KI statt Kim: Drei Lehren aus der Marketing-Messe OMR für Versicherer

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Für Kim Kardashian kam nahezu keiner meiner Gesprächspartner auf die Online Marketing Rockstars (OMR), Deutschlands größte und wichtigste Marketingkonferenz. Das Hauptziel von Entscheidern und Professionals aus der Versicherungs- und Finanzwirtschaft war was anderes: Inspiration, Trendidentifikation und die Suche nach Dienstleistern. Ein Erfahrungsbericht von Robin Kiera.
Künstliche Intelligenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Auf fast keiner Bühne fehlte ein Hinweis auf das größte Potenzial künstlicher Intelligenz im Marketing und Vertrieb. Die Kluft zwischen den rhetorischen Luftschlössern auf den großen Bühnen und den ganz konkreten Angeboten der über 1.000 Dienstleister war schon sehr groß. Natürlich sehen auch wir das große Potenzial von KI in der Content-Konzeption (ChatGPT, bitte generiere mir 20 Ideen, wie ich in 2024 mehr Versicherungen in meiner Zielgruppe verkaufen kann). Wir sehen auch die Realität von KI in der Video-, Audio- und Bildbearbeitung. So ermöglichen Mikrophone von DJI Aufnahmen an lauten Orten, die früher schlichtweg laut waren. Heute filtern sie Hintergrundgeräusche raus. Ferner bieten viele Schnittprogramme KI-basierte Geräuschunterdrückung an. Dieses Video hier wäre ohne KI vor 10 Jahren so nicht möglich gewesen. Auch sehen wir das Potenzial, wie KI bei der Distribution von Content, sowohl organisch als auch paid, enorm helfen kann. Auch hier gibt es einzelne Features, die Versicherern enorm helfen können. Allerdings, weder auf den Bühnen noch bei den Ausstellern der OMR war die eine zentrale Killer-KI-App zu entdecken. Es gab und gibt einfach noch keine App, die perfektes Marketing, Texte, Videos, Audio und Grafiken zaubert. Dies kann sich monatlich ändern. Diese OMR hat dies jedoch noch nicht gezeigt. Vielleicht wird es so etwas auch nicht geben, sondern eher eine Orchestrierung an immer besser werdenden Teil-Lösungen, die immer bessere KI beinhalten.
Kaum Innovation aus Deutschland, den US-Tech-Giganten geht es aber auch nicht wirklich besser
Besonders wertvoll auf der OMR war der Blick über den deutschen Tellerrand. Viele Vorträge unterstrichen völlig zu Recht die technologische und konzeptionelle Vorreiterschaft der USA, Chinas und Indiens. Als Lokalpatriot stimmte es mich aber auch etwas traurig, dass unter den großen Tech- und Marketingfirmen fast keine Deutschen zu sehen waren und sind. Allerdings zeigt der Versuch der US-Tech-Firmen, statt mit eigenen Innovationen neue Marktteilnehmer wie Tiktok, zu schlagen, sondern sich nationaler Gesetzgeber zu bedienen, auch, dass dem Silicon Valley manchmal die Ideen auszugehen scheinen. Dass man dann auf Corporate-Raiding und Enteignungsszenarien zurückgreift, stimmt da eher nachdenklich.
So wenig große innovative Plattformen und digitale Technologien Deutschland auf der OMR präsentieren konnte, umso mehr konnte man Hunderte kleiner und mittelgroßer Anbieter entdecken. Ein Entscheider aus der Branche kommentierte dies: “Ich habe mindestens schon 5 Anbieter gesehen, die uns helfen können. Keinen davon habe ich auf einer Versicherungsmesse gesehen. Die Reise hat sich schon gelohnt.”
Auch wenn die Ausstellerpreise bei der OMR astronomisch hoch sind – eine Kiste Wasser für Aussteller kostete 216 Euro – waren die Hallen voll.
Dienstleister zwischen valider Hilfe und heißer Luft
Für Besucher aus der Versicherungswirtschaft stellte sich vielmehr die Herausforderung, die richtigen Partner im Meer von Dienstleistern zu finden. Der Bereichsleiter eines mittelgroßen Versicherers meinte zu mir: “Meine Kriterien sind: Branchenkenntnis, vorzeigbare Erfolge und Quantität.”
Sowohl bei IT-Lösungen als auch bei Marketingagenturen ist es von Vorteil, wenn der Dienstleister echte Branchenerfahrung hat. Liegen die Ablehnungsquoten bei Agenturen (also für Versicherer produzierte Inhalte mit fachlichen Fehlern, die nicht veröffentlicht werden können) ohne Versicherungsbezug bei 50 Prozent liegt sie bei Agenturen, die sich auf die Branche spezialisiert haben, bei unter zehn Prozent und bei richtig guten bei unter einem Prozent. Dies kann enorme Zeit, Nerven und Budget beim Versicherer sparen.
Vor allem bei Marketingagenturen ist es häufig nicht klar, was diese wirklich liefern können, wenn sie den Linkedin-Kanal des Vorstandes, den Tiktok-Account oder die Videokampagne übernehmen sollen. Hier gibt es ein ganz einfaches und hartes Erkennungsmerkmal. Hat diese Agentur selber erfolgreiche Kanäle mit zehntausenden oder hunderttausenden an Followern und eine Millionen-Reichweite? Wir würden unsere Kinder ja auch nicht zu einem Analphabeten zum Schreiben- und Lesenlernen schicken. Häufig setzen jedoch Versicherer auf Marketingagenturen mit tollen Pitchdecks, aber ohne eigene bewiesene Erfolge auf eigenen Kanälen. Use Cases und Erfolge von Kunden sind auch wichtig. Hier ist jedoch nie klar, welchen Anteil die Agentur daran hatte. Bei eigenen Kanälen ist dies nachweisbar.
Social-Media-Kanäle verlangen einen kontinuierlichen Fluss an guten Inhalten. Das könnten hunderte Posts im Jahr pro Kanal sein. Um diese Flut befriedigen zu können, müssen Agenturen eine hohe Anzahl an Posts generieren. Der perfekte Post und das perfekte Video bringen nichts, wenn die Quantität nicht geliefert werden kann.
Fazit: Die OMR lockte dieses Jahr wieder tausende Unternehmen und zehntausende Zuschauer an. Gerade Fachbesucher nutzten die Messe nicht für Party und Stars, sondern gezielt Trends und Innovationen zu identifizieren – und sich gleich starke Technologie- oder Agentur-Partner zu suchen.
Autor: Dr. Robin Kiera wurde als “Rebell der Branche” bekannt, lesen Sie hier sein Portrait. Er zählt zu den weltweit bekanntesten Influencern der Versicherungsbranche. Er ist Gründer von Digitalscouting, einer auf die Versicherungs- und Finanzindustrie spezialisierten Marketing- und Social-Media-Agentur. Einer breiteren Öffentlichkeit ist er als “CEO of Diggi” als Tiktoker bekannt. Ihm folgen auf Social Media über 700.000 Menschen und er erreicht im B2B und B2C monatlich bis zu 20 Millionen Menschen. Die Kampagnen und Kanäle von Digitalscouting sind preisgekrönt.
