Lloyd’s macht Fortschritte im operativen Geschäft, verliert aber drei Mrd. Pfund an den Kapitalmärkten

Zentrale von Lloyds in London. Quelle: Lloyds of London.

Lloyd’s of London hadert nicht nur mit dem Ukraine-Krieg und den Sanktionen, sondern vor allem auch mit Aktienmärkten. Zwar gab es für das erste Halbjahr einen versicherungstechnischen Gewinn von 1,2 Mrd. Pfund und eine Verbesserung bei der Combined-Ratio (CR) in Höhe von 91,4 Prozent. Doch trotz dieser Errungenschaften präsentierte der britische Versicherungsmarkt insgesamt rote Zahlen.

„Infolge steigender Zinsen“ verzeichnete Lloyd’s einen Gesamtverlust von 1,8 Mrd. Pfund, der durch einen Nettoverlust aus Kapitalanlagen in Höhe von 3,1 Mrd. Pfund aufgrund nicht realisierter Marktwertverluste verursacht wurde. Da die Fälligkeiten der Anlagen kurzfristig sind, wird der Markt ab 2023 von höheren Zinssätzen und damit von besseren Anlagerenditen profitieren, so die Hoffnung. „Steigende Zinssätze führen zwar auf dem Papier zu einem nicht realisierten Verlust bei den Kapitalanlagen zur Jahresmitte, sind aber langfristig eine gute Nachricht für die Versicherer, da die Renditen auf die Vermögenswerte im Jahr 2023 und darüber hinaus steigen werden“, prophezeit John Neal, CEO von Lloyd’s. Der Verlust werde sich ausgleichen und höhere Renditen in den Jahren 2023 und 2024 würden zu Investitionserträgen von drei Mrd. Pfund pro Jahr führen.

Die Schadenquote verbesserte sich auf 48,9 Prozent (HJ 2021: 50,5 Prozent), während sich die Kostenquote um 0,4 Prozentpunkte auf 35,4 Prozent verbesserte. Lloyd’s geht davon aus, dass die Kosten weiter sinken werden, da das Unternehmen „nachhaltige Leistungen erbringt“ und im Rahmen seines Blueprint Two-Programms in die Digitalisierung investiert, um die Effizienz zu steigern.  Lloyd’s nutzte die „günstigen Handelsbedingungen“, um ein Prämienwachstum zu erzielen, wobei die gebuchten Bruttoprämien (GWP) um 17,4 Prozent auf 24 Mrd. Pfund und die verdienten Nettoprämien (NEP) um 14,4 Prozent auf 14,1 Mrd. Prozent angehoben werden konnten. Die Preise stiegen um 7,7 Prozent und setzten damit den Trend von fünf aufeinanderfolgenden Jahren mit positiven Ratenentwicklungen fort.

Lloyd’s-CEO John Neal über erwartete Zinsgewinne und Ukraine.

Lloyd’s hat 1,1 Mrd. Pfund netto an Rückversicherung für Kunden reserviert, die vom Konflikt in der Ukraine betroffen sind. Der Marktplatz erwartet insgesamt 1,25 Mrd. Pfund Schaden durch den Ukraine-Krieg. Die Londoner arbeiten weiterhin mit Regierungen und Aufsichtsbehörden auf der ganzen Welt zusammen, um die Sanktionen gegen Russland durchzusetzen. Gleichzeitig soll die von Lloyd’s im Juli angekündigte wegweisende Fazilität zur Versicherung von Schiffen umgesetzt werden, die Getreide aus den ukrainischen Häfen holen. „Wir haben angesichts der verheerenden Folgen des Konflikts in der Ukraine proaktive Maßnahmen ergriffen, um unsere Kunden vor den Auswirkungen zu schützen und gleichzeitig sicherzustellen, dass wir sie in den unsicheren Zeiten, die vor uns liegen, unterstützen und weiterhin eine nachhaltige Performance erzielen können“, erläutert Neal. Er glaube, dass sich die Verluste im Zusammenhang mit der Ukraine im gesamten Versicherungssektor auf zehn bis 15 Mrd. Pfund belaufen könnten. Dennoch sei das kein „kritisches“ Ereignis.

John Neal, Lloyd’s-CEO, wünscht sich Klarheit bei Russlandsanktionen. Quelle: Lloyd’s.

Lloyd’s muss mit einer wachsenden Liste von Sanktionen fertig werden, die sich aus dem Krieg ergeben, bei dem die Beschränkung des Zugangs zum globalen Versicherungsmarkt als ein wichtiges politisches Instrument gegen Moskau eingesetzt wird. Ein großer Teil der Ungewissheit ist auf einen Rechtsstreit zwischen Luftfahrtversicherern und ihren Versicherungsnehmern zurückzuführen, der dazu geführt hat, dass einige Versicherer sich mit Prognosen über die Höhe der Schäden zurückhalten – VWheute berichtete. Auf die Luftfahrt entfällt etwa ein Viertel der erwarteten Auszahlungen von Lloyd’s, wobei auch in Versicherungssparten wie der Schifffahrt und der Kreditversicherung Verluste erwartet werden. Lloyd’s und der gesamte Versicherungsmarkt warten auf Einzelheiten eines Plans der G7, Versicherungen und andere Dienstleistungen für russische Ölladungen oberhalb einer noch anzugebenden Preisobergrenze zu verbieten. Neal sagte, er würde es begrüßen, wenn sich die Regierungen die Zeit nähmen, die Vorschriften zwischen dem Vereinigten Königreich, der EU und den USA „anzugleichen“. Wenn keine Einigung erzielt werden könne und die EU mit einem Versicherungsverbot allein dastehe, müsse Lloyd’s mit Beschränkungen für den Schifffahrtssektor vorsichtig sein, um nicht gegen die Vorschriften zu verstoßen.

Starke Rücklagen

All diese Unsicherheiten verlangen Gegengewichte, die Lloyd’s vorweisen kann. Die Kapital- und Solvabilitätsposition von Lloyd’s bleibt mit Nettoressourcen in Höhe von 36,5 Mrd. Pfund „stark“ und unterstreiche die „außergewöhnliche Stärke und Widerstandsfähigkeit der Bilanz. Die zentralen Solvabilitäts- und Marktsolvabilitätskoeffizienten von 395 Prozent bzw. 179 Prozent würden zeigen, dass Lloyd’s in der Lage ist, seine Kunden auch unter unsicheren und schwierigen Bedingungen zu unterstützen, sagt Neal. „Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Ungewissheit, die sich über die Gesellschaft legt, ist es wichtiger denn je, dass die Versicherer bereit sind, ihre Kunden zu unterstützen. Die heutigen Ergebnisse von Lloyd’s zeigen sowohl die nachhaltige Leistung unseres Marktes als auch die Widerstandsfähigkeit unserer Kapitalposition, die es uns ermöglicht, unsere Kunden auch in Zukunft zu unterstützen“.

Die wichtigsten Zahlen von Lloyds zum Halbjahr 2022 im Überblick:

Quelle: Lloyds.

Autor: Maximilian Volz

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