Stornoquote als Qualitätsnachweis für Beratung? Votum-Verband kritisiert Bafin für ihre engstirnige Sicht „auf die Kostenseite von Produkten“

RA Martin Klein ist geschäftsführender Vorstand des Branchenverbands VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. An die VOTUM-Mitgliedsunternehmen sind 100.000 unabhängige Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler angebunden. (Bildquelle: Dierk Kruse)

Der Provisionsrichtwert ist seit Montag vom Tisch, aber die Bafin will gegen die hohen Vertriebskosten weiterhin ankämpfen. Für den Votum-Verband greife das zu kurz, da „komplexe Produkte mit höheren Kosten für den Kunden höhere Rendite erbringen können.“ Auch die Stornoquoten als Messinstrument für die Vermittlungsqualität heranzuziehen, ist für den geschäftsführenden Vorstand Martin Klein höchst fragwürdig.

„Mit der Veröffentlichung des Entwurfs eines Merkblatts zu „wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten‘ beendet die Bafin die von ihr selbst initiierte Debatte um einen Provisionsrichtwert“, VWheute berichtete exklusiv noch am Montagabend. Nun herrscht für Versicherer und Vermittler Klarheit, dass die Bafin – entgegen ihrer ursprünglichen Ankündigung – keine Obergrenzen vorgibt. Der Votum-Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen in Europa e.V. begrüßt die Veröffentlichung, aber dass diese „am letzten Oktobertag erfolgte, spricht Bände“. Sowohl der Zeitablauf als auch die Form der Veröffentlichung zeigen, dass die Bafin in einem Selbstfindungsprozess gezwungen war, ihren Zuständigkeitsbereich auszuloten“, kommentiert Votum-Vorstand Martin Klein.

Der Bafin-Entwurf fokussiert sich auf drei Themenbereiche: Vorgaben zum Produktfreigabeverfahren, Vorgaben zur Vermeidung von Fehlanreizen bei der Vertriebsvergütung sowie Erläuterungen der Aufsicht zu ihrem „risikoorientierten Aufsichtsansatz“. Der Abschnitt zur Auswirkung von Abschlusskosten auf Renditechancen greife jedoch nach Martin Klein deutlich zu kurz. „Die BaFin vermittelt den Eindruck, als ob die Versicherungsunternehmen im Rahmen der Produktherstellung lediglich die Kosten ihrer Produkte beeinflussen können, nicht jedoch deren Renditechancen. Diesem aufsichtsrechtlichen Blick gilt es energisch entgegenzuwirken. Versicherungsunternehmen sind als Produkthersteller durchaus in der Lage, die Renditechancen eines Produktes so positiv zu gestalten, dass eine Versicherung auch mit einem erhöhten Kostenaufwand eine für den Kunden deutlich positivere Rendite erwirtschaftet als ein auf den ersten Blick vermeintlich positives Low-Cost Produkt“, betont Klein.

Dem stimme sogar die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA zu, wie die Ergebnisse des im April veröffentlichten „Cost and past performance Reports“ belegen. Die EIOPA hat in dieser Studie zudem festgestellt, dass sich eine höhere Risikobereitschaft in der Vergangenheit ausgezahlt hat. Wörtlich heißt es dazu: „Höhere Risikoklassen entsprechen höheren Nettorenditen für fondsgebundene und hybride Produkte.“ Auch das Preis-Leistungsverhältnis von fondsgebundenen Produkten wurde positiv beurteilt.

Ferner kritisiert der Votum-Verband, dass die Qualität der Beratung anhand der Stornoquote berechnet wird. Lebensumstände können sich ändern, insofern stornieren manche Kunden ihre Verträge, obwohl es eine gute Beratung gab. Zudem erweckt das Merkblatt erweckt den Eindruck, dass die Bafin den Mehrkanalvertrieb übermäßig problematisiert. „Die Aufsicht plant Versicherungsunternehmen, welche ihre Produkte über einen Mehrkanalvertriebsweg platzieren, mit tiefgreifenderen Produktprüfungs- und Freigaberegularien zu belegen als Unternehmen, die sich beispielsweise lediglich auf den Ausschließlichkeitsvertrieb stützen. Hierbei wird nicht ausreichend berücksichtigt, dass gerade ein Mehrkanalvertrieb dazu geeignet ist, die durchschnittlichen Vertriebskosten zu stabilisieren, während dementgegen bei einem Monokanal-Vertrieb lediglich über eine Ausschließlichkeitsorganisation aufgrund der Vorhaltekosten für diesen Vertriebsweg die Effektivkosten pro Versicherungsvertrag dann stark steigen, wenn der Platzierungserfolg ausbleibt.“

Autor: VW-Redaktion

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