„Es geht um Tempo und den Moment der Wahrheit“

Über Innovationen, clevere Antragsstrecken und den perfekten Zeitpunkt für neue Angebote. Fast alle Versicherungen sehen sich heute als „Partner der Kunden“, bei der Umsetzung der Strategie in den einzelnen Sparten liegt der Fokus trotzdem meist auf Einzelprodukten und singulären Risiken. Durch die Autonomie geht jedoch der Gesamtblick auf den Kunden verloren. Warum Versicherungen hier viel Potenzial verschenken und wie sie stattdessen vorgehen können, erklärt Alexander Strahleck, Senior Regional Vice President für die Finanzbranche bei Salesforce, im Interview.

Warum ist es für Versicherungen wichtiger denn je, schnell auf neue Trends zu reagieren und welche Herausforderungen haben sie dabei?

Alexander Strahleck: Wer es am schnellsten schafft, ein innovatives Produkt auf den Markt zu bringen, ist in vielen Fällen auch derjenige, der den größten Marktanteil für sich gewinnen kann. Versicherungen für E-Scooter sind ein schönes Beispiel. Versicherungsgesellschaften war schnell klar, dass ein entsprechendes Versicherungsprodukt gebraucht wurde. Die Herausforderung liegt darin, die Innovation tatsächlich auf die Straße zu bringen. Die Versicherungswirtschaft steht hier trotz ihres aktuarischen Know-hows vor vielen Hürden, weil ihnen neben effektiven Prozessen und Governance für Produktentwicklung und Innovation geeignete Technologien zur schnellen Umsetzung fehlen.

Wie sieht es mit den Erwartungen der Nutzer:innen aus?

Alexander Strahleck: Der zweite entscheidende Punkt sind die veränderten Erwartungen der Kund:innen. Sie wollen weiterhin eine persönliche und kompetente Beratung, gerade bei komplexen Produkten wie Berufsunfähigkeits- oder Lebensversicherung. Die Interaktion mit den Versicherungen an allen Kontaktpunkten von der Ansprache über den Vertragsabschluss bis hin zum Schadensfall sollte dann aber so einfach sein wie der Kauf von einem Paar Sneakers bei Adidas. Auch hier ist leistungsfähige Technologie unerlässlich, um zu wissen, über welchen Kanal Kund:innen angesprochen werden möchten und um ihnen zur richtigen Zeit das passende Angebot zu machen.

Wenn Kund:innen nun abschließen wollen – wie können Versicherungen ihre Antragsstrecke verbessern?

Alexander Strahleck: Versicherungen kämpfen nicht nur mit der Technologie, sondern mehr noch mit traditionellen Organisationsstrukturen. Sie digitalisieren ihre Antragsstrecken, aber eben nur innerhalb der jeweiligen Sparten. Zwei zentrale Themen beschäftigen die Branche: Einerseits Antragsstrecken möglichst einfach zu gestalten – idealerweise mit Sofortabschluss. Wo das nicht geht, sollte maximale Transparenz zum Status geboten und jederzeit präzise formuliert werden, was als nächstes benötigt wird. Eben analog zu den Bestellvorgängen im E-Commerce. Mindestens ebenso wichtig ist, systematische Up- und Cross-Selling-Potenziale zu nutzen. Basis hierfür ist eine spartenübergreifende 360°-Sicht. Das hat außerdem große Relevanz für die Dauer der Kundenbeziehung, denn Kunden mit mehreren Verträgen sind in der Regel deutlich loyaler als Kunden mit nur einem Vertrag.

Kommen wir zum Thema Schadensabwicklung: Wie weit sind Versicherungen bei der Umstellung beim Schaden-Management von analog zu digital und welche Hürden gibt es dabei?

Alexander Strahleck: Versicherungen haben bisher oftmals nur die Schadensmeldung digitalisiert, die weiteren Schritte jedoch noch nicht. Der Prozess ist insgesamt für Kund:innen wenig transparent, was zu Rückfragen und damit Zeitaufwand im Call-Center führt und für Unzufriedenheit sorgt. Eine durchgängige Digitalisierung steht bei vielen Versicherern zwar auf der Agenda, doch auch sie wird die Probleme nicht beheben, wenn nicht zeitgleich auch ein Perspektivwechsel weg vom Produkt und hin zum Kunden stattfindet. Die Schlüsselrolle spielt hier der richtige Umgang mit Daten. Nach einem Autounfall steht für manche nicht alleine die Regulierung des Schadens, sondern die Wiederherstellung der Mobilität oder psychologischer Beistand im Vordergrund. Diese Themen zu erkennen und zum richtigen Zeitpunkt aktiv zu werden, kann ein Differenziator sein und Kundenzufriedenheit und Loyalität fördern.

Warum ist es so wichtig, einen ganzheitlichen Überblick zu haben?

Alexander Strahleck: Wenn das Marketing losgelöst vom Vertrieb und der Vertrieb losgelöst vom Service agiert, haben Versicherungen nie eine wirkliche 360°-Sicht. Aus diesem Grund sind sie Stand heute auch nicht gut darin, Daten wirklich zu aktivieren. Dabei bietet es beispielsweise enorme Chancen, zum passenden Zeitpunkt aktiv zu werden. Wenn nach einem Autounfall ein Schaden erfolgreich reguliert wurde, wäre das ein passender Moment, um sich über eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu unterhalten. Eine solche bereichsübergreifende und kundenzentrierte Strategie setzen Unternehmen aus allen Branchen inklusive der Finanzwirtschaft erfolgreich auf Basis unserer Customer-360-Plattform um, die all das ermöglicht. Auch Versicherungen können sich so einen echten Wettbewerbsvorteil verschaffen.

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