziert werden.
Ein bekanntes Beispiel für einen KI-Schaden ist der Fall des größten amerikanischen Krankenversicherers United Healthcare aus dem Jahr 2023, der mit einer Sammelklage konfrontiert ist. Darin wird dem Unternehmen vorgeworfen, dass älteren Patienten durch den Einsatz eines Algorithmus der künstlichen Intelligenz namens „nH Predict“ zu Unrecht Ansprüche auf Langzeitpflege verweigert wurden.
In einem anderen Fall führt Munich Re in einer KI-Analyse das Beispiel eines US-amerikanischen Anwalts auf, der Opfer von „Halluzinationen“ wurde. Der Anwalt nutzte einen KI-Chatbot, der ihn bei der Recherche der einschlägigen Rechtsprechung unterstützte. Die vom KI-Chatbot zitierten Fälle, auf die er später zugegriffen hatte, entpuppten sich als Erfindung des Computers. Der Anwalt kam zwar mit einer Ermahnung davon, der Ruf seiner Kanzlei war jedoch beschädigt.
Trotz Fällen wie dieser spricht die Branche derzeit dennoch viel lieber über die Potenziale anstatt über die Risiken von KI. Dass Schäden und komplexe Haftungsfragen bald auch in Deutschland auftreten werden, ist wahrscheinlich. Munich Re positioniert sich bereits als Vorreiter und betont, dass man Risiken gegen KI versichern könne. Eine Spezialpolice würde etwa Haftpflichtschäden an Dritten decken, die entstehen, wenn die Technik „halluziniert“. Bislang noch nicht geschützt ist die Verletzung geistigen Eigentums sowie AI-Discrimination. Doch man arbeite an Stand-alone-Policen hierzu.
Aber auch Ausschlüsse sind aufseiten der Versicherer zu erwarten. Zu teuer und zu schwer zu kalkulieren sind die Folgen von KI-Schäden. Gerade der Schutz von geistigem Eigentum ist für die Branche eine Hochrisikozone, weil die Summen exorbitant werden können.
Ähnlich wie die Munich Re hat es sich auch Nachbar Allianz zum Ziel gemacht, bei technologischen Entwicklungen wie KI vorne mitzuspielen. Der Versicherer betont, bei der Erforschung von Schäden nach dem Ursachenprinzip vorzugehen und sich von der Frage leiten zu lassen, wodurch dieser ausgelöst wurde, wie die Ausprägungen sind und ob ein Drittschaden oder Ähnliches vorliegt.
„Spätestens seit Cyber sind wir im KI-Bereich gut aufgestellt und mit einer ordentlichen Deckung unterwegs – sei es in Haftpflicht oder bei Eigenschadendeckungen“, sagte Gordan Stanojević, Regional Head of Distribution Germany & Switzerland von Allianz Commercial zuletzt im VersicherungswirtschaftCLUB. „Man müsste prüfen, inwieweit Schadenszenarien aus der KI darüber hinausgehen und ob es ein Delta gibt, für das man eine Lösung anbieten muss.“
Generell ausgeschlossen werden KI-Schäden bei dem Versicherer nicht. „Wenn Probleme durch Eigen- oder Drittschäden entstehen, gibt es Produkte, die einen Großteil dieser Schäden abdecken“, berichtet Stanojević. „KI und Fehlleistungen, die daraus entstehen, müssen nicht notgedrungen eine gesonderte Schadenkonstellation sein, die es vorher noch nicht gab.“
Autor: Michael Stanczyk